Wenn hier der "Bayerische Weg" als das non plus ultra propagiert wird, lasst mich als Betroffener mal ein paar Worte dazu verlieren:
Ich sehe es nicht als das tollste, was dem Wald passieren konnte. Im Staatswald sind sie vieler Orts dabei, kräftig zurück zu rudern, was den Einschlag anbelangt (nach grad mal guten 10 Jahren!). Der Zuwachs ist zwar immernoch hoch, aber er wächst mittlerweile an das schwache Holz hin. Die mittelstarken Bestände sind auf Endstellung gebracht, da brauchts sehr oft keine weiteren Durchforstungen mehr bis die Zielstärke erreicht ist. Drunter läuft die Verjüngung bereits an (schön!) aber bis die obere Schicht entsprechende Dimensionen hat, wirds halt noch n paar Jahre dauern. Landläufig spricht man von ausgelutschten Beständen...
In der Verwaltung, die für den Privat- und Kommunalwald zuständig ist, sind die forstlichen Eingriffsmöglichkeiten sehr beschränkt. Im Privatwald kannst Du nur beraten, beraten, beraten. Aber wenn der XY in seinem Wald nix machen will (weil er das alles selbst machen müsste) passiert halt auch nix, bis zum nächsten Windwurf, Schneebruch oder Borkenkäfer. Waldbauliche Gestaltungsmöglichkeiten haben wir nur über die Förderung. Wer als Waldbesitzer darauf verzichtet, kann eigentlich alles machen, was er für richtig hält, den Förster muss er auch nicht fragen. Im K-Wald (unterfränkisches "Problem" auf 80% Bayerns gibt's kaum Kommunalwälder) rollt grad die nächste Privatisierungswelle auf die Verwaltung zu, auch dieser öffentliche Wald soll nun der Holzindustrie in den Rachen geworfen werden. Offensichtlich weil die Holzmengen aus dem Staatswald langsam aber sicher weniger werden...
Haltet mich für einen Dinosaurier, aber: Vor Jahrhunderten, als man erkannt hat, dass die Wälder durch Übernutzung ausgeplündert wurden, hat man ForstBEAMTE für die Betreuung abgestellt und aus Mitteln der Öffentlichkeit entlohnt, um genau dem Drang nach Übernutzung (durch wen auch immer) Einhalt zu gebieten, denn schon damals galten die Beamten als unbestechlich. Irgendwie erschreckend, dass sich die staatiche Beförsterung immer mehr zurückziehen muss, aber der Lobbyismus macht auch davor nicht Halt. Ich denke auch, dass die BaySF in absehbarer Zeit (+/- 10Jahre) wieder mit der Verwaltung zusammen gelegt wird, ganz einfach, weil dann die Bestände ausgelutscht sind und Holzvorräte wieder aufgebaut werden müssen. Das geht aber dann nur innerhalb einer staatlichen Verwaltung, weil sich das Konstrukt der Pseudo-Privatisierung nicht mehr durch Holzerlöse finanzieren lässt.
Zu den vielgeprießenen FBGen und WBVen: Das mag in vom Nadelholz geprägten Gebieten mit vernünftigen Besitzstrukturen funktionieren. Hier im Realteilungsgebiet mit Kleinstbesitz (<1,0ha) und Grundstücksgrößen im Bereich <0,2ha sind die "kleinen" Waldbesitzer für die FBGen eher unliebsame Bittsteller bei den FBGen. Teilweise verzichten die FBGen gezielt auf Förderung, um sich dem Problem des Kleinstprivatwaldes zu entziehen.
Allerdings muss man auch eines bedenken: Die FBGen und WBVen finanzieren sich und ihr Personal zu 99% über den Holzverkauf. Nadelholz verkauft sich im Vergleich zum Laubholz deutlich einfacher mit einem Bruchteil an Aufwand. Welcher FBG-Förster hat also ein wirkliches Interesse daran, die Waldbesitzer hin zum (geförderten) Laubholz zu beraten und die schwierigen Laubholzkulturen durch die Bindefrist und und darüber hinaus zu betreuen? Klimawandel und stabile Wälder sind zweitrangig. Sie leben im Hier und Jetzt, von der Hand in den Mund und im Wesentlichen von den Holzvorräten, die ihre Vorgänger herangepflegt haben. Bis die nächste Generation Nadelholz im Klimawandel Probleme bekommt, sind die Jungs eh schon in Rente. Jedenfalls lässt sich nicht bestreiten, dass die Förderanträge (für Laubholzkulturen) aus dem K-Wald nach dem Wechsel von der staatlichen Betreuung hin zu Privaten bzw. FBG/WBV deutlich zurück gehen.
Ich bleib dabei, der Wald erfüllt zu viele imens wichigen Funktionen, als dass man mit ihm nur den schnellen Profit machen kann. Die staatliche Beförsterung mit Forstbeamten war nicht das schlechteste, was den Wäldern passiert ist. Jemand der nicht der Gesellschaft verpflichtet ist sondern dem schnellen Euro oder (indirekt) der Holzindustrie wird nicht weit genug schauen (wollen) um den Wald wirklich langfristig auf dem hohen Niveau zu halten, den die staatlichen Förster seit Jahrzehnten gesetzt haben. Wer nur aufs Geld schaut verliert halt leider auch schnell den Blick für Naturschutz, Wasserhaushalt, Klima, Erholung...
Der Badenwürtembergische Weg war für den einzelnen Waldbesitzer, die Wälder und die Gesellschaft mit Sicherheit nicht der schlechteste. Bezeichnender Weise hat nicht die Politik oder gar die Gesellschaft eine Änderung eingeklagt, sondern einige wenige, die für sich einen Profit gewittert haben. Wenn alles in einer Hand liegt, ist es am einfachsten auch alles im Blick zu haben. Wenn fünf Leute auf der selben Fläche rumspringen und jeder nur seines sieht (nur Naturschutz, nur Holzernte, nur die Verjüngung ...) kommt zu 99% nur Murks dabei raus. Das fatale beim Thema Wald ist, dass man Fehlentwicklungen erst sehr spät wahr nimmt und an den Folgen meistens noch drei bis viermal so lange zu knabbern hat.
PS: Vermutlich wird sich hier jetzt der ein der andere genötigt fühlen, für die bayerische oder die BaWü-Forstreform zu sprechen, weil er für sich oder sein Revier eine Entspannung der Wald-Wild-Diskussion erhofft...