Schwarzbären erobern in Kalifornien die Städte
San Francisco (dpa) - Ein junger kalifornischer Schwarzbär bezahlte seinen «Ausflug» in den Küstenort Carmel mit dem Leben. Ende Mai war das Jungtier mitten durch die Einkaufsstraßen der Kleinstadt südlich von San Francisco gelaufen und hatte Anwohner und Polizei aufgeschreckt. Mit Beruhigungsspritzen sollte der Eindringling von einem Baum, auf den er sich geflüchtet hatte, hinuntergeholt werden. Doch verlor der betäubte Bär den Halt, stürzte 20 Meter tief auf den Bürgersteig und kam ums Leben.
Immer häufiger werden Bären in Siedlungen an der US-Westküste beobachtet und fast täglich gibt es seit Ende des Winterschlafes Berichte über die Pelztiere in Menschennähe: In Monterey warfen sie Mülltonnen um, am Stadtrand von Los Angeles gingen sie in Swimmingpools baden, im Napa Valley spazierten sie durch Weingüter.
Nach Schätzungen des Ministeriums für Fisch und Wild in Sacramento hat sich die Zahl der kalifornischen Schwarzbären in den letzten 20 Jahren auf 23 000 verdoppelt. Lebten sie früher zurückgezogen in den Hochregionen der Sierra Nevada, wagen sie sich jetzt immer näher an das menschliche «Revier» heran. Grund dafür sind schärfere Jagdverbote und das Aussterben der Grizzly-Bären, die den kleineren, ungefährlicheren Verwandten früher in entlegene Gebirgsregionen zurückdrängten.
Die Wildhüter untersuchen den Vormarsch der Bären und setzten dabei auch eingelegte Sardinen ein. Vielerorts hängen sie Fischdosen in die Bäume, um herauszufinden, wie nah sich die wilden Tiere an Siedlungen herantrauen. Mit ihrer feinen Spürnase wittern die Bären den Leckerbissen schon aus großer Entfernung. Anhand der Biss- und Fußspuren können Biologen erkennen, ob ein Bär, ein Stinktier oder eine Katze den Köder verspeiste.
Menschen wurden in diesem Jahr noch nicht von Bären verletzt, aber gehörig erschreckt. Eine Frau in Nordkalifornien lief einem Bär in die Arme, der sich gerade an ihrem Eisschrank zu schaffen machte. Beide stürmten fluchtartig aus dem Haus. In Salinas rannte ein Bär durch die Fensterscheibe eines Auto-Verleihs. Er wurde betäubt und an einem sicheren Ort in den Bergen wieder ausgesetzt. Kanadische Wildhüter berichten von einem Schwarzbären, der gleich drei Mal hintereinander in eine Bäckerei einstieg, um Süßigkeiten zu naschen.
Im Yosemite-Nationalpark in den kalifornischen Bergen, wo Bären schon in Zelte, Autos und Holzhütten eingebrochen sind, melden die Parkhüter dagegen zum ersten Mal eine Abnahme der Vorfälle. «Unsere Kampagne hat sich ausgezahlt», sagt die Bären-Beauftragte Johanna Lombard. «Die Besucher achten darauf, keine Lebensmittel im Auto oder im Zelt zu lassen.» Vor zwei Jahren zertrümmerten Bären noch mehr als tausend Windschutzscheiben und Kofferräume, um an lecker riechende Picknickkörbe und Kühltaschen heranzukommen. Im vergangenen Jahr waren es nur noch halb so viele.
Den Besuchern des Yosemite-Parkes wird empfohlen, die Lebensmittel in dafür bereitgestellte Containern einzuschließen oder für die Tiere unerreichbar an Bäumen aufzuhängen. Das sei die beste Lebensversicherung, erklärt Lombard. Wurden 1998 noch sieben Urlauber von Bären angegriffen und verletzt, kamen in der letzten Sommersaison die meisten Besucher mit dem Schrecken und oft guten Schnappschüssen von Schwarzbären davon.