Neubewertung des Mutterschutzes in Wolfsgebieten sinnvoll?

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Eines vorweg: Tierschutz und Mutterschutz sind Leitlinien meines Wirkens. Gerade in Fragen jagdlicher Traditionen liege ich sicher mit vielen hier nicht im Konsens, aber die genannten Punkte sind für mich unstrittig. Außerdem habe ich über die Frage, die ich jetzt stellen werde selber erst seit Kurzem angefangen zu philosophieren und habe mir noch keine abschließende Meinung gebildet.

Ich lebe und jage mitten im Wolfsgebiet. Ein Wolfsrudel zieht keine 10km von meinem Haus entfernt seine Welpen groß und wir treffen die Grauen regelmäßig bei Arbeiten im Wald, als Fährten und :poop: und natürlich bei der Jagd und auf Kameras. Die Jagd verändert sich bei uns, keine Frage und wo die Reise hin geht weiß ich auch noch nicht, aber noch bin ich da recht entspannt.

Nach den Erfahrungen der letzten Drückjagdsaison und einem Youtube Video von Burki Stöcker kam ich ins Grübeln:

Hier bei uns dürfte kein Kalb längere Zeit alleine überleben, gleiches gilt für andere Schalenwildarten. Wäre es da nicht angebracht, bei Freigabe von Doubletten, in solchen Gebieten den Druck ein wenig vom Dogmen-Kessel zu nehmen und nicht jedes Alttier auf der Strecke zum Sündenfall zu erklären?
Wir Jäger sind ja verantwortungsbewusste Bürger, die mit den ihnen übertragenen Rechte gut umgehen können. Ein Missbrauch dürfte daher nicht stattfinden, zumindest nicht mehr wie jetzt auch schon.
Mit Recht wurde stets darauf hingewiesen, wie wichtig das Elterntier für die Entwicklung des Jungtieres ist. Das zeigen Untersuchungen und eigene Beobachtungen von uns Jägern. Aber ein Jungtier wird in einem Wolfsgebiet wohl recht zügig entnommen werden, womit der Hinweis auf eine kümmernde Entwicklung entfällt.
 
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Das stimmt so, wie auch, dass man sich einige Nachsuchen sparen kann, wenn die Wölfe sich drum kümmern. Aber
a) kann das dauern, denn die Wölfe sind ja, anders als in der Presse dargestellt, nicht immer überall präsent und
b) verbietet es IMHO die Empathie, das zwischenzeitliche Leid bewusst herbeizuführen.

Deswegen: ja, wenn unbeabsichtigt ein AT liegt, das noch säugt, dann ist das Kalb wahrscheinlich nicht lange allein. Das kann ein kleiner Trost sein, aber keine Handlungsempfehlung in Richtung "Groß vor Klein" rechtfertigen.
 
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In der Pirsch stand ein Bericht dazu, in dem angedeutet wird, dass nicht jedes tote Alttier, dass allein auftrat ein Muttertier sei. Wolf, Verkehr und Nachbarschütze, waren da einige Argumente, warum das Alttier nicht gleich Führend sein muss.
Ob man deswegen jetzt etwas ändern sollte? Ich weis es nicht.
 
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Ein Missbrauch dürfte daher nicht stattfinden, zumindest nicht mehr wie jetzt auch schon.

Doch, er findet statt und würde bei Änderung der Freigabe aufgrund der damit verbundenen Signalwirkung noch steigen. Ganz unabhängig davon verstehe ich die Motivation nicht. Bedenkenlos Alttiere schießen, weil die Kälber eh der Wolf holt. Dann brauchen wir demnächst auch nicht mehr nachsuchen, oder wie? Worum geht es? Um die absolut ungehemmte Reduktion aller Knospenbeisser Richtung null in Zusammenarbeit mit Team Wolf? Vielleicht verstehe ich ja etwas falsch, aber im Moment sitze ich hier einigermaßen sprachlos.
 
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In der Pirsch stand ein Bericht dazu, in dem angedeutet wird, dass nicht jedes tote Alttier, dass allein auftrat ein Muttertier sei. Wolf, Verkehr und Nachbarschütze, waren da einige Argumente, warum das Alttier nicht gleich Führend sein muss.
Ob man deswegen jetzt etwas ändern sollte? Ich weis es nicht.

Natürlich gibt es nicht führende Alttiere aus den o.g. Gründen. Im Verlauf der Jagdzeit steigt die Zahl an, da halt immer mehr Kälber erlegt werden.
Ob das Stück führt oder nicht erkennt man üblicherweise erst nach dem Schuß. Von daher sollte man nix ändern um den Waisen Leid zu ersparen.

wipi
 
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Hundsrück: Nein, darum geht es nicht. Es geht mir darum, die jagdliche Situation in Wolfsgebieten zu bewerten. Es ist nun mal eine andere Jagd, wenn man Großprädatoren im Revier hat.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Jagdleiter gibt, die führende Alttiere freigeben. Dagegen spricht die jagdliche Moral und das Recht.

Und wie Du den Bogen zum Totalabschuss geschlagen hast erschießt sich mir nicht. Darum geht es nicht.

