Novellierung des Waffenrechts: Brief an Bundesinnenminister Otto Schily
vom Forum Natur übermittelt:
Bei der geplanten Novellierung des Waffenrechts enthält der neue Entwurf der Bundesregierung bedenkliche Änderungen, die
in dem Vorgespräch nicht erkennbar waren. Deshalb hat sich der Vorstand des FORUM NATUR Prof. Dr. F. Farthmann mit
folgendem Schreiben an den Bundesinnenminister Otto Schily gewandt.
---------------------------------------------------------
Lieber Otto,
Auf dem Parlamentarischen Jägerabend am 25.09. wurde von Herrn Brennecke aus Deinem Hause über die Reform des
Waffenrechtes referiert. In der anschließenden heftigen Debatte wurde mir ein wesentlicher Gesichtspunkt deutlich, der
einen völligen Bruch mit der bisherigen Rechtslage darstellt und von dem ich mir nicht denken kann, dass er Deiner
Auffassung entspricht. Es geht dabei um folgendes:
Wer nach bisherigem Recht eine Schusswaffe führen wollte, musste dafür ein Bedürfnis nachweisen, etwa eine besondere
Gefährdung seiner Person. Dieses Bedürfnis spielte aber bei Jagdscheininhabern keine Rolle. Bei Ihnen wurde unterstellt,
dass Sie die erforderliche Sachkunde durch die Jägerprüfung nachgewiesen haben und dass bei Ihnen ein Bedürfnis
selbstverständlich gegeben war, da vernünftiges Jagen nur mit einer Schusswaffe möglich ist. In dem neuen Entwurf ist
plötzlich auch für Jagdscheininhaber der Nachweis des Bedürfnisses eingeführt worden. Das hätte zur Folge, dass der
zuständige Kommunalbeamte künftig darüber entscheiden kann, für wieviel Waffen bei einem Jäger ein Bedürfnis besteht.
Theoretisch könnte er dabei zu dem Ergebnis kommen, dass bei einem Jäger mit einem Drilling alle Bedürfnisse für die Jagd
abgedeckt seien.
Eine solche Regelung würde der behördlichen Gängelei der Jagdscheininhaber Tür und Tor öffnen und sie mehr oder weniger
der Willkür des jeweiligen Beamten aussetzen. Von der Sache her besteht dafür nicht der geringste Anlass. Wenn ein Jäger
seine Waffen nicht ordnungsgemäß aufbewahrt und sie etwa seinem unbefugten Sohn zugänglich macht, spielt es für die
dadurch entstehende Gefahr keine Rolle, ob der betreffende Jäger 5 oder 25 Waffen in seinem Jagdschrank verwahrt. Der
Unbefugte kann praktisch nur mit einer Waffe Unheil anrichten. Die Sicherheit der Aufbewahrung ist deshalb der allein
entscheidende Punkt, und in dieser Hinsicht bringt der Entwurf mit Recht durchaus Fortschritte.
Mir ist wohl bewusst, dass manche Jäger mehr Jagdwaffen führen als sie zur Jagdausübung unbedingt benötigen. Dabei geht es
manchmal auch um Liebhaberei oder um das Andenken vererbter Waffen. Ich kann aber nicht erkennen, warum auch dieses Stück
Bürgerfreiheit beseitigt und durch Behördenwillkür ersetzt werden muss. Dabei will ich gar nicht auf die USA-Verhältnisse
verweisen. Aber es kann doch wohl nicht unserem Bild vom freien Bürger entsprechen, ihn immer mehr und ohne Not der
Willkür der Bürokratie zu unterwerfen.
Ich wollte Dich gern bitten, in den bevorstehenden Gesetzesberatungen diesen Gesichtspunkt noch einmal zu überdenken.
Mit den besten Grüßen
Dein Friedhem (Prof. Dr. F. Farthmann)