Jagdfieber - was dagegen tun?

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Hallo liebe Waidgenossen,

als erfahrener und passionierter Jäger mit 27 Jahresjagdscheinen stelle ich bei mir fest, dass das Jagdfieber zunimmt.

Was tut ihr dagegen, wenn es euch zunehmend beutelt vor dem Schuss?

Eigentlich müsste ich aufgrund der Erfahrung es im Griff haben, die Realität sieht aber anders aus. Ich bin von Kindesbeinen an mit der Jagd aufgewachsen, habe von den 27 Jahren 24 Jahre im (eigenen) Familien-Revier gejagd und eine dreistellige Anzahl von Wild erlegt. Ausserdem bin ich Leistungsschütze, regelmäßig auf dem Schießstand und habe es auch bis DJV-Großgold geschafft einschließlich Landesmeister als Junior und mit der Mannschaft in der A-Klasse. Also, die Schießstanderfahrung liegt auch zu genüge vor einschließlich Schiesskino was vor der Haustür liegt ... .

Ausserdem habe ich schon mehrfach im Ausland gejagd, habe einen Hund abgeführt, bin Jagdhornbläser, habe im Vorstand des hiesigen Jagdverein aktiv mitgearbeitet als Schießobmann und habe auch zeitweise Jungjäger mit ausgebildet. Ich will damit nur verdeutlichen, dass ich über die notwendige Erfahrung in Sachen Jagd eigentlich verfügen sollte (subjektiv betrachtet).

Muss es schnell gehen auf dem Ansitz oder der Drückjagd, ist das Fieber weniger ausgeprägt. Sitze ich an und nach 3 Stunden kommt endlch jagdbares Wild, beutelt es mich ganz entsetzlich. Kurz vor dem Schuss ist es bei mir am schlimmsten, ist der Schsus abgegeben, werde ich ruhiger. Dabei ist es egal, ob es sich um eine Elster oder um einen reifen Bock handelt. Jagdfieber ist fast immer da. Grundsätzlich finde ich es okay, dass man sich bewusst ist, was man mit seinem Schuss tut - aber es darf nicht so ausarten, dass man keinen Schuss mehr abgeben kann, oder? Mir ist es auch schon passiert, dass mich die Jagd so ergriffen hat, dass mir später beim Verblasen des Stückes bzw. der Strecke die Tränen runter gelaufen sind, wofür ich mich nicht geschämt habe. Weil die Jagd so einmalig schön war und es alles gestimmt hat. Beispiel: Ein Jungjäger hat seine erste Sau vom Ansitz erlegt mit sauberem Schuss. Er erhielt vom Pächter den Bruch mit einem kräftigen Waidmannsheil von uns allen und dann habe ich ihm die Sau sehr stimmungsvoll verblasen mit Sau tot, Jagd vorbei und Halali. Auch da musste ich mit den Tränen kämpfen, da ich mich für den Schützen so gefreut habe. Noch heute spricht er mich reglemäßig darauf an, wie toll es damals war.

Es hat bei mir wohl mit dem Alter zu tun, vielleicht macht man sich mit zunehmendem Alter mehr Gedanken über Leben und Tod, oder ? Oder bin ich zu weich für dieses harte Handwerk geworden ???

Also, was hilft bei euch bzw. wie reisst ihr euch kurz vor dem Schuss zusammen? Ich weiss, das Thema Jagdfieber wurde hier schon behandelt, die Suchfunktion hat aber keine Antwort auf den von mir geschilderten Sachverhalt gegeben. Oder ich habs nicht entdeckt ... .

Danke für eure Antworten!
 
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Ich kenne den Artikel von Sir Henry, stimme dem auch im Grundsatz voll zu. Trifft aber für mich persönlich nicht zu, da ich oft genug auf dem Schießstand zum trainieren bin. Wie hätte ich es sonst bis zur Groß-Goldenen geschaftt?
 
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Also Jagdfieber habe ich auch / immer, bei den letzten angegangenen und erlegten Sauen war es richtig schlimm. ( bisher immer nur vom Ansitz )

Ich habe mal ein krankes Kitz geschossen ..... da hatte ich kein Jagdfieber ... da war ich direkt erschrocken über mich selbst, die Erlegung spielte sich aber auch in wenigen Sekunden ab.

Mit guter Atemtechnik und vor sich hin sprechen " Ich bin ein Stein - ich bewege mich nicht " kann man es etwas schwächen. :wink: :wink:

Gruß Hallimasch
 

Rotmilan

Moderator
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Hallo Murmeli,

Ferndiagnosen sind immer schwierig bis unmöglich.

Wie Du selber schreibst, gibt es bei Dir keine objektiven Voraussetzungen, die das Jagdfieber erklären könnten. Und offensichtlich war es früher nicht so. Also liegt der Schlüssel in Deiner subjektiven Wahrnehmung. Was hat sich verändert, seit das Jagdfieber zunimmt? Deine Einstellung zur Jagd? Deine Einstellung zu Leben und Tod?

An Deinem Beitrag fällt mir folgendes auf:

1. Du erwähnst Dein Alter, nochmals Dein zunehmendes Alter und fehlende Härte. Nach Deinem Profil bist maximal 50 Jahre alt. Was das Alter angeht, würden die meisten Jäger, die ich kenne, gerne mit Dir tauschen. ;-) Warum fühlst Du Dich alt?

2. Deine Emotionen in Form der Tränen. Nicht falsch verstehen, Tränen sind wichtig und für mich kein Zeichen "fehlender Härte". Aber meist sind sie Ausdruck der Trauer. Wie ist das bei Dir? Empfindest Du Freude beim Weinen oder Trauer evtl. Wehmut?

