Für die faire und produktive Diskussion zu meiner Ansicht zur Jungfuchsbejagung möchte ich mich bedanken. Sicher lassen sich die unterschiedlichen Meinungen nicht immer unter einen Hut bringen, aber wenn beide Seiten ihr Handeln (bzw. Unterlassen) kritisch hinterfragen ist ja schon mal viel gewonnen.
Zu Lightwolfs Beitrag noch Folgendes:
Du argumentierst, dass vor der Tollwutimpfung in deinem Revier mehr Niederwild vorhanden war, obwohl nach der Impfaktion Biotopverbesserungen durchgeführt wurden und möchtest damit belegen, dass der Rückgang des Niederwildes durch den Fuchs begründet ist. Eine Korrelation zweier Sachverhalte muss nicht immer richtig sein, auch wenn sie signifikant erscheint. Verschneidet man z.B. die Entwicklung der Zahlen brütender Storchenpaare in Ostpreußen mit dem dortigen Rückgang der menschlichen Geburten im gleichen Zeitraum, ergibt sich eine statistisch nachweisbare Signifikanz. Trotzdem wird niemand ernsthaft behaupten, der Storch würde die Kinder bringen. Deine Argumentation hätte nur dann eine gewisse Beweiskraft, wenn vor der Impfaktion längerfristig eine ganz erhebliche Anzahl Füchse durch die Tollwut gestorben wäre. Ich weiß zwar nicht, wo Dein Revier liegt ( obwohl ich die Gegend um Oestrich-Winkel zu erkennen glaube), halte aber dennoch eine so starke Auswirkung der Tollwut in den 80ern in Deutschland für Unwahrscheinlich.
Wenn Du Gründe für die Niederwildmisere in Weinbaugebieten suchst, vergleiche doch mal die Streckenentwicklung mit der Entwicklung des Spritzmittelverbrauches und der MAS pro Fläche sowie mit der des Industrialisierungsgrades im Weinbau. Selten sind Entwicklungen in der Natur monokausal!!
Nachdem ich gestern vor dem Schlafengehen noch mal im Forum gelesen hatte, beschäftigte mich das Thema offensichtlich bis in meine Träume. Meinen Alptraum der vergangenen Nacht möchte ich euch nicht vorenthalten:
Die große Physikerin hatte, nachdem das mit den Gebrauchtwagen so gut geklappt hatte,
eine Abwrackprämie für alte Hüftgelenke ausgelobt. Jeder, der seine mindestens 10 Jahre alten Hüften in die Verschrottung gibt und sich neue Gelenke einsetzen lässt, soll von Gesundheitsmysterium eine Prämie in Höhe von 2.500 € erhalten.
Mehr aus Geldgier als aus medizinischer Notwendigkeit begab ich mich daher noch am gleichen Tag in unser Dorfkrankenhaus, das ich zuvor – als kerngesunder Waidgeselle – noch nie von Innen gesehen hatte, um mir die morschen Knochen gegen trendiges Titan austauschen zu lassen und nebenher die Haushaltskasse aufzufüllen.
Schon bei der Anmeldung hätte ich stutzig werden sollen, da ich feststellte, dass das Dorfkrankenhaus hinter einer nur schlampig zusammengetackerten Pappfassade nur aus einem bunten PKW-Anhänger bestand, der an einem Geländewagen der Oberklasse befestigt war. Der Geruch des Geldes betäubte aber die Bedenken und so fand ich mich kurz darauf im OP-Vorbereitungsraum wieder. Die Tür ging auf und der behandelnde Arzt trat ein. Er trug einen Grünen OP-Kittel aus österreichischem Loden, der hinten durch Hirschhornknöpfe zusammengehalten wurde. In seinen Händen, die in Frankonia-Aufbrechhandschuhen steckten, trug er eine umfangreiche Akte, die meinen Namen trug.
Obwohl er sein Gesicht mit einem angeklebten künstlichen Gamsbart trefflich getarnt hatte, erkannte ich ihn sofort: Es war unser Hegeringleiter, den ich bisher nur von der jährlichen Zwangstrophäenschau kannte.
Schlagartig wurde mir klar: Ich war einer perfiden Täuschung aufgesessen: Was ich für das Dorfklinikum gehalten hatte, war in Wirklichkeit das „Rollende Waldklassenzimmer“ des örtlichen Jägerfähnchens, deshalb standen auch überall ausgestopfte Jungfüchse zum Streicheln und Propagandaplakate, die einen auf der Spitze einer Pyramide hoch über der Kreatur thronenden Waidmann nebst Dackel zeigten.
Ich wollte mit einem behenden Sprung flüchten, wurde aber unsanft auf die OP-Liege zurückgerissen. In einem unbeobachteten Augenblick hatte man mich mit einer Schweißleine auf der Liege festgebunden!!
