Ein Jagdvertrag aus dem Jahre 1873

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Ich bin heute in meiner Bibliothek auf ein nettes und für Jäger vielleicht auch interessantes Zeitdokument gestoßen, einen Jagdvertrag aus dem Jahre 1873:

§1
Der Gemeindevorsteher zu B****** verpachtet die gesamte Jagdnutzung auf den Grundstücken des Gemeindebezirks für den Zeitraum von 3 Jahren vom 1sten Mai d.J. angerechnet an Friedr. Rathge, Johannes Theede und Gustav Olwig.

§2
Ausgenommen von dieser Verpachtung bleibt jedoch die Jagd auf den Grundstücken des Gemeindevorstehers welche am Voßklint belegen und genannt "Großer Marbös" und "Schmewedel".

§3
Pächter verpflichten sich, für jedes Jahr ein Pacht-Geld von 30 rth., in Worten "dreißig Thlr" zu entrichten, für deren Zahlung die Pächter solidarisch haften. Die Zahlung ist jedes Jahr am 1. Mai paranumerando an die Gemeindekasse zu bezahlen.

§4
Pächter dürfen die Jagd nur in eigener Person oder durch einen dem Gemeindevorsteher namhaft zu machenden qualifizierten Jäger ausüben und nur in seiner od. des Jägers Gegenwart andere Personen zur Jagd zulassen. Nur nach vorgängiger Genehmigung des Gemeindevorstehers darf Pächter einen Jagd-Erlaubnisschein ausstellen und die Genehmigung ist des Gemeindevorstehers ist auf dem Erlaubnisschein zu vermerken. Eine Afterverpachtung der Jagd ist dem Pächter nicht gestattet.

§5
Ber der Ausübung der Jagd muß Pächter die jagdpolizeilichen Verordnungen beobachten. Hatz und Parforie-Jagden darf Pächter nicht anstellen. Zur Abhaltung einer Treib- od. Klopfjagd ist jedesmal die vorgängige Genehmigung des Gemeindevorstehers erforderlich. Pächter haften für den Ersatz jeden Schadens, welchen sie selbst ld. diejenigen, denen sie die Erlaubnis, auf dem Pachtreviere zu jagen, erteilt haben, bei Ausübung der Jagd an den Grundstücken od. deren Früchten verursachen.
Die Feststellung des Schadens erfolgt durch zwei von dem Beschädigten resp. den Pächtern zu wählende Sachverständige, welche sich in Entstehung einer Einigung einen Obmann zu wählen haben.

§6
Dem Verpächter ist es freigestellt, den Pachtvertrag vor ablauf desselben aufzulösen:
a, wenn Pächter länger als vier Wochen nach dem Fälligkeitstermin mit der Bezahlung der Jagdpacht im Rückstande bleiben,
b, wenn ihnen die Behörde die Ertheilung eines Jagdscheins verweigert,
c, wenn Pächter gegen die Bestimmung der §4 oder 5 gefehlt haben.
Im Falle dieser Pachtvertrag aus einem dieser Gründe von dem Verpächter aufgelöst wird, ist das Pachtgeld für das laufende Jahr verfallen.

§7
Die für die Errichtung des Vertrages erwaschenden Kosten übernehmen die Pächter
 
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Tja, als solche Vertraege halt noch per Hand geschrieben wurden hat man sich viele Paragraphen erspart. Heute, mit copy & paste, kann man halt ziemlich viele Klauseln reinstecken :cry:
 
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14 Jun 2011
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Und nach unseren heutigen Maßstäben war das ganze wohl auch noch günstig:
Die drei haben für eine Fläche von knapp 1.200 ha umgerechnet gerade einmal 600 Euros fürs ganze Jahr zahlen müssen... :shock:
 
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Freedie schrieb:
Und nach unseren heutigen Maßstäben war das ganze wohl auch noch günstig:
Die drei haben für eine Fläche von knapp 1.200 ha umgerechnet gerade einmal 600 Euros fürs ganze Jahr zahlen müssen... :shock:
Bei welchem durchschnittlichen Jahreseinkommen?
 
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14 Jun 2011
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Nun, ich habe ja geschrieben "nach unseren heutigen Maßstäben" :wink:

Der durchschnittliche Jahresverdienst lag im Jahre 1873 bei ca. 460 rth., also ca. 9.200 Euros.

Allerdings darf man nicht vergessen, dass das Stadt-Land-Gefälle in dieser Zeit noch sehr extrem war.

Die "einfachen" Leute hier bei uns sind im Durchschnitt gerade mal auf 260 rth., also ca. 5.200 Euros im Jahr gekommen.
 
N

Neuerandi

Guest
Das ist doch garnicht mal so schlecht.
Wofür steht rth? was ist das für eine Einheit?
aber ist doch sicherlich sehr schön, ein solches Dokument in den Händen halten zu dürfen, oder? ich würde es mir einrahmen und an die Wand hängen^^
 
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naja, wenn du jetzt 50 000 Euro durchschnittlcihen Nettoverdienst rechnet und damals 300 Reichstaler, sind die Pacht 10% des Einkommens. Das wäre heute also 5000 Euro für 1000 ha , Dieser Preis ist auch in ländlichen Gegenden normal - hat sich also nicht so viel geändert außer, das mehr Jäger aus den Städten auf Grund ihres höheren Einkommen sdie Pachtpreise in den ländlichen Gegenden nach oben treiben, es gibt einfach zu viele Jäger :D Ist doch klar 8)
 

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