Jagd - Töten - Emotionen, wie ist das bei euch?

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@HenryStutzen

ist mir zu schwarz-weiß wie du es schreibst. Viele Millionen Menschen essen gerne Fleisch und Fisch in vielen Variationen, aber keiner von denen kann auch nur ein Tier töten.

Es gibt viele Varianten.

Rehfelder
 
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Ich jage leidenschaftlich gerne und esse natürlich gerne Fleisch. Seit ich jage esse ich weniger Fleisch und hauptsächlich selbsterlegtes.
Meine Jagderlaubnis und meine jagdliche Vorliebe bringt es mit sich, dass ich hauptsächlich Schadschweine im Feld und auf Wiesen sowie Rehwild in strassennähe bejage.
Oft beschleiche ich das Wild in Obstplantagen. Wenn ich dann nach langer Pirsch auf kürzeste Distanz Blickkontakt habe, oft auch Aug in Aug zum Wild, ist es schon ein seltsames Gefühl zu wissen dass, das Stück bei der nächsten günstigen Gelegenheit fallen wird.
Da ich in den letzte paar Jahren viel Freunde verloren habe weiss ich dass auch hinter mir schon einer mit gespannter Büchse lauert, nur stand ich bis jetzt noch nicht breit.
 
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:11: In Kurzform, ohne Jagdpathos? Wertvoller, mit Sorgfalt zu behandelnder Eigenbedarfsbraten auf 2/4 Beinen - war "leider" zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. :26:
 
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eichenlaub80 schrieb:
HenryStutzen schrieb:
Wenn ich nicht mehr töten mag,
muß ich in konsequenterweise auf Fleischverzehr verzichten und Veganer werden,
alles andere ist idealistisch verbrämter Selbstbetrug.
P. :)

Ich halte selbst weder etwas von Vegetarismus noch von Veganismus, aber es mit töten gleich zu setzen und zu sagen, wer nicht töten will soll auch kein Fleisch essen, finde ich ein wenig übertrieben.

Nein, das ist nicht übertrieben sondern konsequent. Jedem der Fleisch isst sollte bewusst sein, welches Leid er dafür in Kauf nimmt.
 
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eichenlaub80 schrieb:
Vorweg erwähnt, ich bin leidenschaftlicher Jäger, habe mit 19 meinen Schein gemacht, jetzt bin ich 32. Bin mit Jagd gross geworden und quasi immer begeistert dabei gewesen, seit ich 6 Jahre alt war.

Jagd ist meine Leidenschaft, keine Frage, also weit mehr als ein Hobby.

Nun habe ich im Laufe der Jahre allerdings eine Veränderung in mir wahrgenommen. Wenn ich vor wenigen Jahren noch voller Jagdfieber war, die Passion wirklich exzessiv ausgeübt habe, kommen mittlerweile auch vermehrt andere Empfindungen in mir hoch. Mitgefühl mit dem Geschöpf, die Bewusstheit ein Leben zu nehmen tritt verstärkt auf.

Bitte nicht falsch verstehen, ich jage für mein Leben gern, nur im Laufe der Jahre ist das Töten schon fast zur mit leicht traurigen Empfindungen verbundenen Notwendigkeit geworden. Früher habe ich eine erfolgreiche Jagd deutlich euphorischer empfunden.

Wie ist das bei euch? hat sich da auch emotional etwas verändert, je länger ihr jagd?
So wie Dir geht es vielen Jägern; gerade im Gespräch mit Jägern, die schon Jahrzehntelang zur Jagd gehen, höre ich immer wieder, dass es ihnen nicht mehr ums schießen geht, oft mit dem Hinweis einhergehend "habe schon soviel geschossen in meinem Leben", sondern die einfach auch ohne Schießen am jagdlichen Alltag teilnehmen wollen, glücklich sind, einfach mal wieder draussen zu sein und die Natur mit all ihren Sinnen aufnehmen zu können.
Ich habe großen Respekt davor. Wer weiß ob und wann bei einem selbst die Passion weniger wird.
Folgendes Zitat fällt mir dazu ein:
"Töten kann jeder,
verzichten nur der Gereifte." Eugen Wyler
Gruß und Wmh
Erpel
 
