Sooooo... wieder bisschen recherchiert. Folgendes geht scheinbar gerade ab:
Die EU fragt den EWSA nach einer Stellungnahme wegen Waffen in der EU.
Der Rat und das Europäische Parlament beschlossen am 14. Dezember 2015, den
Europäischen
Wirtschafts- und
Sozial
ausschuss gemäß Artikel 114 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen
COM(2015) 750 final – 2015/0269 (COD).
Das macht die EU deshalb, weil der EWSA ist die "Brücke" zwischen der EU und ihren Bürgern (bzw. der organisierten Zivilgesellschaft) und weiß immer was das Volk so beschäftigt. Hat etwa 500-600 Follower auf Twitter. Auf der homepage immerhin ganze zwei Events im Event-Kalender (von 2013 und 2015), anstehende Events: keine. Wird wohl jährlich von uns mit 130 Mio. Euro finanziert um "Meinungen" zu verfassen. (Das Jahreseinkommen eines EWSA-Mitglieds wird mit deutlich über 100.000 Euro beziffert, nur so nebenbei...)
Das ist die homepage:
http://www.eesc.europa.eu/?i=portal.de.home (Die meisten Seiten nur auf Englisch oder Französisch)
Ok also dieser EWSA hat jetzt eine Truppe zusammengestellt, die sich über das Thema Waffen in der EU konstruktiv auslassen soll. Das ist diese Truppe:
Studiengruppe
| Vorsitzender:
| Christian Moos (DE-III)
(für Mindaugas Maciulevičius, Art. 62 GO)
|
Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen
|
|
|
Berichterstatter:
| Paulo BARROS VALE (PT-I)
| |
|
| |
Mitglieder:
| Victor Alistar (RO-III)
| |
| Gianfranco Dell'Alba (IT-I)
| |
|
| Jacques Lemercier (FR-II)
|
|
| Stefano Palmieri (IT-II)
|
| Sachverständige:
|
| Marta Moreira Costa (für den Berichterstatter)
|
Hier noch interessant zu sehen, der Vorsitzende Moos, welcher wohl mit der Stalking-Anzeige gedroht hat. Er hat einen Magister in Geschichte, Politische Wissenschaften und Psychologie, ansonsten reine Politkarriere. Lest euch selbst durch in welchen Ämtern er noch sitzt.
http://memberspage.eesc.europa.eu/Detail.aspx?id=2024567&f=11&s=0&o1=0&o2=0&o3=0
Also dieser Herr Moos uns seine "Studiengruppe" arbeiten an einer Meinung. Diese Meinung nennt sich "INT/777". Hier ein Auszug der Einleitung:
Die Thematik Waffen wird seit jeher kontrovers diskutiert, doch die tragischen Ereignisse in Europa haben die Debatte darüber noch weiter angeheizt. Bei der Beurteilung der überarbeiteten Richtlinie sind jedoch eine gewisse
Nüchternheit und Objektivität angezeigt, um die Fragen der Sicherheit und des Marktes in ausgewogener Weise prüfen zu können, weshalb die grundlegende Frage der Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität nicht hier, sondern an anderer Stelle erörtert werden soll, um ihrer Dimension besser gerecht zu werden.
Der EWSA [...] möchte jedoch auch Maßnahmen vorschlagen, die zu mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger beitragen können.
Klingt soweit ganz vernünftig. Wer es sich im Ganzen durchlesen möchte, hier der Link dazu, einfach auf "de" klicken:
https://toad.eesc.europa.eu/AgendaDocuments.aspx?pmi=RmFYXXWy9u+FrmMNb45ZIfVr3IVYXMEf6AGYeqmHsrM=
Wichtige Aussagen und Vorschläge des EWSA sind unter anderem (meiner persönlichen Meinung nach erwähnenswert, teils aufs Wesentliche abgekürzt):
-Rückverfolgbarkeit der Munition --> die Projektile sollten an einer Stelle, die bei der Verwendung nicht zerstört wird, dauerhaft gekennzeichnet werden. Diese Daten in Form interoperabler Datenbanken einen wichtigen Beitrag zur mehr Effizienz bei den Ermittlungen leisten
-EU soll dem Beispiel Australiens und Großbritanniens hinsichtlich der Programme zum Waffenaufkauf folgen, um so Waffen aus dem Verkehr zu ziehen.
Dabei das Schmankerl: "Der direkte Zusammenhang zwischen der Zahl der im Umlauf befindlichen Waffen und der Zahl der begangenen Straftaten ist vielleicht nicht bewiesen, doch die statistische Wahrscheinlichkeit von Verbrechen, Unfällen und Fällen, in denen Waffen in die Hände von Kriminellen gelangen, wäre dann geringer" (Anm. von mir: number needed to treat...)