„Haben wir Sie endlich!“ krähte vergnügt der Hegeringleiter. „ Ich habe mir mal Ihre Akte kommen lassen, Sie sind ein ganz besorgniserregender Fall. Aber keine Angst, wir werden Sie schon auf die richtige Spur setzen“.
„Lassen Sie mich gehen!“ fiepte ich verzweifelt, „ich wollte doch nur an die Abwrackprämie für alte Hüftgelenke“
Der Hegeringleiter (nennen wir ihn mal ‚Dr. H.’) setzte sich an mein Bett, blätterte in der Akte und versprach mir mit tröstender Stimme: „ Keine Sorge, wenn wir hier mit Ihnen fertig sind, schicken wir Sie nach Bernkastell- Wittlich, dort gibt es 60.000 € Abwrackprämien für Frischlinge.
(Siehe Trierischer Volksfreund Nr. 303 v. 29.12.08, Seite 16 oder Verordnung des Kreistages vom Nov. 2008)Aber erst müssen Sie wieder gesund werden. Ich sehe in Ihrer Akte, dass Sie ein krankhafter Füchselaufenlasser sind.“ (Ich nickte verschämt) „Was haben sie sich denn dabei gedacht? Haben Sie keine Fachliteratur zu Hause?“ Ich zählte ihm einige Standardwerke auf, doch die schienen Ihn nicht zu befriedigen. „Haben Sie nix von Freibert im Regal?“ fragte er in schneidendem Tonfall. „Doch,…“ versuchte ich meine Situation mit einer Lüge zu verbessern: „… von Freibert natürlich auch, eigentlich sogar alles!“ Dr. H. streckte sich auf seinem Stuhl und fragte drohend: „ So? Dann nennen Sie mir doch mal einen Titel!“ – Scheiße, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich musste improvisieren: „<< Als
Doppelzensurpiepser-Reserveoffizier in Polen>>“ versuchte ich zu raten.
Dr. H. schüttelte den Kopf. „Leider falsch geraten. Zum röntgen und dann gleich in den OP!“ ordnete er, an seinen Kirrknecht gewandt, an.
Dieser brachte mich in den Röntgenraum, wo man mich in einen aus blauen Fässern gebastelten Kernspin-Tomographen schob. In dem Gerät roch es eigentümlich nach Trester und Sesampellets. „Luft anhalten, denken Sie mal an was Waidgerechtes!“ befahl die Röntgenschwester und löste die Aufnahme aus.
Bald darauf wurde ich in den OP gefahren. Er war durch Schwedenfackeln hell erleuchtet, der OP-Tisch mit Fichtenreisig bedeckt. In der Ecke lauerten einige Rauhaarteckel auf evtl. anfallende Aufbruchreste. Dr. H. betrachtete gerade meine Röntgenbilder: “Dachte ich’s mir doch! Wir müssen Ihre Waidgerechtigkeit ausbuchsen und vor allem Ihre Prädatorendrüse bis zum Anschlag aufdrehen.“ Ich wollte protestieren, aber da traf mich schon der Narkosepfeil, den der Anästhesist von einem provisorisch zusammengezimmerten Drückjagdbock auf mich abgefeuert hatte. Zu den Klängen eines Jagdhornsignals wurde mir schwarz vor Augen…
Als ich wieder aufwachte, stellte ich fest, dass man mich auf die rechte Seite gelegt hatte. Ich erschrak. Ob ich wohl tot bin? Vorsichtig betastete ich meinen Mund. Kein letzter Bissen drin. Glück gehabt!
Die Tür ging auf und Dr. H. trat ein. „Na, wie geht’s denn meinem Patienten?“
„Ich fühle mich irgendwie anders,“ erwiderte ich „ich habe das dringende Bedürfnis sofort auf Fuchsjagd zu gehen. Können sie mir nicht eine Flinte und eine Mülltonne leihen?“
Dr. H. strahlte. „Die OP scheint ja gelungen zu sein. Aber Sie haben viel Blut verloren. Wir schicken Sie erst mal in die Reha.“
Schon am nächsten Morgen wurde ich in die Rehaklinik „Kolkrabenstein“ vor den Toren Darmstadts verlegt. Dort erholte ich mich schnell. Das Programm war vom Feinsten. Zum Frühstück gab es einen deftigen Jägerschmaus, danach hatten wir Feindbildmalen im Park. Meine Mitpatienten malten meist NABU- bzw. ÖJV- Funktionäre, Spaziergänger, Mountainbiker oder Mauswiesel. Ich selber hatte besondere Freude an der Darstellung von Rabenvögeln, die mit voller Absicht und aus purer Gehässigkeit die Geweihe von Kronenhirschen vollkoteten.
