Neues von den "Schweden"!

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Dernixdurchläst schrieb:
lebt den der pöse Habicht noch?
bei uns hies es sofort den Habicht schiesen wenn der am birkhahnmoor auftaucht.

natürch lebt er noch. warum auch nicht. auch in schweden sind greifvögel geschont.

und du darfst nicht vergessen, ich hab in den 6 jagdtagen mindestens 100 stück birkwild gesehen. da oben sind sie nicht so selten wie bei dir oder mir....
 
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So denn, unser Tag 2 !

Nach dem üblichen strammen Anmarsch wollten wir es wieder in und um unser Moor versuchen.
Aber nix, kein Anblick, dazu zeitweise ordentlicher Schneefall und teilweise böiger Wind. Das ist nicht nur für den Jäger unangenehm, die Hahnen mögen das wohl auch nicht, sitzen dann im Schnee oder zumindest an windgeschützten Stellen.

An dieser Stelle möchte ich mal ein Wort zu den Schilderungen unserer bisherigen Erlebnisse verlieren. Ich glaube, daß wir von uns allen, den Jungjäger vielleicht ausgenommen, behaupten können gestandene Jäger zu sein, die auch über ein ordentliches Maß an Erfahrung verfügen.
Aber wie das immer so ist neuen Sachen, es gibt nichts, was man nicht lernen muß.
Jagdlicher Erfolg ist in der Regel eine Kombination aus Erfahrung, Wild-und Revierkenntnis sowie eine ordentliche Portion Glück zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle zu sein.
Keiner von uns hat vorher jemals ernsthaft auf Auer- und Birkwild gejagt, von einer genauen Kenntnis der Lebensgewohnheiten und Verhaltensweisen des Wildes sowie entsprechenden Revierkenntnissen ganz zu schweigen.
Ich erwähne dies nur zu unser aller Ehrenrettung, manches liest sich für jemand der nicht dabei war vielleicht als wenn hier eine Truppe blutiger jagdlicher Anfänger unterwegs war. Dem ist keineswegs so, beim nächsten Mal wird man sicher manchen Fehler, manche Fehleinschätzung der Situation vermeiden können.
Nun aber zurück zum zweiten Jagdtag, der bis gegen Nachmittag ziemlich ereignislos verlief, mal davon abgesehen, daß wir zur Mittagsrast wegen des Windes die Sennhütte aufsuchten und versuchten uns durch ein im Kamin angezündetes Feuer aufzuwärmen. Allerdings schafften wir es grademal die Hütte von -6° auf -2° zu erwärmen.

Andere Jagdteilnehmer ließen sich währendessen in einer vorgeheizten Hütte ein Menü von der Hausherrin servieren und bekamen noch ein kühles Bier dazu gereicht. :wink:

Es war schon gegen 13.30 Uhr, eine Zeit also, langsam an den Rückweg zu denken, da wir an diesem Tag noch Varmi und Fritz mitgenommen hatten und wir gegen 15.00 Uhr am Auto verabredet waren.

Also befanden wir uns langsam auf dem Rückweg, als wir in ca. 900 m Entfernung eine Gruppe von Auerhahnen sahen. Diese hatten sich eine Baumgruppe auf einem Hügel ausgesucht, der rundum von einer fast unbewachsenen Moorfläche umgeben war....dumm sind die Jungs auch nicht.
An einer Stelle gabs aber etwas Deckung, also ran, natürlich durch den Tiefschnee, olsenxx immer hinter mir her. Als wir auf Schußentfernung vorsichtig aus der Deckung lugten, war kein Hahn mehr zu sehen, obwohl sie vorher ganz frei auf den Wipflen der Kiefern saßen.
Wir den ganzen Weg also wieder zurück und als wir am Ausgangspunkt der Pirsch wieder angelangt waren, saße die Hahnen immer noch da wie vorher.
Was ist das denn? Da waren wir wohl ein Stück zu weit links rausgekommen und hatten die Vögel nicht im Blick.
Olsen blieb als Beobachter zurück, die eine Tour hatte ihm gereicht. Ich kam diesmal auch sehr gut an die Hähne, zumindest an die Bäume heran...und sah sie wieder nicht. Schritt für Schritt schob ich mich langsam durch die fast hüfthohen Schneewehen am Fuße des Hügels und sah...nichts!
Das gibst doch nicht, die müssen hier irgendwo sein!
Waren sie auch, jedenfalls sah ich nur kurz den Kopf eines sichernden Vogels der wohl doch was von mir mitbekommen hatte und schon war der ganze Verein wieder auf Wanderschaft, freundlicherweise aber in die Richtung die wir noch auf dem Nachhauseweg einzuschlagen hatten.