Rotmilan
 
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Hallo Murmeli

ich habe mir Deinen Beitrag jetzt 9,10 oder 11 mal durchgelesen.

Als etwas Aussenstehender lese ich aus Deinem Beitrag folgende Sachen herraus :
Erfahrung -Verstand - Einsatz - Hilfsbereitschaft - Mitfreude - Emotionen .

Meiner Meinung nach , ist das Waidwerk bei Dir in Fleisch und Blut übergegangen . In einer Zeit , in der Neid und Geltungsbedürfnis regieren , zeugt (nur als ein Beispiel) Freude über einen Erfolg eines Jungjägers zu empfinden , eher als menschliche Stärke , anstatt Schwäche.

Ich lese aus Deinem Beitrag menschlichkeit , solltest Stolz auf solche Empfindungen sein , zumindest mir kommt es vor , als ob die Zahl derer abnimmt. Denke mal beim nächsten Ansitz darüber nach .

Gruss vom Schwarzen
 

M03

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Das einzige was ich versuchen würde zu ändern wäre das ich ruhig genug bleibe um einen sichern Schuss anzubringen.
Ansonsten stimme ich dem schwarzen zu.
 
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An deinen Emotionen brauchst du (solltest du) nichts ändern.
Wenn es allerdings das Problem ist, dass vor dem Schuss dein Blutdruck und Puls hochjagt, dein Herz bis in den Hals klopft und deshalb auch die Waffe "pulsiert", wäre dir evtl. auch mit etwas Betablocker geholfen - willkommen in der Gemeinde.
Allerdings vorher zum Arzt. Vielleicht hast du sowieso ein Blutdruckproblem.
 
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Danke für Eure Antworten!

Zur allgemeinen Info: Ich bin Mitte 40 und hatte meinen (ersten) (Jungend-)Jagdschein) mit 17 Jahren.

@ Schwarzer und Forestgump: Danke für das Lob :D , habt in vielen Dingen recht. Die Eigenschaft "Jagdneid" oder "Schussneid" ist mir z.B. auch völlig fremd. Und ja, Du hast recht Schwarzer, das Waidwerk ist bei mir in Fleisch und Blut übergegangen.

Hinsichtlich "Bekämpfung des Jagdfiebers": Ich habe schon versucht mir kurz vor dem Schuss mich mehr als "Killer" zu fühlen, der emotionslos seine Tat verrichtet wie man es im TV bei den Scharfschützen sieht. Hat aber auch nicht so recht funktioniert :? Ich werds mal mit der Atemtechnik probieren und mir vielleicht per autogenes Training einreden "Ich bin gaaanz ruhig.... :D "

Nochmals danke!
 
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november schrieb:
War wohl DER Superthread - ist ein Klassiker :wink:

Atemtechnik ist wahrscheinlich die erfolgversprechendste Methode.
Mich beutelt es gelegentlich auch gewaltig, dann kriege ich mich mit bewusster Atmung wieder (mehr oder weniger) ein.

"Feuerscheu" bin ich wahrscheinlich nicht so sehr,
da das Feuer bei der Krähe genau so stark ist wie beim Grenzbock.
Nur beim Bock gibt es Jagdfieber, bei der Krähe aber nicht. 8)
 
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Bei mir ists so,daß mir manchmal der Gaul,die Passion, durchgeht und ich nicht eiskalt warten kann,bis alles tausendprotzentig passt....
Vor allem Fuchs,Marder,Krähe bringen mich da oft zum überhasteten handeln....da hab ich aber auch schon zu oft erlebt,daß bei zu Warten das Wild wieder auf nimmerwiedersehen verschwunden ist....

Bei Rehwild hab ich das nur in Ausnahmesituationen,da ein Reh doch meist irgendwie verhofft,oder eben am nächsten Ansitz wieder in Anblick kommt...
Ist also Wilartspezifisch und steigt mit der Schwierigkeit das Wild erneut in Anblick zu bekommen....

Was das eigentliche Jagdfieber anbelangt:vorm Schuß,beim Visieren ganz bewußt auf den Schuß,das Treffen konzentrieren,nicht auf das Wild.
Gerade als geübter Schütze muß dir das gelingen....
Dann kommt das Fieber erst hinterher...

Jage selbst auch schon einige Jährchen,mit sehr hoher Raub-und Rehwildstrecke,(alles zusammen sicher hoch im 4 stelligen Bereich)aber wenns mal soweit kommt,daß mich das Jagen eiskalt läßt,nimmer berührt,oder emotional aufwühlt,dann denke ich sollte man das Jagen sein lassen...
 
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spaß an:
stell dir vor du bist ein moderner förster- jede kreatur die im wald rumläuft muß weg da sie nur den wald auffrist.!vielleicht gehts dann einfacher!
Spaß aus:
Atemtechnik könnte hilfreich sein.zur not mal ausprobieren.bewegung und aufregung und dann durch tiefes atmen den puls beruhgen.
das ein paar mal machen dan hat man sich ganz gut unter kontrolle.
MFG
 
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Hi Murmeli,

im Grunde kann ich mich nur meinen Vorschreibern anschließen.

Was dein Jagdfieber angeht, wurdest Du schon auf Atemtechniken hingewiesen.
Du kannst dich beruhigen, in dem Du tief in den Bauch einatmest und ganz langsam durch den fast geschlossenen Mund ausatmest.

Möglicherweise können Dir auch andere Entspannungstechniken helfen, deine Anspannung zu senken z..B. Autogenes Training, progessive Muskelrelaxation nach Jacobson.
 

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