Gestehe: Hast Du das Buch gelesen ... oder nur die Besprechnung?
Die Annahmen, die dem Buch - laut Besprechung - unterliegen, sind schon fragwürdig:
"Für Ursula Wolf erscheint es logisch anstatt eines willkürlichen absoluten Werts, wie etwa das Teilhaben an der Welt der Vernunft (wie etwa Immanuel Kant) eine andere Basis zu finden auf der eine Moraltheorie gründen kann. In Anlehnung an die Tugendmoral ist Wolfs Ausgangsbasis die Feststellung, daß für alle Wesen das Streben nach Selbstverwirklichung, nach individuellem Glück (ganz unabhängig von der Höhe ihrer Reflektiertheit), wie auch immer dieses für einzelne Lebewesen aussieht, an erster Stelle steht".
Das Streben nach Selbstverwirklichung, nach individuellem Glück ist selbst in der menschlichen Gesellschaft erst seit kurzem und - Gott sei´s gedankt - global gesehen nur regional die dominante Überlebensstrategie. Selbst die absolute Vermeidung des Schmerzen ist erst seit knapp 50 Jahren ein Ideal. Ich empfehle dazu die Abhandlungen Ernst Jüngers "Über den Schmerz" und Heimo Schwilks "Schmerz und Moral".
Auch ist es mir neu, dass der Rothirsch, der bei Beunruhigung erst dem gesamten Kahlwild den Vortritt läßt; die Bache, die sich zwischen Jäger und Frischlinge wirft, obwohl sie allein längst über alle Berge wäre; der Pelikan, der sich die Brust aufreist, um mit dem eigenen Blute die Jungen zu füttern; ja selbst die Krähe, die in der Kolonie den Aufpasser gibt und beim Nähern eines Feindes (z.B. eines kleinen Reineke) mit einem lauten Warnruf die anderen schützt, auf sich selbst aber erst recht aufmerksam macht, Beispiele für das Streben nach "individuellem Glück" im Tierreich seien.
Mit solchen Annahmen kommt man dann zu Punkt 5., der "Folgerung" (?!) der Besprechung: "
Zwar führt Ursula Wolf in ihren Werken nicht die effektiven Konsequenzen aus, es ist aber anzunehmen [!!], daß sie für ein grundsätzliches Tötungsverbot von höher entwickelten Tieren eintritt, abgesehen von Ausnahmen wie Notwehrhandlungen.
Ein Buch also, das von fragwürdigen Annahmen ausgeht, um zu nichtfasslichen Folgerungen zu gelangen, deren Interpretation (siehe Besprechung) dem Exegeten nach dessen Gusto obliegt, erscheint mir nicht so richtig lesenswert. Man muß ein schiefes Menschenbild nicht auch noch auf Tiere übertragen - so schlecht sind diese nämlich nicht. Die Idee hingegen solches hier überhaupt einmal zu diskutieren, finde ich gut - sonst wäre es bei meiner Antwort auch nicht so spät geworden.
Gute Nacht allerseits!
Reineke
P.S: Ich stelle aber noch die
hiesigen Punkte 2.1 und 2.2 "Altruismen im Tierreich", resp. "Genetische Grundlagen des Altruismus" zur Diskussion.
[ 19. Dezember 2003: Beitrag editiert von: Reineke ]