Seit einigen Tagen beobachtete ich den Wetterbericht kritisch. 3 Faktoren brauchte ich für den Ansitz an meiner einzigen kleinen Waldwiese: Zeit, Ostwind und das alles musste abends sein, weil erfahrungsgemäß aus irgendwelchen Gründen morgens kaum Betrieb war. Den Samstag hatte ich mir dazu auserkoren. Der Familienrat beschloss, unter meinem argwöhnischen Auge, kurzfristig nachmittags ins Hallenbad zu fahren. Als wir dort ankamen:“ Geschlossen wegen Wartungsarbeiten!“ Sch…! Also auf ins nächste 25 km entfernte Bad. Der Zeitplan trieb mir langsam den Schweiß auf die Stirn. Kurz vor sieben waren wir zurück und gefühlte 30 Sekunden später machte ich mich auf ins Revier. Da ich einige Kilometer fahren musste, war ich recht sportlich unterwegs. Angekommen auf meiner Leiter wurde ich schon gebührend empfangen: Von Mückenschwärmen! Also Kragen hoch, Mütze über die Ohren geklappt, Mantel über die Knie, Handschuhe an. Ich sah aus wie auf dem Winteransitz.
Kaum dass ich fertig, war ein Rascheln neben mir. Ich vermutete einen erholungssuchenden Mitbürger, da in unmittelbarer Nähe ein Weg verläuft. Plötzlich stand jedoch ein braver Sechser neben meinem Sitz. Sollte es etwa schon beim dritten Ansitz klappen? Langsam packte mich das Jagdfieber. Vorsichtig den Gehörschutz aufsetzen und mit dem Gewehr in Anschlag gegangen. Der Bock zog zügig über die Waldwiese zur Salzlecke am Dickungsrand. An Schießen war nicht zu decken. Er präsentierte beständig sein Weidloch. So verharrte mein Objekt der Begierde auch an der Salzlecke. Er drehte sich einfach nicht! Wenn er jetzt einen Satz nach vorn macht, ist er für meine Kugel unerreichbar. Stück für Stück drehte er sich dann ganz langsam nach links. Bis er ganz breit stand, wollte ich nicht warten. Zu oft wurde ich schon zum Narren gehalten. Ich hielt knapp hinter’s Blatt und ließ fliegen. Der Bock knickte hinten ein, fiel um und schlegelte noch zweimal, dann streckten sich ein letztes Mal die Läufe. Seine Lebensgeister hatten ihn verlassen…