Moin moin,
ich habe die DVDs auch gesehen und "das" Buch gelesen. Vorab: Mir gefällt der Tabel besser als der Markmann. Trotzdem finde ich den Fichtlmeier auch sehr gut - ich hoffe, das Statement ist für die, die die Literatur kennen, nachvollziehbar.
Fichtlmeier setzt sich konsequent gegenüber dem Hund als Alphatier durch. Das Tabelsche "nie zuviel Stress, immer Liebeln" walzt er halt breit. Aus Marketinggründen zur Differenzierung von den Klassikern breiter als nötig. Was er hat, was ich im Tabel nicht finde ist die Aufforderung, auf den Hund zu achten - schaut der Hund nach mir, muss ich für ihn da sein. Sonst geht der Hund seine eigenen Wege. Grundsätzlich steht und fällt bei ihm alles mit dem Konnex zwischen Hund und Führer (ist aber bei den Klassikern auch so - wer seinen Hund zum Seelenkrüppel gebrochen hat, soll sich nicht auf den Tabel berufen). Der Hund ist bei ihm aber extrem abhängig vom Führer.
Das ist dann auch schon Voraussetzung für einen der beiden großen Unterschiede zu den Klassikern: Die Leinenführigkeit. Er vertritt den Ansatz, ruhig aber bestimmt zu ziehen, wenn der Hund zurückbleibt (härter als der hier "liebelnde" Tabel) und wenn der Hund vorprellt bleibt er einfach stehen (weicher als der "böse" Tabel). Dieses "Auslöschen durch Ignorieren" hat er natürlich nicht erfunden, das findet sich auch bei anderen Hundeautoren (meine Älteste hat ein Buch, das ich unter "Hunde-Watson" abgehakt habe, Clicker etc., in dem das auch vorkommt. Autor und Titel habe ich nicht parat, steht in ihrem Regal und soll dort auch Staub fangen)
Beim Apport vertritt er die Methode "Dürfen, nicht müssen", baut also auch auf die Abhängigkeit des Hundes vom Führer. Der Hund bekommt was vom Führer im Austausch, wenn er was bringt, namentlich Leckerli und Zuwendung.
Im Ergebnis sind seine Hunde extrem führerbezogen, besser abhängig vom Führer. Das Stöbern wie eine Wachtel geht mit den unselbständigen Hunden nicht.
Die Bringtreue schießt über. Seine Emma bringt ihm alles was sie findet - ist eben ihre Methode, Zuwendung zu erlangen.
Den Appell drillt er bei jeder Gelegenheit. Die Welt wird in Rot und Grün (z.B. Go- und No-Go-Areas) eingeteilt, der Hund hat vor dem Futternapf zu sitzen, bis der Führer sagt "go", ... Findet sich bei den Klassikern auch nicht anders.
Inhaltlich finde ich seine Arbeit sehr interessant und anregend. Der Messias ist er aber nicht.
Zur Qualität seiner Seminare und seiner persönlichen Qualifikation möchte ich kurz anmerken, dass er "aus Versehen" zu seinem Hund "Bitte" sagt. Auch könnten die Ausführung zur Achtung des Hundes in seinem Buch mancher Kindergärtnerin zu einem Quantensprung in der Qualität der Arbeit mit Kindern gereichen.
Ob allerdings das Format "Hundeführerseminar", welches immer "informationslastig" ist, geeignet ist, um Verhaltensdefizite bei Hundeführern aufzuarbeiten und zu therapieren, wage ich als diskussionswürdig zu bezeichnen. Es sollten IMHO deswegen ein paar Diskusionslinien getrennt werden:
- Inhalte von Fichtlmeier (finde ich interessant)
- Person Fichtlmeier (scheint mir ein achtsamer Mensch zu sein, ich kenne aber nur seine Videofassade)
- (Wochenend-)Seminar als Verhaltenstraining (halte ich für völlig ungeeignet)
Nun haut mal rein!
Gruß,
JuJä