- Registriert
- 22 Mrz 2002
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Morgenstimmung
3.30 Uhr, der Wecker schrillt unerbittlich. Knapp vier Stunden Schlaf sind eben doch ein bisschen wenig, aber was soll’s, dafür werden wir ja sicher auch wieder mit jeder Menge Anblick versöhnt. Es ist kurz vor vier, mein Freund setzt uns mit dem Geländewagen ab. Heute sitzen wir am Stoppelacker. Die aus dünnen Stangen erbaute offene Kanzel wackelt beim Aufbaumen bedrohlich. Nur langsam gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit. Noch 10 Minuten, bis sich die ersten Umrisse aus der Dämmerung schälen. Vor uns ein Stoppelacker, etwa 400 Meter lang und ebenso breit. In unserem Rücken eine riesige Eiche und dahinter dehnt sich Wald über mehrere Kilometer aus, lediglich durch eine schwach befahrene Bahnlinie durchschnitten. Der sommerliche Rückenwind treibt den Bodennebel vor sich her und löst ihn Meter für Meter langsam auf. Immer mehr Details, immer weiter reicht der Blick. In der Ferne tauchen Träger und Haupt dreier Stücke Rotwildes auf,
die langsam querab den Acker durchziehen. Faszinierend, als würde jemand langsam den Vorhang lüften, tauchen das Alttier und die beiden Kälber aus den Nebelschwaden hervor. Vergessen ist die Müdigkeit, das Auge labt sich an dieser grandiosen Morgenstimmung.
Die Stoppel rauschen, als eine Rotte Sauen rechts aus dem Erlengestrüpp bei der Bahnlinie auswechselt und im Schweinsgalopp die selbe Richtung einschlagen, in die vorhin auch das Rotwild zog. Im Fernglas beginne ich zu zählen - 15, 17,19, die kleinen Frösche nicht eingerechnet. Auf der fernen Landstrasse hupt ein Laster, die Rotte dreht um 180 Grad, verhofft! Verdammt, können die nicht mal die Kanzeln richtig freischneiden! Die freistehenden Stücke sind von den überhängenden Eichenblättern halb verdeckt, die Leitbache ragt über den Pulk aus Leibern hervor, keine Chance, macht nichts, dann eben das nächste mal. Die große Bache führt ihr Volk geradewegs von uns fort, hinein in den Nebel, hinein in die Unsichtbarkeit.
Ungewöhnlich, eine halbe Stunde lang tut sich nichts. Die aufsteigende Sonne scheint die verbleibenden Nebelfetzen förmlich aufzufressen. Merkwürdig, kommen die heute alle mit dem Zug? Auf 250 Meter bei der Bahntrasse wechselt eine Ricke aus den Erlen, gleich dahinter ein jüngerer Bock, der offensichtlich ein Auge auf die Dame geworfen hat. Die Erde staubt, als dieser unvermittelt und unmissverständlich vom Gatten in seine Schranken gewiesen wird. In schnellen Runden, die Halme rauschen, sucht der junge Rote, vom Platzherrn getrieben, sein Heil in rasender Flucht. Welch ein Anblick, welch ein reifer, massiger Bock.
Eigenartig, keine 200 Schritt von diesem kräftigen, herrlichen Bock entfernt treibt eine weiterer Bock ein Schalreh. Unbeachtet und ignoriert vom dem Starken reitet er auf. Hat der plötzlich nur noch Augen für seine Herzdame, oder hat ihn das vorherige Geplänkel und die fortgeschrittene Blattzeit ermattet? Absprache unter Gentleman, eine unsichtbare Grenze? Keine Ahnung, jedenfalls gesellt er sich wieder zu seiner Geiß und nascht am jungen Grün.
Gute Auflage, gut in der Kanzel verkeilt, der Bock steht jenseits der 200 Meter-Marke, das Absehen tanzt kreuz und quer, auf und ab, es wackelt wie ein Kuhschwanz. Ich stelle die Waffe wieder in die Ecke, zu groß ist mir das Risiko eines Fehlschusses auf diese Distanz, wieder siegt das Gewissen über den Beutetrieb. Gut so!
Der Wind steht günstig, ich überlege gerade, ob ich den Bock anpirschen soll, zu gerne hätte ich ihn gestreckt. Sonderbar, der Alte nimmt mir die Entscheidung ab, als er unvermittelt, er hat gerade mal fünf Minuten auf dem Acker verbracht, wieder in den Bestand einwechselt. Weder der Ansitz am folgenden Tag, noch ein Ansitz auf der anderen Seite der Bahntrasse brachten ihn mir noch einmal zu Gesicht. Eventuell sehen wir uns im folgenden Jahr, zu Beginn der Blattzeit wieder.
Ein üppiges Frühstück, dampfender Kaffee erwartet uns in unserer kleinen, gemütlichen Privatunterkunft, direkt bei lieben Freunden. Hier besprechen wir Gesehenes und Erlebtes, unsere weiteren Pläne für den Abendansitz. Aber das ist eine weitere Geschichte.