Als ich bei olsenxx eintraf war ich aber erstmal fix und foxy, hatte ich doch innerhalb von ca. 1,5 h ca. 3 km im Tiefschnee zurückgelegt. Ich bin nun wirklich nicht völlig untrainiert und hatte durchaus Spaß an der körperlichen Anstrengung dieser Jagdtage, aber an dieser Stelle war es dann erstmal gut.

Also zurück, Varmi noch Bescheid gegeben, daß es wohl heftig später werden würde und auf den Rückweg gemacht. Dieser führte uns durch das Moor, wo wir gestern die Auerhähne gesehen hatten.

Heiliger Hubertus, sie taten uns den Gefallen und waren wieder in der Gegend, saßen auf kleineren Kiefern verteilt im Gelände.

Vergessen war die Müdigkeit, jetzt gilts!

Ich verzog mich in die Deckung eines Waldstreifens und ging außer Sicht die Hähne an, schaffte es noch mich unter Zuhilfenahme des Rucksacks als Auflage zum Schuß fertigzumachen...als ich spannte, ritt der anvisierte Hahn natürlich ab!
Na dann eben nicht, laßt mich in Ruhe, ich geh jetzt nach Hause, Schluß, heute will ich nicht mehr!

Im Aufstehen sah ich durch eine Lücke der Zweige auf einmal einen Hahn in schönster Pose sitzen!

Waffe runter, aufgelegt, anvisiert, Schuß...nix. Der Hahn saß und tat nix! Herrgott, was ist das denn?
Ritschratsch, Nachschuß, Federn flogen weg, der Hahn ging schräg nach rechts zu Boden, allerdings außer Sicht.

Donnerwetter, den hab ich! Mann was war ich glücklich!

Also hin zum Hahn, wenn der runtergefallen ist, müssen wir den ja dann nur noch aufsammeln...dachte ich jedenfalls.

Ich mach es jetzt mal kurz. Als wir zu dem Baum hinkamen den ich mir gemerkt hatte, war da außer weißem jungfräulichen Schnee nichts. Garnichts!
Kein Schweiß, keine Federn, nicht mal ein Loch im Schnee wo der Hahn vielleicht einfach reingestürzt war.

Auch die Suche in immer größer werdenden Bögen brachte nichts.

Für den Einsatz des Hundes war es zu spät, es wurde ja schon langsam dunkel. Wir organisierten noch schnell per Handy, daß Varmi und Fritz von dmdbj abgeholt wurde (die beiden standen schon über eine Stunde und warteten) und machte uns ziemlich frustriert auf den Rückweg.

Den dritten Jagdtag darf dann mal olsenxx schildern, denn eigentlich war das sein Tag, zumindest war er an diesem Tag der Hauptakteur.
 
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Nun, dann will ich mal den dritten Jagdtag von dmdwj und mir schildern.