Nach einem leichten Mittagessen (es gab immer Schnepfendreck auf Toast) stand Sport auf dem Programm. Im „Maiseimertragen“ war ich stets einer der Besten, von der Disziplin „Jungfuchsgraben“ war ich wegen meiner frischen OP-Narbe befreit.
Die Abende verbrachten wir mit leichten Ansitzübungen oder im Schiesskino, wo eine Endlosschleife mit ziehenden Kormoranen immer wieder intensives Sperrfeuer provozierte.
Nach 2 Wochen konnte ich auf Bewährung entlassen werden. Als Bewährungshelfer wurde mir eine ältere Häsin zugeteilt. Jetzt galt es, meine Heilung im rauen Jagdalltag zu beweisen.
„ Die Jungtiere am Bau zu bejagen ist am effektivsten. Keine schöne Aufgabe, aber notwendig um die Seuchengefahr zu bannen und die ausufernden Bestände in den Griff zu kriegen um Schäden an der Natur zu verhindern“
zitierte die sehr Belesene Häsin aus dem Jungfuchsthreat des W.u.H.-Forums und schickte mich los.
Leider hatte ich nicht ganz genau zugehört und dachte, sie hätte von Schweinepest und Grünlandschäden geredet.
Bis zum Abend hatte ich jedenfalls 3 Schwarzwildwurfkessel gefunden und die dort angetroffenen etwa katzengroßen Mitglieder der Gehecke restlos vertilgt. Stolz brachte ich diese zum Container der lokalen TKV und meldete dann Vollzug. Zu meinem Entsetzen schäumte die Mentorin: „Schwarzwild gehört zur hohen Jagd, da gelten andere Gesetze als beim gänzlich trophäenlosen Fuchs!! Wenn Sie morgen noch mal versagen, müssen wir noch mal ganz von Vorne beginnen, mit Böckebestätigen und einfachen Fütterungshilfsarbeiten“.
Auch für meine nächste Tagesaufgabe wurde mir aus dem W.u.H.-Forum vorgelesen:
„Die Jägerschaft ist verpflichtet, die Berufsfischer im Kampf gegen diese existenzbedrohende Gefahr zu unterstützen“
. Diesmal hatte ich verstanden. Ich verließ die Häsin mit dem Versprechen, sie nicht zu enttäuschen und fuhr sofort an den Bodensee, wo die Situation der Berufsfischer besonders angespannt sein sollte. Unterwegs dachte ich mir aus, wie ich als Jäger der kriselnden Berufsfischerei am besten helfen könnte. Kurz vor Lindau wurde der Verkehr dichter und ich musste mich auf die Straße konzentrieren. Dadurch vergas ich bedauerlicherweise, die Kormoranproblematik auf meine Liste zu setzen.
Bald fand ich einen Fischereibetrieb. Leider war gerade keiner da, aber die Tür stand offen.
So konnte ich meiner Schaffenskraft freien Lauf lassen. Bis zum Abend hatte ich nicht nur den Abwasch erledigt und den ganzen Betrieb ausgefegt sondern auch noch die Netze gebügelt und die Angelhaken nach Größe aufsteigend sortiert.
Zufrieden fuhr ich zurück, um der in Leichtwolfs teilrenaturiertem Weinbaurevier lebenden Häsin Bericht zu erstatten. Zwischenzeitlich war mir eingefallen, dass ich eigentlich auch noch einige Kormoranhorste hätte auschiessen können. Trotzdem war ich mir sicher, dass die Häsin mir diese kleine Nachlässigkeit verzeihen würde, wenn sie hörte, wie fleißig ich gewesen war.
Leider kam es nicht mehr zu einer Aussprache: Die Häsin war übern Tag an einer Spritzmittelvergiftung eingegangen, kurz nachdem ihr Satz Junghasen beim Rebzeilenabmulchen unter die Räder gekommen war. Sicher war ein Fuchs am Steuer gesessen (oder ein Habicht).
Noch bevor mir ein neuer Bewährungshelfer zugeteilt werden konnte, klingelte der Wecker und ich erwachte aus diesem schrecklichen und bizarren Alptraum.
Später beim Frühstück musste ich dann doch über den unrealistischen Käse schmunzeln, den ich da zusammengeträumt hatte. Schließlich weiß doch jedes Kind, dass Hasen in Deutschland nicht als Bewährungshelfer praktizieren dürfen!
Hinter die Frage, ob an anderen Elementen meines geschilderten Alptraumes vielleicht doch ein Fünkchen Wahrheit sein könnte, möchte ich den dieser Tage zufällig gefundenen Teil einer Markierung des Sicherheitsbereiches eines Drückjagdstandes setzen:
Für die Authentizität der Aufnahme verbürgt sich:
Kreischsäge