Sehr interessanter Thread. Bei mir ist`s so:
Ich war früher auf zig top Niederwildjagden mit hunderten von Stücken auf der Strecke. Ich, gute 20 Jahre alt, schoß auf soviel und so weit, wie es ging. Es ging eigentlich nur noch um Strecke x und Strecke y. Langsam wurde mir bewußt, wie eigentlich gejagt wurde:
Die Jäger standen am Winter-Senf oder Mais. 3 Meter davor und schossen die Gockel knapp über dem Boden; auf einigen Jagden waren Hunde im Treiben, die dann zig Rehe rissen;
Irgendwann sprach ich mit jemandem darüber und stellte fest, daß es zwar auf der eigenen Jagd in Sachen Niederwild konsequent anders läuft (gejagt wurde wirklich klassisch englisch), doch man auch Täter ist, wenn man derartige Jagden besucht. Der Stolz bei 300 Gockel oder 500 Hasen einer von 25 Jägern gewesen zu sein, wich`einer immer größeren Abscheu. Geschürt wurde dies noch durch die Vermarktung der Jagd, die immer perfektionierter durchgeführt wurde und durch die exzessive Raubzeugbekämpfung. Ich wollte nicht mehr durch eine Jagd fahren, wo jeder Bauer wegsah, wenn ich kam.
Parallell dazu wurden die ohnehin nur spärlich vorhandenen Rehe wie die Ratten bekämpft. Es war beinahe egal, was auf der Strecke lag. Alle Nachbarn waren Killer, darum müssen wir auch schießen ... Wie oft habe ich diesen Blödsinn als billige Ausrede gehört. Es ging nur um`s Geld und sonst um nichts.
Enten wurden bei den Nachbarn, wo man selbst geladen war und auch hinging, jeden Sonntag geschossen. Ich fragte mich, ob wir denn Ungeziefer bekämpfen müssen oder an einer schönen Jagd interessiert sind. Ich war auf Entenjagden mit knapp 200 Stück am Strich. Doch wenn die Enten durch zwei Schützenreihen mit Automaten gesprengt wurden, wo sie nicht beim Einfallen, sondern mit einem Hebeschuß eines alten Trottels über die Köpfe aufgesprengt wurden, wenn sie eigentlich Null Chancen hatten, dann hatte das mit guter Flintenjagd nichte mehr zu tun. Es konnte keiner sagen, was er geschossen hatte, weil man Mann an Mann stand. Wenn die Ente nur noch soviel wert war, daß man sie jede Woche wie eine Tontaube abknallt, dann war das nichts mehr für mich.
Und trotzdem war ich immer noch dabei.
Das Dumme war, die Meisten beneideten mich sogar um diese Möglichkeiten.
Hinzu kam, daß ich unregelmäßig zur Jagd wegfuhr - und auf der Auslandsjagd ein völlig anderes Gefühl hatte.
Ich weiß noch gut den "Tag der Wende". Es war Winter und ich saß schon Stunden auf dem Sitz. Vor mir die Kirrung, noch weiter dahinter die forstliche Laubholzanpflanzung mitten im Nadelwald-Altbestand. Dann sah ich zwei Rehe kommen. Sie kamen äußerst vorsichtig, hatten großen Hunger, aber wußten, daß der Ort gefährlich war. Ich glaube, sie standen über eine Stunde im Holz und traten nicht aus. Ich bin dann runter. Das war nicht mehr meine Welt, den Killer für hirnverbrannte Idioten zu spielen, die gar nicht mehr wußten, was noch an Wild draussen war, aber immer höhere Abschußzahlen forderten, für Narren, die im geschlossenen Hochwald ohne Lichteinfall Naturanflug forderten. Ich bin dann auf einer anderen Jagd mitgegangen.
Das alles ist nun über 10 Jahre her und ich habe nicht mal ansatzweise diesen Schritt bereut.
Ich schieße jetzt auch viel Rehe, doch das ist nicht mit der Ausrottung von damals vergleichbar. Und ich hab` bei allem was ich mache ein besseres Gefühl und kein Schuldgefühl. Meine Jungjäger haben eine großzügige Jagdmöglichkeit, aber knallharte Vorgaben, was geschossen wird und vor allem wie.
Enten jage ich nur noch 2x im Jahr, die Schützen stehen 20 Meter vom Wasser weg. Fasan und Hase im kleinen Rahmen, die Schützen gehen sportlich in großem Abstand zum Schilf. Ich vermisse diese ach so tollen Jagden nicht. Einige Foristi sind heute noch dabei und biedern sich fast schon widerlich an, um ja wieder dorthin kommen zu dürfen.
Komisch, ich hätte es können und habe nein gesagt. Lieber fahre ich, wie heuer, Ende August mit 4 guten Freunden zur Taubenjagd oder gehe auf wenige Jagden, wo noch "sauber" gejagt wird und wo wir anschließend gemütlich beisammen sitzen. Das gibt mir, dem Hund und meiner Seele mehr. Jeder, der glaubt, diesen Irrsinn mitmachen zu müssen, der kann es tun. Jeder, der glaubt, seine Leidenschaft für einige Knallköpfe derart vergewaltigen zu lassen, der kann es machen. Er wird aber nicht mehr sein, als einer von denen.
Ich habe gesehen, daß es auch andere Jäger und vor allem auch Förster gibt, mit denen man Hand in Hand zusammenarbeiten kann. Die wirkliches Wissen haben und keine Schulbankthesen vertreten oder nur dem Geld und billigem Ansehen wegen ein paar Gockel mehr hinterherlaufen. Man muß nicht mitmachen, man kann "Nein" sagen immer woanders hingehen. Wenn man fleissig ist, einen guten Hund hat und mit Büchse und Kugel gut schießt, Geld für Futter ausgiebt, dann ist man überall gerne gesehen.