Morgens brachen wir recht zeitig zu dritt auf. Mein Vater, der Jagdherr mit Hund und ich. Wir wollten unser Glück nochmal versuchen den Hahn von dmdwj zu finden, den er am Vortag beschossen hatte.
Nachdem wir wieder unsere obligatorischen 4km Anlaufweg hinter uns hatten, erreichten wir den Baum auf dem der Hahn gesessen hatte. Zuerst in kleinen, dann in immer größeren Kreisen um den vermeintlichen Anschuss herum suchten wir nach dem Hahn, oder zumindestens nach Federn. Aber auch nach langer, sehr anstrengender Suche fanden wir nichts. Rein garnichts! Frustriert, hungrig und durchgefroren gingen wir wieder zur nahegelegenen Ski-Doo Spur.
Beim Zurückgehen stieß ich auch eine Elchfährte, an deren Ende ich ein größeres Loch im Schnee sehen konnte. Meine Güte, das wird doch nicht etwa der Hahn sein!? Also nichts wie hin, aber das Loch war leider nur ein Loch - ohne Hahn.
Also umgedreht und zurück zu den anderen.
Doch auf dem Rückweg stieß ich auf eine Feder... und da noch eine, und noch eine...
Nachdem ich der Federspur ein paar Meter gefolgt war, sah ich den Hahn auch schon liegen. Was für ein imposantes Tier, so ein Auerhahn!
Ich rief "Weidmannsheil!" und machte mich auf dem Weg zum Glücklichen Erleger. Ein Foto vom Erleger mit Nachsuche-Jungjäger (auf Tiefschnee geprüft ;) ) folgt.

Nachdem nun mein Vater seinen ersten Hahn gestreckt hatte, war es für mich an der Zeit,Diana herauszufordern. Also Waffe geschultert und ab dafür!
Gegen Mittag erreichten wir eine Bergkuppe, die rundherum von Baumgruppen umwachsen war.
Doch zum ausruhen war keine Zeit. In ca. 350m Entfernung sahen wir einen Auerhahn auf einem Baum sitzen.
Die folgenden Stunden sollten die aufregendsten des gesamten Urlaubs, wenn nicht sogar meines bisherigen Jägerlebens werden (Was zu diesem Zeitpunkt nochnichteinmal 2 Wochen alt war).
Langsam ging ich den Hahn an, was sich als sehr schwierig herausstellte, weil er innerhalb eines kleinen Waldstücks saß. Als ich angekommen war, war vom Hahn nichts zu sehen. Ich vermutete das er abgeritten war, was mir dmdwj auch dann per Telefon betätigte. Ich stand also völlig ungedeckt am Ufer eines kleinen Sees und besprach mit meinem Vater mein weiteres Vorgehen. Ich hatte grade aufgelegt, da baumte am anderen Seeufer, keine 80m von mir entfernt, ein starker Auerhahn auf. Was für ein Anblick!
Jetzt bloß keine schnellen Bewegungen. Wie in Zeitlupe setzte ich den Rucksack ab und versuchte grade mich hinzulegen. Doch das war ihm anscheinend zu viel und er ritt ab. Und mit ihm 6 weitere Hähne, die sich auf ca. 400m auf einzelnen Bäumen niederließen. Ich ging also in der Deckung des Waldes immer näher an die Hähne heran. Ich suchte mir einen Hahn aus um ihn gezielt anzugehen.Dann erreichte ich den Waldrand, an dem sich eine junge Kiefernkultur anschloss, in der ich keine Deckung gehabt hätte. Also den Rucksack hingelegt und mich in aller Ruhe ausgerichtet.
Ein Blick durch den Entfernungsmesser ließ mich zögern: 220m. Aber was solls, "besser kommst du nicht mehr ran" dachte ich mir und ließ fliegen. Der Hahn quitierte den Schuss, indem er steil nach oben flog, die Flügel leicht ausstreckte und dann in einem Bogen wieder zur Erde hinabsegelte, bis er schließlich aus meinem Sichtfeld verschwand.
Mit zitterden Händen kontaktierte ich meinen Vater, der das ganze Spektakel aus einiger Entfernung beobachten konnte.
Durch den hüfthohen Schnee watete ich bis zur Baumgruppe wo ich auch Federn ohne Ende fand. Aber in die Richtung in die der Hahn abgestrichen war schloss sich eine große, hoch verschneite Kiefernkultur an.
Ich mache es an dieser Stelle kurz. Wir suchten noch eine Weile mehr oder weniger planlos und gaben um halb 4 dann für diesen Tag die Suche auf.