Zum Thema Nachsuche: Ja, Du hast Recht, auch hier ändert sich einiges. Weiterhin besteht für alle die Pflicht, ein verletztes Tier mit Hilfe eines dafür geeigneten Teams nachzusuchen. Dieser Pflicht kommen wir zumindest nach. Aber nicht immer gelingt es, das Stück auch zu bekommen/finden. Und zum wiederholten Male, gerade wenn man erst am kommenden Morgen die Nachsuche durchführen oder zu Ende bringen kann, war Wolfgang schon schneller. Alleine in den letzten 2 Jahren haben wir 6 getötete?/angeschnittene Stücke am Ende der Nachsuche gefunden (ein Mal inklusive) und die Nachsuchegespanne berichten von weiteren Fällen.
 
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Worum geht es dann? Wie soll mit dem Muttertierschutz konkret vor Ort umgegangen werden? Und vor allem: warum ist jagdpraktisch eine Änderung erforderlich, wobei erforderlich nicht gleichzusetzen ist mit „weniger bedenklich“?
 
G

Gelöschtes Mitglied 21531

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Youtube Video von Burki Stöcker

Das video interessiert mich - Titel ?

Deine pers. Überlegungen verstehe ich nicht ganz, aber die Ereignisse im Wolfsgebiet kann ich durchaus nachvollziehen.

Natur ist in Räuber-Beute-Beziehungen nach unserer Bewertung durchaus "grausam" - aber müssen wir als jagende Menschen uns deshalb von unseren ethischen Regeln des Tierschutzes verabschieden um möglichst "natürlich" zu sein?

Wir sind als vernunftgeprägter Spitzenprädator in der Lage beim jagdlichen Eingriff Tierleid durch gutes Handwerk, Vernunft und Selektion möglichst weitgehend zu vermeiden - Marder, Fuchs, Wildkatz, Wolf folgen ihrem Instinkt, möglichst leicht an Beute zu kommen und kennt kein "Mitgefühl" !
(Das Sperberweib kröpfte letztens im Garten die Haustaube bei noch zappelndem Körper).

Deshalb sage ich dazu:
keine Abschaffung von "klein vor groß" und von Nachsuchen, egal ob mit oder ohne Wolf !
Das der Wolf auf die praktische Jagd in seinen Kern-Verbreitungsgebieten zunehmend Einfluß nimmt, liegt auf der Hand.
 
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G

Gelöschtes Mitglied 21531

Guest
@-quercus- :
...yt-video hab ich, ist sein Vortrag vom Rotwildforum Oppenau ?... Top-Vortrag -> Stöcker (y)!
 
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Ich lebe und jage mitten im Wolfsgebiet. Ein Wolfsrudel zieht keine 10km von meinem Haus entfernt seine Welpen groß und wir treffen die Grauen regelmäßig bei Arbeiten im Wald. Wäre es da nicht angebracht in solchen Gebieten den Druck ein wenig vom Dogmen-Kessel zu nehmen und nicht jedes Alttier auf der Strecke zum Sündenfall zu erklären?

Das dürfte es wohl besser treffen ...
 
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Wenn sich das tierlose Kalb einem Hirschrudel anschliesst, dann wird es so schnell nicht vom Wolf masakriert werden. Diese Aussicht rechtfertigt aus meiner Sicht aber nicht, ein führendes Alttier zu erlegen.
Im Wolfsgebiet erscheint es mir darüber hinaus noch wichtiger zu sein, so präzise zu schiessen, dass das Stück am Platz liegen bleibt, also Blatt rein Blatt raus! Und wenn es nicht wirklich breit steht und nah genug, dann muss man es lassen und morgen wiederkommen, weil es dann vielleicht passt!
Das pflege ich seit zig Jahrzehnten (!) so und impfe es auch allen ein, die bei mir ansitzen dürfen, auch schon zu Zeiten, als Isegrim noch nicht zu uns gewandert ist bzw. im Kofferraum transportiert wurde!
Und ich warte darauf, dass Isegrim sich mal an einem meiner Hunde vergreifen will.
Gruss, DKDK.
 
M

Mitglied 21386

Guest
Hier bei uns dürfte kein Kalb längere Zeit alleine überleben, gleiches gilt für andere Schalenwildarten. Wäre es da nicht angebracht, bei Freigabe von Doubletten, in solchen Gebieten den Druck ein wenig vom Dogmen-Kessel zu nehmen und nicht jedes Alttier auf der Strecke zum Sündenfall zu erklären?
.

Kannst du den Satz einmal erklären ? Also wie das bei Euch gehandhabt / zum Sündenfall erklärt wird? Bei den meisten Jagden die ich erlebe ist ganz klar die Ansage klein vor groß und Jung vor alt bzw. es wird in Verbänden immer erst das Kalb geschossen, wenn das nicht beachtet wird wird gibt es auch Ärger, einzeln kommende Alttiere sind dennoch frei und werden auch erlegt ohne das dies weiter theamtisiert wird.
 

z/7

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einzeln kommende Alttiere sind dennoch frei und werden auch erlegt ohne das dies weiter theamtisiert wird.
Genau darum geht es aber. Siehe den Faden zur Erlegung der besenderten Tiere.

Ich warte nach wie vor darauf, daß mir jemand plausibel erklärt, wie er seinen Kahlwildabschuß schafft, wenn auch nur einmal keine Doublette liegt, aber jedes Tier a priori als führend zu betrachten ist. Und dieses Dogma wird, q.e.d., ja hier zuhauf als alleinseligmachend verkündet.

Also wie jetzt?
 

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