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Yumitori

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Moin zusammen,

ich habe - ähnlich wie der threadstarter - sehr jung die Prüfung gemacht und 1974 den ersten Jagdschein gelöst. Ich jage leidenschaftlich gerne, immer noch und ich habe immer noch erhebliches Jagdfieber. Ich werde wmir immer noch vor jedem Schuss klar darüber, dass ich ein Leben lösche. Aber Werden und Vergehen gehört zur Natur, in der auch ich mich eingebettet fühle - auch qua Zivilisation, die ja beenfalls ein Teil der Natur, des uns umgebenden Ganzen ist.
Und auch aufmich wartet der "Grosse Jäger" und angesichts der Tatsache, wie der ein oder andere Freund, den ich bereits verloren habe, zu leiden hatte, wünsche ich mir, dass der Grosse Jäger, wenn es denn soweit ist, sich ähnliche Mühe gibt, wie ich mir - der begehrten Beute immer einen möglichst raschen und schmerzarmen Tod zu geben.
Und ich entschuldige mich niemals bei der Kreatur, die ich gestreckt habe, ich bedanke mich vielmehr für das Erlebnis und das Verwertbare (Fleisch oder Pelz).
D a s und nur das ist der Grund, warum ich so gut wie jedes Stück Wild verblase und beim Halali im letzten Takt den Hut ziehe - ein Danke an die Schöpfung und den Schöpfer - mag der nun Jahve, Gott, Allah oder Odin genannt werden.

Sicher auch, weil ich kein eigenes Revier und keine absolut regelmäßge Jagdgelegenheit mehr habe, meine Kühltruhe nicht riesengross ist, lasse ich schon mal den Finger gerade, wenn die Beute nicht exakt meinen Vorstellungen entspricht.
Aber das habe ich mit siebzehn auch schon gemacht - etwa wenn das Bild des Schmalrehs im sonnenüberfluteten Wiesental mir so äthetishc schön vorkam, dass mir der behördlich verordnete Abschussplan gerade mal an einem ganz besonderen Körperteil vorbei ging.
Die jugendliche Leidenschaft ist durch Besonnenheit ergänzt worden und dadurch habe ich vielleicht die Fähigkeit verbessert, ein Erlebnis zu geniessen.

Habe die Ehre und
Waidmannsheil
 
A

anonym

Guest
Nur weil mir hierzu dieser Gedanke noch kam...ich glaube es gibt wenige Jungjäger, die eine einläufige Kipplaufbüchse führen. Bei den reiferen Grünröcken sieht dies vermutlich anders aus.

Klar so eine Waffe ist sicherlich für manche Jagdart suboptimal, spiegelt aber dennoch, zumindest für mich eine gewisse Besonnenheit wider.

Vielleicht gönne ich mir zum 40. So ein gutes Stück. Bis dahin werde ich noch einiges erlegen, die Erlebnisse vermutlich zunehmend noch bewusster in Erinnerung behalten.

Ohne mich jetzt selbst loben zu wollen, aber ich denke ein wirklich guter Jäger ist einer, der solche Gedankengänge bewusst durchlebt und wie im o.g. Zitat auch Verzicht üben kann.


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Yumitori

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@ eichenlaub80

Moin,

:27: :28:

Habe die Ehre und
Waidmannsheil
 
A

anonym

Guest
eichenlaub80 schrieb:
, aber ich denke ein wirklich guter Jäger ist einer, der solche Gedankengänge bewusst durchlebt und wie im o.g. Zitat auch Verzicht üben kann.


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da ist auf jeden Fall was wahres dran.
:27:

Gruß
 
A

anonym

Guest
Sehr interessanter Thread. Bei mir ist`s so:

Ich war früher auf zig top Niederwildjagden mit hunderten von Stücken auf der Strecke. Ich, gute 20 Jahre alt, schoß auf soviel und so weit, wie es ging. Es ging eigentlich nur noch um Strecke x und Strecke y. Langsam wurde mir bewußt, wie eigentlich gejagt wurde:

Die Jäger standen am Winter-Senf oder Mais. 3 Meter davor und schossen die Gockel knapp über dem Boden; auf einigen Jagden waren Hunde im Treiben, die dann zig Rehe rissen;

Irgendwann sprach ich mit jemandem darüber und stellte fest, daß es zwar auf der eigenen Jagd in Sachen Niederwild konsequent anders läuft (gejagt wurde wirklich klassisch englisch), doch man auch Täter ist, wenn man derartige Jagden besucht. Der Stolz bei 300 Gockel oder 500 Hasen einer von 25 Jägern gewesen zu sein, wich`einer immer größeren Abscheu. Geschürt wurde dies noch durch die Vermarktung der Jagd, die immer perfektionierter durchgeführt wurde und durch die exzessive Raubzeugbekämpfung. Ich wollte nicht mehr durch eine Jagd fahren, wo jeder Bauer wegsah, wenn ich kam.

