Öffentlichkeit besser informieren über Jagdmanagement im Naturpark
Nr. 35/2013 - 13.02.2013 - LU - Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz
Das Jagdgeschehen im Nationalpark Müritz war Thema einer Pressekonferenz im Schweriner Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz. Den Verantwortlichen in dem ca. 20.800 ha umfassenden Nationalpark wurde u. a. nicht tierschutzgerechtes Verhalten, zu hohe Abschussraten, die Beteiligung zu vieler Jäger, vor allem aus anderen Bundesländern öffentlich vorgeworfen. Einen Großteil dieser Vorwürfe konnte Minister Dr. Till Backhaus am Mittwoch ausräumen. "Die Jagd in Mecklenburg-Vorpommern hat einen guten Ruf", betonte er. "Die Jäger haben sich in den vergangenen Jahren dafür eingesetzt, einen gesunden, artenreichen Tierbestand zu entwickeln."
Eine Jagd im Nationalpark unterliegt anderen Prämissen. Gemäß § 20 Absatz 1 des Landesjagdgesetzes ist sie in Nationalparken und in Naturschutzgebieten dem jeweiligen Schutzzweck unterstellt. Das ist die Wildbestandsregulierung, d. h. ein natürliches Geschlechter- und Altersklassenverhältnis zu erhalten. Ein Selektionsabschuss von Schalenwildarten nach trophäen- oder gewichtsbezogenen Merkmalen ist unzulässig. Als einziges Auswahlkriterium innerhalb der Altersstrukturen gilt der Grundsatz "Jung vor Alt und Schwach vor Stark". Die Jagd soll störungsarm umgesetzt werden und dem Gedanken der Nachhaltigkeit dienen. "Deshalb ist der Anteil der Einzeljagd an der jeweiligen Gesamtstrecke eines Jagdjahres schrittweise zu Gunsten von Gruppenansitzen und größeren gemeinschaftlichen Jagden zu reduzieren", erläuterte der Minister.
Im Nationalpark Müritz wurden im Herbst/Winter 2012 21 Ansitzdrückjagden und Gruppenansitze durchgeführt: vom 22. bis 24. November über bis zu drei zusammenhängende Reviere des NP durchgeführt, am 13.Dezember gleichzeitig in zwei voneinander getrennten Revieren.
"Als positiv schätzen wir ein, dass die Jagden in der Drückjagdsaison fachlich gut vorbereitet wurden", betonte Dr. Backhaus. Die jagdliche Hochsitz- und Ständestruktur wurde im Großteil des NLP Müritz überarbeitet, die beteiligten Mitarbeiter wurden fortgebildet; es standen ausreichend Stöber- und Schweißhunde zur Verfügung. Sehr gut aus Sicht der Wildbrethygiene waren Wildbergung, Wildversorgung und der Einsatz eines Wildkühlwagens am Streckenplatz organisiert.
"Negativ war", so schätzte er ein, "dass insbesondere die großen, Aufsehen erregenden Jagden mit vielen Schützen nicht öffentlichkeitswirksam vorbereitet worden waren. Weder die regionale Bevölkerung noch die lokale Jägerschaft hatten ausreichende Informationen über das Ziel und die Durchführung der Jagden."
Zahlreiche Kritikpunkte vor allem bei den Jagden vom 22. bis 24. November 2012 wurden an das Ministerium in den vergangenen Wochen von Bürgern aus der Müritz-Region, Kreisjagdverbänden sowie regionalen und überregionalen Medien herangetragen. "Um dies zu klären, habe ich eine Prüfkommission berufen, die sich vor Ort mit allen aufgeführten Vorwürfen befasste. Nach der Sichtung von Akten, Befragung von Jagdleiter, Hundeführern und Schützen erweist sich die Mehrzahl als unbegründet."
So wurden die heimischen Jäger des NPA, der umliegenden FoÄ sowie bekannte und bewährte Hundeführer und Jäger aus den vorangegangenen Jahren rechtzeitig einladen. Am 22. November waren 40 % der Schützen und am 24. November 48 % aus M-V. Auch eine Dominanz des Ökologischen Jagdverbandes (ÖJV) bestätigte sich nicht. NPA-Leiter Ulrich Meßner: "Bei den Jagden im November und Dezember waren max. 8 % der Jäger Mitglied im ÖJV, der in M-V aktuell 45 Mitglieder hat."
Ein Hauptvorwurf, dass es nur mangelnde Nachsuchen gegeben hätte, wird von den Fakten widerlegt: Insgesamt wurden an 3 Jagdtagen ca. 380 Stück Schalenwild gestreckt. Pro Jagdtag wurden 10 bis 12 Nachsuchen angezeigt und durch ausreichend zur Verfügung stehende Schweißhunde und Nachsuchenführer durchgeführt.
Einige Kritikpunkte werden weitergehend geprüft: So der Vorwurf, dass Jagdteilnehmer aufgefordert wurden, auf Rehböcke zu schießen, um "Schießhemmungen wegzubekommen". Dazu der Minister: "Laut NLPJagdVO ist auch möglich, über den 15.10. hinaus die Jagd auf Rehböcke durchzuführen, soweit der Abschussplan eine Freigabe noch ermöglicht. Der Vorwurf der Nichteinhaltung des Abschussplanes wird durch die zuständige untere Jagdbehörde geprüft."
Als begründet bewertet wurde die Abschussplanüberschreitung bei Damwild. "Das NPA wurde seiner gesetzlichen Verpflichtung nach tagaktueller Übersicht über den Stand der Abschussplanerfüllung der einzelnen Wildarten, insbesondere beim Damwild nicht gerecht. In der Folge kam es durch die Unterlassung einer Freigabenbegrenzung für Damwild-Alttiere auf der Jagd am 24.November zur Abschussplanüberschreitung von ca. 60 Tieren. "Die für den Vollzug zuständige untere Jagdbehörde des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte hat den Vorfall einer rechtlichen Prüfung unterzogen und ist zu der Auffassung gelangt, dass der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit vorliegt", erläuterte Dr. Backhaus.
Innerhalb der Hegegemeinschaft bestehe grundsätzlich ein Einvernehmen darüber, dass die Damwildbestände zu reduzieren sind. Der Minister: "Doch nach der Jagd am 24.11. 2012 war die Notwendigkeit einer Nachbeantragung von Damwild-Alttieren eingetreten. Das Nationalparkamt hatte dies allerdings erst am 4. Dezember im Ministerium getan, was mit dem Vorbehalt der Hegegemeinschafts-Zustimmung genehmigt wurde. Bei der Prüfung wurde außerdem festgestellt, dass die tatsächlichen Stückzahlen für Rehwild deutlich über dem zusammengefassten Abschussplan für die Jagdjahre 2010-2013 liegen. Der Verdacht des Vorsatzes liegt nahe." Zu den begründeten Tatbeständen werde nun ein gebündeltetes Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.
Abschließend hielt der Minister fest: "Die Ziele und Methoden des Wildmanagements im Nationalpark wurden offenbar nicht ausreichend in der Öffentlichkeit und in der Hegegemeinschaft kommuniziert. Ich werde selbst vor Ort das Gespräch mit allen Beteiligten suchen."
Zur künftigen revierübergreifenden Jagden im Müritz-Nationalpark mit einer so großen Beteiligung versprach Dr. Backhaus eine gründliche Prüfung aller Maßnahmen, um Sicherheit, Qualität und Nachhaltigkeit zu gewährleisten."