Vorweg, ich habe bisher weder eine pro Wolf noch eine contra Wolf Einstellung. Auch gibt es in meinem Revier kein Wolfsvorkommen. Ich bin also erst mal durch den Wolf nicht persönlich betroffen und habe auch keine persönlichen Erfahrungen mit dem Tier. Ich versuche also möglichst wertfrei den aktuellen Diskussionen zu folgen.
Aus meiner Sicht spannend wie sich die gesellschaftliche Diskussion noch entwickeln wird, wenn durch zunehmende "Populationsdichte" des Wolfes auch immer mehr Individuen gezwungen sind in aus wolfsicht "ungünstige/konfliktbehaftete" Siedlungsrandbereiche auszuweichen.
Denke ich da an die auch in meinem Revier ständig zunehmenden Ansprüche an "Naturnutzung" durch Geocacher (Tag und Nacht), Querfeldseinläufer, Mountenbiker, unangeleint durch den Busch Gassigeher-/innen, Pilzesammler, Reiter/Pferdehalter, Waldkindergärten ..... bin ich da echt mal gespannt.
Die Frage ob da nun wirklich jeder Quadratmeter freie Landschaft in Deutschland unbedingt auch ein geeignetes "Wolfshabitat" darstellt, zeigt sich ja schon gegenwärtig wird sich wohl in schon naher Zukunft noch verstärkter aufwerfen. Diskutieren will/kann in Deutschland diese Frage wohl z. Zt. keiner ohne Gefahr zu gehen in einem sinnfreien, ideologisch geführten Lagerkampf zerrieben zu werden. Ergebnis daraus ist die praktizierte materielle Schadenersatzregelung und das gebetsmühlenartige vorgetragene Allheilmittel Schutzeinzäunung mit/ohne Herdenschutzhunde. Perspektive? Echtes Management? Fehlanzeige!
Abseits der theoretischen präventiven "Wolfsschutzmaßnahmen" stellen sich mir Fragen:
Auch habe ich mir mal versucht vorzustellen wie sich das Landschaftsbild in einem Wolfsgebiet gestaltet, wenn alle (oder fast alle) Weideviehhalter alle vorgeschriebenen Schutzeinzäunungen umsetzen. Will man so was wirklich haben?
Welche Auswirkungen hätten solche Flächeneinzäunungen auf andere Tierarten, für die dann solche hermetisch eingezäunten Landschaftsteile als Lebensraum und wichtige Wanderkorridore verloren gehen?
Wie viele Meter (Kilometer?) Schutzzaun sind bei Extensivbeweidung nötig um den Naturschutzanforderungen entsprechend wenige Weidegänger auf großen Weideflächen zu schützen? Lohnt sich dann angesichts des Aufwandverhältnisses noch Extensivbeweidung?
Hat man als "Herdenhalter" in einem neu ausgewiesenem Wolfsgebiet überhaupt die Möglichkeit schnell und unkompliziert sich geeignete Herdenschutzhunde zu beschaffen? Werden die dann irgendwo analog zur Ausbrbreitungsgeschwindigkeit der freilebenden Wolfspopulation am Fließband gezüchtet?
Geht dann die Weidewirtschaft zugunsten einer fortschreitenden Aufstallung zurück? Wie verhält sich das dann zu der aktuell geführten "Tierwohl" Diskussion bei der Nutztierhaltung?
Wird aus der politisch/naturschutzfachlich gewollten Extensivgrünlandnutzung wieder eine Intensivgrünlandnutzung?
Was bedeutet es für die hochwassergefährdeten Bereiche Deutschlands, wenn sich kein Schäfer mehr findet der mit seiner Schafherde die Hochwasserschutzdeiche beweidet weil bei der Deichbeweidung die Sicherstellung einer "wolfsicheren" Zaunanlage logistisch/aufwandstechnisch nicht darstellbar wäre. Zum Erhalt der Standsicherheit eines Deiches ist die Beweidung der Grasnarbe durch Schafe zwingend erforderlich!
In Regionen Deutschlands mit hoher Bevölkerungsdichte wird die Begnungswahrscheinlichkeit zwischen Wolf/Mensch signifikant zunehmen. Eine negative Verknüpfung aus solchen Begegnungen wird es für den Wolf nicht geben. Wie wird sich das dann auf sein Verhalten auswirken?
Gesamtgesellschaftlich/ -politisch bleibt doch die Frage ob es auch in einem so dicht besiedelten, überwiegend von Kulturlandschaft geprägten Deutschland Regionen gibt, in den auf Dauer durchaus eine konfliktarme Koexistenz von Mensch und Wolf vorstellbar ist und es wiederum auch Regionen gibt, wo eine etablierte Wolfspopulation soviel Konfliktpotential mit sich bringen würde, dass auch Reduktionsmaßnahmen (durch wen auch immer!) hier zulässig oder zumindest disskussionswürdig wären .
Die Keule des unbedingten, "totalen" deutschlandweiten Schutzes einer sich immer weiter reproduzierenden Wolfspopulation scheint mir jedenfalls genauso realitätsfern wie der "Totalabschuss" der selbigen. Den Willen zu einem "echten "Wolfmanagement", abseits von alleinigem verweisen auf anscheinend mehr oder weniger geeignete Schutzmaßnahmen und steuerfinanzierten Ausgleichszahlungen mag ich jedenfalls bisher nicht zu erkennen. Schade!