Abends erklärte sich mein Großvater dazu bereit, uns am nächsten Tag bei der Suche zu helfen. So machte sich am 4. Jagdtag die ganze Familie auf, um den Hahn zu suchen. Es war schon 11 Uhr, als wir die besagte Stelle erreichten. Die Nachsuche gestaltete sich als sehr anstrengend, da man alle paar Meter im Schnee das Gleichgewicht verlor und Mühe hatte wieder hoch zu kommen.
Wir suchten den 20ha Kiefernschlag so gut es ging systematisch ab. Als weitere Schwierigkeit zeigte sich bald, das der Schlag am Berg lag und wir somit zusätzlich zum tiefen Schnee noch ein nicht geringes Gefälle zu überwinden hatten.
Um 4 gaben wir das Unterfangen dann auf, weil die Aussicht auf Erfolg extrem gering war. Man hätte quasi auf den Hahn rauftreten müssen, um ihn in dem Gelände zu finden.
Entsprechend niedergeschlagen machten wir uns dann auf den Rückweg zum Auto.

Das wir den Hahn nich finden konnten ist sehr schade, doch diese wunderschönen Tage in Schweden werde ich wohl nicht mehr vergessen. Und diese Woche mit vielen netten Menschen, in einer wunderbaren Natur und auf einer Jagd, die anspruchsvoller und interessanter nicht sein könnte, verbringen zu dürften tröstet über alle Verluste hinweg (Und davon gab es außer dem Hahn noch einige :wink: ).

Ich möchte mich auf diesem Wege noch einmal bei meinem Vater meinem Großvater und dmdbj für diese tolle Reise bedanken!
 
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Ergänzung:
Obwohl auch die Schweden oft mit der.222 auf die Hahnen jagen und die Patrone mit Vollmantelgeschoß dazu empfehlen, wirds wohl beim nächsten Mal ein etwas größeres Kaliber werden. Nicht mit TM-Geschoß, wir haben gesehen wie ein Birkhahn danach aussieht, aber ein größeres Geschoß bringt sicher auch als VM erheblich mehr Energie ins Ziel und hätte eventuell auch bei diesem Schuß besser gewirkt. Denn tödlich getroffen war der Hahn von olsenxx, nur ist es eben in diesem Gelände, noch dazu bei einer solchen Schneelage, sehr schwierig ihn dann auch noch zu finden wenn er nicht direkt unter dem Baum liegt.
Auch mit Hunden ist das fast aussichtslos, der Norbottenspets ist so groß wie ein Spaniel, der hat in diesem Schnee keine Chance.
 

Rotmilan

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seham schrieb:
Über den legendären 8) 4. Jagdtag wird Rotmilan berichten
Respekt, das hast Du aber elegant gelöst. :wink:

Anfangen möchte ich allerdings mit dem Tag vorher:

Tag drei nachmittags:
Es war früher Nachmittag. Seham blieb aufgrund seiner Nachsuche im Tal und ich betrat (nachdem der "Todeshang" ohne Sturz hinter mir lag) alleine eine märchenhafte Welt. Hier schien alles in Eis und Schnee erstarrt. Es herrschte vollkommene Ruhe. Einzig das dumpfe Grollen der entfernten Sprengungen, die in diesem Gebiet fast stündlich durchgeführt wurden, war zu hören. Der Himmel war bewölkt und es ging ein leichter Wind. Da ich ohne Karte unterwegs war, folgte ich vertrauensselig in dem fremden Gelände der Lopie, die ein einheimischer Jäger vor einigen Tagen gespurt hatte. Der erste Teil der Strecke führte mich durch einen niederen Birken- und Kiefernbestand, der den Blick immer wieder auf den dichteren Waldsaum rechts und links freigab. Langsames und bedächtiges Vorgehen schien mir am besten, denn hier sollte es wahrhaftig Auerhähne geben.

Aus Gewichtsgründen war nur mein Entfernungsmesser dabei und diente mir als Fernglasersatz. Immer wieder nahm ich ihn hoch und kontrollierte die entlegensten Spitzen.Wie oft haben sie mich genarrt! 100 Mal, 200 Mal?? Da, das könnte doch ein Hahn sein??? Kontrolle durchs Glas - Fehlanzeige.

Als der Bestand vor mir lichter wurde und einer großen, freien Fläche im Hochmoor wich, wurde ich noch langsamer. Meter für Meter; stehend, schauend und kontrollierend. Die Loipe zog in gebührendem Abstand am rechten Saum des Waldes entlang, nach weiteren ca. 200 Metern knickte der Wald wiederum scharf nach rechts weg und gab die Sicht noch weiter frei. Mitten im Schritt erstarrte ich ich. DAS konnte nur ein Hahn sein.