-Alle Interessengruppen (Anm.: lt. EWSA wuden "alle Interessengruppen" konsultiert, wer das ist hab ich nicht rausfinden können) vertraten die Ansicht, dass die Reaktivierung unbrauchbar gemachter Feuerwaffen maßgeblich zur Beschaffung von Waffen für kriminelle Zwecke beiträgt, weshalb eine Harmonisierung der Vorschriften im Hinblick auf die Bekämpfung dieser Praktiken als vorrangig angesehen wird
-Die tragischen Ereignisse der letzten Zeit haben eine intensive Debatte über den Handel und Umgang mit Waffen ausgelöst. Die Sicherheit der Bürger wird immer stärker durch den Terrorismus bedroht. Die leichte Beschaffbarkeit von Feuerwaffen muss deshalb dringend und entschieden bekämpft werden, können doch so Gruppen von Extremisten oder der organisierten Kriminalität und gestörte Einzeltäter mit nicht nachvollziehbaren Motiven nach wie vor an die Werkzeuge für ihre schrecklichen Verbrechen kommen
-Es darf auch nicht vergessen werden, dass es jedes Jahr durch Sicherheitsfehler bei der Handhabung oder Lagerung von Feuerwaffen Unfälle mit Todesopfern und Schwerverletzten gibt
-Der EWSA ist der Auffassung, dass die Rechtsvorschriften zu diesem Thema angesichts der fortbestehenden Sicherheitsprobleme ambitionierter ausfallen sollten. Die Kommission sollte Rechtsvorschriften nicht nur als unmittelbare Reaktion auf die jüngsten terroristischen Ereignisse erlassen, sondern auch mit der Zielsetzung, die Frage der Sicherheit legaler Feuerwaffen zu lösen
-Laut der 2015 veröffentlichten
UNODC Study on Firearms gab es 2007 insgesamt 875 Millionen Waffen auf der Welt, davon 74% im Besitz von Privatpersonen. Legal erworbene Waffen waren auch mitverantwortlich für die mehr als 63.000 Tötungsdelikte in den letzten zehn Jahren in der Europäischen Union. In einigen Ländern der EU liegt der Anteil der unter Einsatz von Feuerwaffen begangenen Delikte bei über 40%, in der Mehrheit der Staaten bei über 20%. Selbstmorde und Unfälle wurden dabei nicht mitgerechnet
Das ist hier sehr umständlich und damit leicht missverständlich formuliert. Von den 63.000 Tötungsdelikten wurden je nach Quelle etwa 15% mit Schusswaffen verübt, davon 2-7% wieder je nach Quelle im Privatbesitz. Die Bedeutung legaler Schusswaffen wird hier sprachlich aufgewertet, denn runtergebrochen kommen wir auf knapp 50 Tötungen mit legalen Waffen in der gesamten EU pro Jahr. Nach anderen Studien handelt es sich dabei zum Großteil um erweiterte Suizide und sog. Familiendramen.
Hier noch der Link zur besagten UNDOC-Studie:
https://www.unodc.org/documents/firearms-protocol/UNODC_Study_on_Firearms_WEB.pdf
-Der Fall Australiens ist beispielhaft für die Waffenkontrolle. Es unternahm eine der bisher umfassendsten Reformen des Waffenrechts, die sich in einer deutlichen Verringerung der Todesfälle durch Schusswaffen niederschlug. Das Land verbot bestimmte Arten von Waffen, führte eine Bestimmung ein, wonach für einen Waffenbesitz rechtmäßige Gründe (und nicht nur das Selbstschutz-Argument) geltend gemacht werden müssen, und finanzierte ein Programm zum Aufkauf von Waffen durch den Staat. Im Rahmen dieser Initiative konnten fast 700 000 Waffen aus dem Verkehr gezogen und die Zahl von Tötungsdelikten durch Schusswaffengebrauch drastisch gesenkt werden
Ich musste erstmal nachsehen wann das überhaupt war. Es gab zwei solcher Programme, einmal in 1996 und dann in 2002. Daraufhin habe ich mir mal die Statistiken Australiens angeschaut und war doch überrascht. Die offizielle homicide-Statistik zeigt keine wesentlichen Schwankungen zu diesen Zeiten. Tatsächlich nimmt die Gewalt durch Feuerwaffen sowieso kontinuierlich ab.
http://www.aic.gov.au/statistics/homicide.html-Das Programm für den Waffenaufkauf basiert auf der Annahme, dass der Tötungstrieb eines Einzelnen durch die Verfügbarkeit von Waffen in einem Massenmord enden könnte
-Auch im Vereinigten Königreich wurden, nachdem bei einem Amoklauf 15 Menschen erschossen und 15 weitere verletzt wurden, ähnliche Maßnahmen wie in Australien ergriffen: Verbot einiger Arten von Waffen, Einführung einer Registrierpflicht für die Eigentümer von Waffen und Finanzierung eines Programms zum Aufkauf von Waffen. Die Ergebnisse fielen zwar weniger deutlich aus als in Australien, doch auch hier verringerte sich die Zahl der unter Einsatz von Feuerwaffen begangenen Straftaten
Same story like down under... aber hier sind die Tötungsdelikte erstmal explodiert und erst nach 15 Jahren wieder auf den etwa gleichen Werten wie vor dem Waffenbann. Vermutlich aber nur statistische Schwankung ohne kausalen Zusammenhang, ganz sicher aber keine Verbesserung.
-Der Vorschlag entspricht dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Wahl einer Richtlinie als Instrument ist richtig, da es nicht möglich ist, den geltenden Rechtstext auf andere Weise zu ändern
Diesen Satz muss man dann ja anzweifeln wenn man sich die Statistiken oben und die eigene Aussage über fehlenden statistischen Zusammenhang ansieht und es tatsächlich zu Enteignungen unter dem Vorwand der öffentlichen Sicherheit kommen sollte. :no:
Ich muss jetzt los, vielleicht ergänze ich noch etwas.