Landgericht Bamberg
Harte Strafe für Jäger
Udo Güldner 16.12.2024 - 11:45 Uhr
Das Landgericht Bamberg hat Zweifel an den Aussagen des angeklagten Jägers. Der 78-Jährige sei nicht berechtigt gewesen, den Hund zu erschießen. Der Angeklagte kündigte noch im Gerichtssaal an, in Revision an das Bayerische Oberste Landesgericht gehen zu wollen.
Es ist ein unerwartet hartes Urteil des Landgerichts Bamberg gegen einen Jäger, der vor mehr als zwei Jahren einen Hund auf der Schleuseninsel bei Knetzgau erschossen hat.
Foto: Udo Güldner
Es ist ein unerwartet hartes Urteil des Landgerichts Bamberg gegen einen
Jäger, der vor mehr als zwei Jahren einen
Hund auf der Schleuseninsel bei Knetzgau erschossen hat. Die Berufungskammer sah die Tötung eines Wirbeltieres ohne vernünftigen Grund und eine quälerische Tiermisshandlung, sowie eine Sachbeschädigung als erwiesen an. Die Sache ist juristisch aber noch nicht erledigt.
Erfindung des Jägers
„Sie waren nicht berechtigt, den Hund zu erschießen“. Denn der habe an jenem Spätnachmittag gar nicht gewildert. Der Hase, der gehetzt worden sein soll, sei eine Erfindung des Jägers. Es sind deutliche Worte, die der 78-jährige Angeklagte während der Urteilsverkündung zu hören bekommt. Worte, bei denen er immer wieder den Kopf schüttelt. Im Grunde glaubt das Gericht dem Ehepaar aus Innsbruck, zu dem der Hund gehörte. Die Frau hatte berichtet, dass sich ihr Hund nur wenige Meter von der Sportboot-Schleuse entfernt habe. Die Einlassung des Angeklagten sei in sich widersprüchlich. Erst hatte er nicht von einem Treffer gesprochen. Später einen solchen doch ins Spiel gebracht.
Es sei nach der Beweisaufnahme deutlich geworden, dass der Jäger sich seit Jahren über freilaufende Hunde in seinem Jagdrevier geärgert habe. Als er nun wieder einen solchen Vierbeiner erblickt habe, habe er falsch reagiert und zur Waffe gegriffen. „Sie haben dabei ein nicht geeignetes Kleinkalibergewehr verwendet“. Das habe vorhersehbar dazu geführt, dass das getroffene Tier nicht sofort tot gewesen sei, sondern länger anhaltende, erhebliche Schmerzen habe erleiden müssen. „Bevor es jämmerlich verstorben ist“. Nach dem Schuss sei ihm wohl bewusst geworden, dass er einen Fehler gemacht habe und er sei davongefahren. Vielleicht habe er auch das Ehepaar an der Bootsschleuse erblickt – aber das könne man nicht nachweisen.
„Nahezu unmöglich“
Es stünde nicht Aussage gegen Aussage. Denn es gebe weitere objektive Beweismittel, die gegen den Jäger sprächen. Das tierärztliche Attest etwa, das dem achtjährigen Hund ein stark schmerzendes Hüftleiden mit Arthrose bescheinigte. Dadurch sei das Ausleben des Jagdtriebes „nahezu unmöglich“. Die fehlenden Fellreste des Hasen im Maul des Hundes. Die Reifenspuren des Wagens des Jägers an einer Stelle, von der ihn die Hundehalterin hatte davonrasen sehen. Die Unmöglichkeit des schwer verwundeten Tieres, sich über 100 Meter weit geschleppt zu haben. Und nicht zuletzt die Angaben eines Mitarbeiters der Jagdbehörde des Landratsamtes Haßberge, wonach ein solch großer und schwerer Hund, sofern er gesund sei, allenfalls auf 40 Stundenkilometer beschleunigen, dadurch aber einem hakenschlagenden Feldhasen mit rund 70 Stundenkilometern Geschwindigkeit nicht gefährlich werden könne.
Gab es eine Zeugin?
Aus Sicht der Berufungskammer war aber nicht nur kein Hase vor Ort. Es bestünden zudem starke Zweifel, ob die Ehefrau des Angeklagten zur Tatzeit überhaupt am Tatort gewesen sei. Sie hatte in erster Instanz am Amtsgericht Haßfurt die Geschichte ihres Mannes bestätigt. Denn bei mehreren Befragungen des Jägers durch Polizeibeamte kurz nach dem Schuss hatte er immer nur von sich in der Einzahl gesprochen. „Wenn man eine solch wichtige Entlastungszeugin hätte, dann würde man die doch gleich benennen.“ Erst drei Monate später zog er dann, wie ein Zauberer das Kaninchen, seine Gattin als Zeugin aus dem Hut. Ob sie nun an die Version ihres Ehemannes glaubte oder bewusst gelogen habe, um ihn zu schützen, darüber wolle man nicht spekulieren, so der Vorsitzende Richter André Libischer.
Härter als erwartet
Die Jägersfrau bekam inzwischen auch Probleme mit der Staatsanwaltschaft, die ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage einleitete. Deshalb stand sie als Zeugin am Landgericht Bamberg nicht zur Verfügung.
Am Ende des zweiten Verhandlungstages verkündete der Vorsitzende Richter André Libischer eine achtmonatige Freiheitsstrafe mit Bewährung. Damit fiel die Strafe härter aus als am Amtsgericht und noch einmal härter als es Staatsanwalt Alexander Baum in seinem Plädoyer beantragt hatte. Ein Freispruch, wie von Rechtsanwalt Oliver Heinekamp aus Bayreuth gefordert, kam hingegen gar nicht in Frage.
Damit der Jäger spürt, dass er etwas falsch gemacht hat, muss er eine Geldauflage von insgesamt 10 000 Euro zahlen. Eine Hälfte geht an den Caritasverband Haßberge, die andere an den Deutschen Tierschutzbund. Hinzu kommen die Verfahrenskosten beider Instanzen, sowie mögliche zivilrechtliche Ansprüche wie die Tierarztkosten und ein Schmerzensgeld.
Jäger betrachtet sich als unschuldig
Allerdings ist das Urteil nicht rechtskräftig. Der Jäger, der sich keiner Schuld bewusst ist, kündigte noch im Gerichtssaal an, in Revision an das Bayerische Oberste Landesgericht gehen zu wollen.
Der zuständige Strafsenat sitzt übrigens auch in Bamberg.