Eigentlich benötigt man gar kein FG. Wenn Du einen prächtigen Hahn auf dem Wipfel entdeckst, bist Du Dir sofort sicher. Das FG hilft nur, die eigene Unsicherheit zu beschwichtigen. Langsam hob ich den Entfernungsmesser, stützte die Ellenbogen auf die Stöcke und maß die Entfernung: sagenhafte 628 Meter. Er kam mir trotzdem riesig vor.

Gedanklich hatte ich ihn schon am Rucksack befestigt und sah mich stolz wie Bolle im gemeinsamen Gästehaus eintreffen. Nur wie den Gedanken in die Tat umsetzen? Vor mir absolut unbekanntes Gelände. Nach rechts in den Wald konnte ich nicht, da er vorne ja nochmals stark nach rechts abknickte. Also würde ich auf über 400 Meter Entfernung zum Hahn wieder auf einer Freifläche stehen. :roll: Mir blieb nur ein Weg: Zurück in die Deckung des Aufwuchses und auf der linken Waldseite weit nach vorne, dort knickte der Bestand dann in Richtung des Auerhahnes ab und endete ebenfalls an einer Freifläche. Wie weit es dann noch war? Keine Ahnung, auf jeden Fall näher als rechts herum. 8)

Gedacht, getan, die Aussicht auf baldige Jagdbeute verdrängte den Tiefschnee fast von alleine. Aber nur fast. ;-) Auf der anderen Seite angekommen, tauchte ich in den Bestand ein. Weiter nach vorne. An einer Baumlücke hatte ich freie Sicht in Richtung meines letzten Standplatzes. Und sah noch zwei Hähne. Was jetzt? Wieder zurück, oder weiter? Hah, weiter, dem kapitalen Hahn entgegen. Eventuell würden die beiden ja bis zum Rückweg auf mich warten. Diese Hoffnung sollte sich allerdings etwas später als übertrieben optimistisch herausstellen.

Das Schnaufen meiner Lungen wurde immer deutlicher, "mein" Hahn indes blieb mir verborgen. Jetzt war bereits der Knick erreicht, ich musste rechts herum. Und war jetzt wohl unter beliebten Bäumen unterwegs. Rund um einige Stämme waren Kiefernnadeln und Rindenteile auf dem Schnee deutlich sichtbar. Bald musste die Freifläche vor mir auftauchen. Stimmte die Richtung überhaupt noch? Und ob der Hahn solange auf der Spitze verweilte? Immerhin war schon mehr als eine halbe Stunde seit der ersten Sichtung vergangen. Langsam schob ich mich an den Waldrand heran und spähte, verdeckt von Ästen, die gegenüberliegenden Wipfel ab.

DA, er war noch da. Der Entfernungsmesser zeigte immer noch 270 Meter an, nein das war mir zu weit zum Schießen. Und während ich still stand, musste er mich doch bemerkt haben, reckte den Stingel - und flog davon. In diesem Moment verflog auch meine Zuversicht auf schnelle Beute. Meine Güte hatten die Biester gute Augen. :?

Auf dem Rückweg waren die beiden anderen natürlich verschwunden, einen weiteren sah ich im tiefen Bestand sitzen und da ich zeitlich schon mehr als überfällig war, trat ich den Rückweg an.

Es fing langsam an zu dämmern und der Todeshang forderte sein nächstes Opfer. :D Meine Stöcke, die ich sitzenderweise (gemäß den Vorgaben eines erfahrenen Mitjägers) als Bremse nutzen wollte, versagten kläglich und ich schlug 3 Meter neben sehams Tiefschneeloch ein. Die Stöcke waren natürlich hinüber. Das Aldi-Zeug taugt halt nicht für richtige Survivaltouren. :wink:

Zur Belohnung verwöhnte uns seham abends mit einem leckerlecker Käsefondue. Ein wirklich herrlicher Tag ging zu Ende. Und ich ahnte es bereits - morgen, ja morgen würde es klappen. Ganz bestimmt. :wink:
 