Parallell dazu wurden die ohnehin nur spärlich vorhandenen Rehe wie die Ratten bekämpft. Es war beinahe egal, was auf der Strecke lag. Alle Nachbarn waren Killer, darum müssen wir auch schießen ... Wie oft habe ich diesen Blödsinn als billige Ausrede gehört. Es ging nur um`s Geld und sonst um nichts.

Enten wurden bei den Nachbarn, wo man selbst geladen war und auch hinging, jeden Sonntag geschossen. Ich fragte mich, ob wir denn Ungeziefer bekämpfen müssen oder an einer schönen Jagd interessiert sind. Ich war auf Entenjagden mit knapp 200 Stück am Strich. Doch wenn die Enten durch zwei Schützenreihen mit Automaten gesprengt wurden, wo sie nicht beim Einfallen, sondern mit einem Hebeschuß eines alten Trottels über die Köpfe aufgesprengt wurden, wenn sie eigentlich Null Chancen hatten, dann hatte das mit guter Flintenjagd nichte mehr zu tun. Es konnte keiner sagen, was er geschossen hatte, weil man Mann an Mann stand. Wenn die Ente nur noch soviel wert war, daß man sie jede Woche wie eine Tontaube abknallt, dann war das nichts mehr für mich.

Und trotzdem war ich immer noch dabei.
Das Dumme war, die Meisten beneideten mich sogar um diese Möglichkeiten.

Hinzu kam, daß ich unregelmäßig zur Jagd wegfuhr - und auf der Auslandsjagd ein völlig anderes Gefühl hatte.

Ich weiß noch gut den "Tag der Wende". Es war Winter und ich saß schon Stunden auf dem Sitz. Vor mir die Kirrung, noch weiter dahinter die forstliche Laubholzanpflanzung mitten im Nadelwald-Altbestand. Dann sah ich zwei Rehe kommen. Sie kamen äußerst vorsichtig, hatten großen Hunger, aber wußten, daß der Ort gefährlich war. Ich glaube, sie standen über eine Stunde im Holz und traten nicht aus. Ich bin dann runter. Das war nicht mehr meine Welt, den Killer für hirnverbrannte Idioten zu spielen, die gar nicht mehr wußten, was noch an Wild draussen war, aber immer höhere Abschußzahlen forderten, für Narren, die im geschlossenen Hochwald ohne Lichteinfall Naturanflug forderten. Ich bin dann auf einer anderen Jagd mitgegangen.

Das alles ist nun über 10 Jahre her und ich habe nicht mal ansatzweise diesen Schritt bereut.

Ich schieße jetzt auch viel Rehe, doch das ist nicht mit der Ausrottung von damals vergleichbar. Und ich hab` bei allem was ich mache ein besseres Gefühl und kein Schuldgefühl. Meine Jungjäger haben eine großzügige Jagdmöglichkeit, aber knallharte Vorgaben, was geschossen wird und vor allem wie.

Enten jage ich nur noch 2x im Jahr, die Schützen stehen 20 Meter vom Wasser weg. Fasan und Hase im kleinen Rahmen, die Schützen gehen sportlich in großem Abstand zum Schilf. Ich vermisse diese ach so tollen Jagden nicht. Einige Foristi sind heute noch dabei und biedern sich fast schon widerlich an, um ja wieder dorthin kommen zu dürfen.

Komisch, ich hätte es können und habe nein gesagt. Lieber fahre ich, wie heuer, Ende August mit 4 guten Freunden zur Taubenjagd oder gehe auf wenige Jagden, wo noch "sauber" gejagt wird und wo wir anschließend gemütlich beisammen sitzen. Das gibt mir, dem Hund und meiner Seele mehr. Jeder, der glaubt, diesen Irrsinn mitmachen zu müssen, der kann es tun. Jeder, der glaubt, seine Leidenschaft für einige Knallköpfe derart vergewaltigen zu lassen, der kann es machen. Er wird aber nicht mehr sein, als einer von denen.

