Letzte Woche waren wir (die Holde und ich) für 5 Tage zum ersten Mal als offizielle Begeher im neuen Revier im Egerland/Böhmen, um auf den roten Bock und was sonst noch so frei war zu weidwerken. Das Waldrevier ist knapp 800 ha groß, reliefmäßig an den Pfälzerwald erinnernd bis knapp 700m hoch gelegen und ein Hochwildrevier mit Rot-, Sika- und dem gelegentlich noch vorkommenden Muffelwild, das allerdings peu a peu vom Grauen aufgefressen wird...
Unsere Pension lag nur gute 2 km von der Grenze entfernt, die Zimmer landestypisch einfach, aber sauber, und die dazu gehörende Wirtschaft mit Gartenterrasse absolut empfehlenswert; demgemäß war der Anteil der sächsischen Gäste immens...
Abends saßen wir denn gleich an, ich auf einem sehr rustikalen DJ-Bock auf ca. 600m Seehöhe auf einer Kuppe, 75 m von einer Salzlecke entfernt, im Hintergrund eine kleine Dickung, ein beliebter Einstand fürs Rotwild.
Um kurz vor halb acht war ich eingerichtet, zehn Minuten später erschien auf dem von einem Harvester schwer gezeichneten Weg ein Stück Rotwild und zog langsam quer zur Lecke. Der Blick durchs Glas zeigte ein Alttier, dessen fette Spinne gut zu sehen war. Eine Viertelstunde später verschwand es in der kleinen Dickung. Für mich hatte sich damit der Ansitz schon gelohnt, so lange hatte ich noch kein Rotwild ungestört beobachten können.
Eine Stunde lang geschah nichts mehr und ab und zu fielen mir die Augen zu; als ich sie denn wieder öffnete, war schon wieder ein Stück Rotwild auf dem Weg zur Salzlecke. Diesmal ein junger Hirsch und der war bis ca. 10 cm Spießerlänge frei gegeben! An der Lecke stand er kurz spitz von hinten, dann drehte er sich breit und ich ließ fliegen; der Hirsch zeichnete fast gar nicht, sondern zog ruhig zurück zum Weg, um zwei Längen davor in den Bestand abbiegen zu wollen; am Rand angekommen, stoppte er und sicherte zu mir zurück.
Etwas verwirrt, entschloß ich mich sicherheitshalber nochmal zu schießen, aber in dem Moment, als ich den Abzug durchzog, brach er zusammen und meine Kugel schrammte ihm über den Rücken, gottseidank nur über die Decke...
Und da lag er nun, der erste Schmalspießer meines Lebens, am ersten Ansitz, was für ein Dusel!
Keine fünf Minuten nach dem Schuß rief der Pächter an um zu melden, dass wir den Ansitz abbrechen müssten; zuhause sei sein alter Kopovrüde einem Schlaganfall erlegen.
Freud und Leid können nahe beieinander liegen.
Die nächsten Tage vergingen mit Reviererkundungen, Ansitzen frühmorgens (wovon unser tschechischer Pächter und Jagdspezl wahrlich kein Freund ist...) und abends sowie einem Ausflug in ein naheliegendes Naturschutzgebiet, einem Moor. Dieser Ausflug fiel allerdings ernüchternd aus, das Moor lag zu über 90% trocken, Folge der Klimaerwärmung, ein Anblick zum Weinen. Unser Freund zeigte sich erschüttert, er war vor etwa 10 Jahren das letzte Mal hier gewesen und hatte andere Erinnerungen...
Bei den Ansitzen wollte es ab der Erlegung nicht mehr so recht klappen, an Rehwild sahen wir nur Geißen, die Böcke machten sich rar und Sauen waren wohl in die Niederungen gezogen, hin zum Raps.
Am letzten Abend dann saß ich an einer größeren Wiese im Tal mit frisch angelegtem Wildacker, rechts von mir ein kleiner Bach, dahinter eine wenig befahrene Straße und dann die Grenze zum Nachbarn.
Die Holde und Cheffe saßen zusammen einige hundert Meter weiter an einer weiteren Wiese. Außer der Entdeckung eines Wespennestes unter meinem Sitz verliefen die Stunden ereignislos und so entschloß ich mich kurz vor dreiviertelzehn zum Abbaumen. Der Rucksack war schon gepackt, nur die Waffe noch einsatzbereit. Ein letzter Blick in die Rund und tatsächlich: Da kommt doch noch was von links! Erster Blick ohne Glas zeigte eine Geiß, die wollte ich nicht, dann lange Lauscher, also evtl. ein Schmalreh, würde passen; bei Näherkommen entdeckte ich dann kleine Spieße, auch gut, aber Donnerwetter ist das Stück im Wildpret stark! In dem Moment ging mir ein Licht auf: Ein Schmalspießer, schon wieder, und einer stand noch auf dem Abschußplan. Langsam zog er näher, so 60 m entfernt, und direkt vor mir stoppte er und sicherte nach hinten, besser geht´s ja nicht...
Also ließ ich die Kugel fliegen, der Hirsch zeichnet, macht noch ein Dutzend Gänge und liegt; ich kann´s nicht fassen.
Diana ist mir wirklich hold, gleich zweimal beim ersten Besuch des neuen Reviers, fast schon zu viel; auch der Holden hätte ich einen Erfolg gegönnt.
Als sie mit dem Pächter erscheint, um mich abzuholen, glauben die Beiden anfangs, ich würde sie veräppeln, aber dann stehen wir gemeinsam vor dem Spießer, etwas schwächer als der vorige.
Am nächsten Morgen folgte der Abschied mit einem grob zerwirkten Hirschen im Gepäck; Eisakkus hatten wir aus Erfahrung mitgenommen und wir freuten uns da schon auf die Wiederkehr.