Rotmilan

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Tja, wie soll man einen Bericht über einen Jagdtag schreiben, dessen Verlauf man eigentlich nur verstehen kann, wenn man live dabei war. Selbst unsere lieben Jagdfreunde haben uns - nach unserer treuen und wahrheitsgemäßen Schilderung - mit Hohn und Spott bedacht. Hätten wir nur den Mantel des Schweigens über diesen Tag gebreitet - so wäre uns manches Gelächter erspart geblieben. Während ich diese Zeilen schreibe, sehe ich sie schon wieder vor mir: Die Gesichter unserer feinen Mitjäger in der abendlichen Küche, die anfänglich durchaus um Fassung und Interesse bemüht waren. Mit dem Fortgang der Erzählung aber trat das Mitgefühl für das Erlittene immer mehr in den Hintergrund und wich einer hemmungslosen Schadenfreude. :twisted: :twisted: :twisted:

Verübeln kann ich es ihnen aber nicht, wir mussten - nachdem sich der erste Ärger gelegt hatte - auch herzlich über unseren Jagdtag lachen.

Tag vier:
Am Abend zuvor hatten wir also das köstliche Käsefondue gegessen, zudem war der "Tageseinstand" der Auerhähne ja auch bekannt. Frohen Mutes trafen wir um halb neun im Revier ein.

Einer der schwedischen Jäger hatte uns mit seiner Warnung bezüglich der veränderten TPL durch den Temperatur- und Höhenunterschied gewarnt. Also erstmal ein paar Kontrollschüsse. Bei seham passte alles, ich hatte aber deutlichen Hochschuß auf die gelaserten 150 Meter. Also wieder auf 150 Meter Fleck korrigiert und danach die Skier angelegt. Den Aufstieg brachten wir gemächlich hinter uns, da wir nicht schwitzend oben ankommen wollten. Wie gestern führte die Loipe aus dem Bestand heraus in den niedrigen Aufwuchs und dann weiter auf die große Freifläche, auf deren rechter Seite wir wieder entlang gingen. Doch heute war von den Hahnen keine Feder zu sehen. Je weiter wir voran kamen, umso enttäuschter wurden wir. All die Hoffnung, die wir in diesen Tag gelegt hatten, drohte, sich zu verflüchtigen. Weit war es nicht mehr bis zum Ende des Moores, wo waren sie nur?

Wir blieben kurz stehen, als völlig überraschend ein Hahn von rechts nach links in die Bäume-aber außerhalb unseres Blickfeldes-einfiel. Im Vergleich zum gestrigen Hahn schien er mir im Flugbild schwächer. Klasse, vor uns lag sogar noch eine kleine Baumgruppe, die uns als Sichtschutz diente. Langsam tasteten wir uns voran und konnten den Hahn im Schutz der Bäume ausmachen. In Zeitlupe wanderte der Entfernungsmesser an die Augen. Nach zwei Fehlmessungen zeigte der Leica einmal 226 und einmal 225 Meter an. Uff, das war kein Pappenstiel. Die Tikka war ja vorhin auf 150 Meter Fleck eingeschossen - und die Reihe war an mir. Wir beratschlagten kurz, dann stand mein Entschluss fest: Ich wollte es versuchen.