Ich habe gesehen, daß es auch andere Jäger und vor allem auch Förster gibt, mit denen man Hand in Hand zusammenarbeiten kann. Die wirkliches Wissen haben und keine Schulbankthesen vertreten oder nur dem Geld und billigem Ansehen wegen ein paar Gockel mehr hinterherlaufen. Man muß nicht mitmachen, man kann "Nein" sagen immer woanders hingehen. Wenn man fleissig ist, einen guten Hund hat und mit Büchse und Kugel gut schießt, Geld für Futter ausgiebt, dann ist man überall gerne gesehen.
 
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anonym

Guest
Bora schrieb:
Sehr interessanter Thread. Bei mir ist`s so:

Es war Winter und ich saß schon Stunden auf dem Sitz. Vor mir die Kirrung, noch weiter dahinter die forstliche Laubholzanpflanzung mitten im Nadelwald-Altbestand. Dann sah ich zwei Rehe kommen. Sie kamen äußerst vorsichtig, hatten großen Hunger, aber wußten, daß der Ort gefährlich war. Ich glaube, sie standen über eine Stunde im Holz und traten nicht aus. Ich bin dann runter.


Guter Beitrag. Danke.

Genau diese Gedanken meine ich. ...Sie hatten Hunger, wussten, dass der Ort gefährlich war...

Früher hätte ich mich vermutlich geärgert, nicht zu Schuss gekommen zu sein. Heute habe ich Mitgefühl...

Leben und leben lassen ist auch mit Jagd vereinbar.

Vor 2 Jahren hatten wir hier extrem viel Schnee. Eine Drückjagd wurde dann kurzfristig abgesagt. Ich wäre auch nicht hin gegangen, hätte sie stattgefunden, obwohl in meinem Revier. Wild zu erlegen, das bis zum Bauch im Schnee steht hat für mich nichts mit waidgerechtigkeit zu tun...


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@ eichenlaub

deine Gedanken sind ehrlich und das liest sich mit Demut.
Respekt !!! :27:

Deshalb ist der Threat hier verschont von sinnbefreiten Texten.
Jeder Jäger der hier mitliest, hat entweder schon einmal in solch einer Situation gestanden oder wird sich irgendwan einmal, mit solchen Gedankengängen auseinandersetzen müssen.
Jeder von uns hat ein Gewissen --- die einen mehr die anderen weniger, die einen würden es nie zugeben die anderen können sich emotional nicht so sehr zusammenreissen.

Aber Jagen heißt auch Konsequent sein. Ich würde niemals nie einen Fuchs (stelvt. für alles Raubwild-Raubzeug-Beutegreifer die eine Jagdzeit haben) laufen lassen. Ohne wenn und aber und auch das Wort "schön" kommt in meinem jagdlichen Sprachgebrauch nicht oder nur seltenst vor.

Bei Friedwild handle ich auch Konsequent aber eben anders.

Jeder stellt da seine eigenen Regeln auf je nach Umfeld und Revier.

Das wichtigste ist immer der Respekt vor der Kreatur, solange der nicht der Routine weicht, ist man auch ethisch auf der richtigen Fährte.

Und dazu gehört aus meiner Sicht ein guter Umgang mit Büchse & Flinte, einen jagdlichen Helfer (2 kleine MüLä) Revierverantwortung (wenn möglich) und die Jagd als solche als fester Platz des täglichen Lebens.
 
A

anonym

Guest
Ja, die eigenen Regeln sind wichtig.

Konsequent bin ich schon bei der Jagd. Nur nicht herzlos.



Was die Füchse betrifft...in meiner reinen Waldjagd sehe ich da wenig Sinn dahinter sie zum entsorgen zu töten...Das hat aber auch gedauert, bis ich zu dieser Einstellung kam...früher wurde kein Fuchs pardoniert...

An meinem Fischweiher sieht's mit Kormoranen und Reiher da schon anders aus...da Schieß ich jeden, den ich Kriegen kann...



Meine Hauptregel...nur töten, wenn ich es vor mir rechtfertigen kann.

Dass jeder mit einer Niederwildjagd dies bzgl. Raubwild kann steht für mich außer Frage.

Edit meint, dass sie das Wort "Friedwild" noch nicht gehört hat. Gibt's das offiziell tatsächlich oder stammt es aus der Fischerei Raubfisch / Friedfisch?


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nein vor einigen Jahren wurde das sogar noch in den Jagdkursen Unterrichtet. Das war aber weit vor meiner Zeit.
Raubwild- Friedwild sind ja Sammelbegriffe die heute auch in unserer Gegend noch sehr zum Gebrauch kommen..
 
A

anonym

Guest
Ok, danke. Wieder was dazugelernt...


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