3.30 Uhr, der Wecker schrillt unerbittlich. Knapp vier Stunden Schlaf sind eben doch ein bisschen wenig, aber was soll’s, dafür werden wir ja sicher auch wieder mit jeder Menge Anblick versöhnt. Es ist kurz vor vier, mein Freund setzt uns mit dem Geländewagen ab. Heute sitzen wir am Stoppelacker. Die aus dünnen Stangen erbaute offene Kanzel wackelt beim Aufbaumen bedrohlich. Nur langsam gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit. Noch 10 Minuten, bis sich die ersten Umrisse aus der Dämmerung schälen. Vor uns ein Stoppelacker, etwa 400 Meter lang und ebenso breit. In unserem Rücken eine riesige Eiche und dahinter dehnt sich Wald über mehrere Kilometer aus, lediglich durch eine schwach befahrene Bahnlinie durchschnitten. Der sommerliche Rückenwind treibt den Bodennebel vor sich her und löst ihn Meter für Meter langsam auf. Immer mehr Details, immer weiter reicht der Blick. In der Ferne tauchen Träger und Haupt dreier Stücke Rotwildes auf,
die langsam querab den Acker durchziehen. Faszinierend, als würde jemand langsam den Vorhang lüften, tauchen das Alttier und die beiden Kälber aus den Nebelschwaden hervor. Vergessen ist die Müdigkeit, das Auge labt sich an dieser grandiosen Morgenstimmung.
Die Stoppel rauschen, als eine Rotte Sauen rechts aus dem Erlengestrüpp bei der Bahnlinie auswechselt und im Schweinsgalopp die selbe Richtung einschlagen, in die vorhin auch das Rotwild zog. Im Fernglas beginne ich zu zählen - 15, 17,19, die kleinen Frösche nicht eingerechnet. Auf der fernen Landstrasse hupt ein Laster, die Rotte dreht um 180 Grad, verhofft! Verdammt, können die nicht mal die Kanzeln richtig freischneiden! Die freistehenden Stücke sind von den überhängenden Eichenblättern halb verdeckt, die Leitbache ragt über den Pulk aus Leibern hervor, keine Chance, macht nichts, dann eben das nächste mal. Die große Bache führt ihr Volk geradewegs von uns fort, hinein in den Nebel, hinein in die Unsichtbarkeit.
Ungewöhnlich, eine halbe Stunde lang tut sich nichts. Die aufsteigende Sonne scheint die verbleibenden Nebelfetzen förmlich aufzufressen. Merkwürdig, kommen die heute alle mit dem Zug? Auf 250 Meter bei der Bahntrasse wechselt eine Ricke aus den Erlen, gleich dahinter ein jüngerer Bock, der offensichtlich ein Auge auf die Dame geworfen hat. Die Erde staubt, als dieser unvermittelt und unmissverständlich vom Gatten in seine Schranken gewiesen wird. In schnellen Runden, die Halme rauschen, sucht der junge Rote, vom Platzherrn getrieben, sein Heil in rasender Flucht. Welch ein Anblick, welch ein reifer, massiger Bock.
Eigenartig, keine 200 Schritt von diesem kräftigen, herrlichen Bock entfernt treibt eine weiterer Bock ein Schalreh. Unbeachtet und ignoriert vom dem Starken reitet er auf. Hat der plötzlich nur noch Augen für seine Herzdame, oder hat ihn das vorherige Geplänkel und die fortgeschrittene Blattzeit ermattet? Absprache unter Gentleman, eine unsichtbare Grenze? Keine Ahnung, jedenfalls gesellt er sich wieder zu seiner Geiß und nascht am jungen Grün.
Gute Auflage, gut in der Kanzel verkeilt, der Bock steht jenseits der 200 Meter-Marke, das Absehen tanzt kreuz und quer, auf und ab, es wackelt wie ein Kuhschwanz. Ich stelle die Waffe wieder in die Ecke, zu groß ist mir das Risiko eines Fehlschusses auf diese Distanz, wieder siegt das Gewissen über den Beutetrieb. Gut so!
Der Wind steht günstig, ich überlege gerade, ob ich den Bock anpirschen soll, zu gerne hätte ich ihn gestreckt. Sonderbar, der Alte nimmt mir die Entscheidung ab, als er unvermittelt, er hat gerade mal fünf Minuten auf dem Acker verbracht, wieder in den Bestand einwechselt. Weder der Ansitz am folgenden Tag, noch ein Ansitz auf der anderen Seite der Bahntrasse brachten ihn mir noch einmal zu Gesicht. Eventuell sehen wir uns im folgenden Jahr, zu Beginn der Blattzeit wieder.
Ein üppiges Frühstück, dampfender Kaffee erwartet uns in unserer kleinen, gemütlichen Privatunterkunft, direkt bei lieben Freunden. Hier besprechen wir Gesehenes und Erlebtes, unsere weiteren Pläne für den Abendansitz. Aber das ist eine weitere Geschichte.