Also den Rucksack herunter. Da dieser schon einsinkt, ist man gezwungen, sich selber auch ein wenig einzugraben, um eine vernünftige Auflage für den Schuss in die Wipfel zu erhalten. Nach einigem Gezappel hatte ich meine Position gefunden, Mist die Schaftbacke war deutlich zu hoch, also runter damit. Jetzt war ich fertig. Das Glas stand auf 10-fach und der Hahn war zwar weit weg, aber doch deutlich anzuvisieren. Ich hielt an der oberen Rückenlinie an, verstärkte stetig den Druck auf den Abzug, bis sich die 308-FMJ auf den Weg machte. Gut abgekommen war ich, aber was war das? Der Vogel saß scheinbar völlig unbeeindruckt im Wipfel. Meine Gedanken überschlugen sich. Das gibt es doch gar nicht, fällt die 308 so stark??? Also schnell repetiert, noch höher angehalten - auch der zweite Schuss verließ den Lauf meiner Büchse. NEEEEIIIINNNN, er saß immer noch und auch mein dritter Schuss, diesmal zwischen erster und zweiter Höhe vermittelt, vermochte den Vogel offensichtlich nicht zu beeindrucken. Ich war völlig ratlos, als seham neben mir auftauchte. Ich hauchte nur: "Das gibt es gar nicht", worauf er antwortete: "Lass mich einmal". Frustiert räumte ich die Stellung und seham bereite sich vor. Während er sich ebenfalls dreimal mit lautem Knall versuchte, dämmerte mir so langsam die einzig logische Erklärung der Geschichte: der Vogel war getroffen und tot oder bewegungsunfähig, ach Hergott, vielleicht sogar beides zusammen.

Eine entsprechenden Reisebericht hatte ich mehrfach vor der Schwedenfahrt gelesen. Auch hier hatte der Schütze mehrere Schüsse abgegeben, bis er mit seinem Jagdführer feststellte, das der Vogel nur gehalten von den Zweigen noch im Baum saß. Lediglich der leichte Wind schien dem bereits toten Vogel ein wenig Leben einzuhauchen.

Seham hatte jetzt ebenfalls genug und wir waren ratlos. Was tun? Umkehren ging ja schlecht, ob er wirklich tot war, lies sich auch nicht zweifelsfrei ergründen.

Okay, der Baumbestand erlaubte noch eine weitere Annäherung an den Hahn, also bewegte ich mich langsam vorwärts.

Währenddessen war unsere Schussfolge nicht einmal im weitgehend menschenleeren Schweden unbemerkt geblieben. Auf sehams Handy trafen die ersten Anfragen ein, ob wir evtl. ein paar Träger für den Abtransport der zahlreichen Hähne benötigen würden. Selten so gelacht. :evil: Während ich weiter vorne meine zweite Position einrichtete, schrieb seham lakonisch zurück, das wir in ein Feuergefecht mit Einheimischen verwickelt seien. Echter Schweizer Humor halt.

Als ich wieder den Rucksack und mich selber im Schnee eingegraben hatte, nahm ich den Leica wieder zur Hand und legte ihn über den Gewehrschaft auf. 176 und 177 Meter. Ein Blick zurück, ja das passte. Seham war etwa fünfzig Meter entfernt. Bei dieser Entfernung war nichts mehr mit oberer Rückenlinie anhalten, mitten drauf musste es sein.

Wiederum verließ die Kugel den Lauf, super abgekommen, aber es half nichts. Es war wie ein verflixter, surrealistischer Traum. :x Ein Schuß folgte noch, dann war ich sicher: DER VOGEL WAR TOT. So tot wie man nur sein kann. Es gab keine andere Möglichkeit. Seham kam herbei. Ich warf ihm nur noch ein schnoddriges: "Das kannst Du Dir schenken, hier stimmt was nicht." hin, was ihn aber nicht davon abhielt, sich selbst mittels zweier 243 vom Wahrheitsgehalt meiner Aussage zu überzeugen.

Während meine Gedanken mit toten Hähnen, Hähnen aus Eisen und kleinen hahnähnlichen Aliens in Strahlenschutzanzügen beschäftigt waren, rappelte sich seham ebenfalls wieder hoch. Es folgte ein kurzer, für die Aussentemperatur leicht hitziger Wortwechsel. Während er auf seiner völlig unwahrscheinlichen Aussage bestand, der Vogel lebe noch, bot ich ihm eine Wette auf den Tod des Vogels an. Langsam gingen wir wieder zurück zu den abgelegten Skiern und versuchten einen Wetteinsatz zu bestimmen. Seham blickte zurück Richtung Hahn und stieß ein "er reitet ab" aus. Ich fuhr herum ."NIEMALS! Das gibt es nicht. Das kann nur ein anderer Vogel sein, Du musst Dich getäuscht haben." entfuhr es mir. Stur wie nur ein Schweizer sein kann, beharrte er auf dem entfleuchten lebendigen Vogel und so langsam kreisten meine Gedanken in eine andere Richtung, falls, aber nur falls, seine "Wahrnehmungsstörungen" vielleicht ja doch stimmen sollten.

Der Entfernungsmesser :!: "Wir müssen noch einmal eine Kontrollmessung machen, aber diesmal aus einem anderen Winkel." hörte ich mich sagen. Auf der Höhe der letzten Position ging ich fünfzig Meter nach rechts. Dort war die verlassene Spitze gut zu erkennen, da der Schnee an dieser Stelle fehlte und die Kiefernäste in dunklem Grün hervorstachen. Und wirklich, von hier waren es statt der gemessenen 177 Meter plötzlich 265 Meter. Herrje, verflixt nochmal. Dann waren es bei den ersten Schüssen ja fast 320 Meter. Auch die mehrfache Kontrollmessung änderte nicht mehr: Ich hatte mich um 90 Meter vermessen. Also wenn der Hahn schon nicht aus Eisen war, seine Nerven waren es auf jeden aus Stahl. So gesehen, hatte er sich sein Überleben redlich "verdient".

Zumindest war das Rätsel gelöst, der Vogel unverletzt entkommen und das Grundvertrauen in unsere Waffen und Schießkünste wieder hergestellt. Feixend und lachend traten wir den Heimweg an, um die anderen an unseren wertvollen Erfahrungen teilhaben zu lassen.

Glücklicherweise sahen wir an diesem Tag keinen weiteren Vogel, sonst wäre unser Munitionsvorrat vielleicht knapp geworden. :roll: :wink:

Abends verwöhnte uns Varmi mit seinem Darmreiniger (Chilli con Carne). Sehr lecker und leeiiicht scharf.

Rotmilan
 
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Vielen herzlichen Dank den Postern für Berichte und Bilder.
Ich habe die Berichte verschlungen wie als Schulbub Karl Mai.
Ich hab förmlich mitgeschwitzt und im Schnee gelegen Glückwunsch
zur wirklich tollen Jagd.
 
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Rotmilan schrieb:
Tja, wie soll man einen Bericht über einen Jagdtag schreiben, dessen Verlauf man eigentlich nur verstehen kann, wenn man live dabei war. Selbst unsere lieben Jagdfreunde haben uns - nach unserer treuen und wahrheitsgemäßen Schilderung - mit Hohn und Spott bedacht. Hätten wir nur den Mantel des Schweigens über diesen Tag gebreitet - so wäre uns manches Gelächter erspart geblieben. Während ich diese Zeilen schreibe, sehe ich sie schon wieder vor mir: Die Gesichter unserer feinen Mitjäger in der abendlichen Küche, die anfänglich durchaus um Fassung und Interesse bemüht waren. Mit dem Fortgang der Erzählung aber trat das Mitgefühl für das Erlittene immer mehr in den Hintergrund und wich einer hemmungslosen Schadenfreude. :twisted: :twisted: :twisted:

........
Rotmilan

ach rotmilan, warum glaubst du heisst es: "gott bewahre mich vor meinen freunden, vor meinen feinden schütze ich mich selbst"

;-)
 
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3 Jul 2008
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Wir haben bei der Lektüre nochmal herzlich gelacht, es war so schön und euer Erlebnis war einer der Höhepunkte dieser gemeinsamen Jagdwoche...danke dafür! :D

Nehmt es nicht krumm, der Mensch, besonders wenn er Jäger ist, ist halt froh, wenn sich andere noch unbedarfter anstellen als man selber.

Aber zum Verständnis dessen, was dem einen oder anderen da oben in Schweden passiert ist, hatte ich ja schon was geschrieben und zu eurer und unser aller Ehrenrettung kann ich nur bestätigen, daß die Geschichte von den mehrfach getroffenen Hahnen wirklich stimmt. Meiner hatte nämlich auch zwei Schüsse mittendrauf, wie mir mein Präparator inzwischen bestätigte.
 
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hauptsache gelegen sind die meisten. über die div. fehöschüsse lasst uns schweigen

übrigens.... im schwedenfporum wird gerade über eine "neuauflage" diskutiert.... falls jemand der "alten" lust hat ;-)
 

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