Ein anderer Heimweg aus besagtem Revier. Eine enge, sich häufig windende Straße durch den Wald. Plötzlich ein Stau, die Straße komplett voll – es so gegen 1 Uhr in der Nacht. Von vorne in bestimmt 50 Meter Entfernung gleißend helles Licht, mehrere Krankenwagen, Polizeiautos und die Feuerwehr.
Wie alle Anderen stand und stand ich. Schließlich musste ich mal wirklich dringend, bin einfach raus (es war ja links und rechts der Straße Wald) und bin mal für kleine Königstiger.
Ein Polizist ging gerade die Straße entlang, wohl zu seinem Streifenwagen, der weit hinter mir im Stau stand. Er fragte mich (ich war natürlich schon wieder auf dem Weg zum Auto) ob ich denn Jäger sei.
Ob mich die Gummistiefel verraten haben?
Ich bejahte das. Ob ich denn bereit sei, einen Fangschuß auf ein verletztes Reh abzugeben, das vorne am Unfallort liege. Die Polizei selbst mache das nicht mehr, weil sie dann so viele Berichte schreiben müssten.
Warum nicht, dachte ich.
Ich holte also aus dem Köfferchen im Kofferraum meine getunfishte Glock 24 mit 6“ Customlauf in 357 SIG und Carrycomp. Und einen Gehörschutz.
Magazin in die linke Manteltasche, Pistole in die rechte Manteltasche. (Es war Winter, vielleicht Februar oder März und saukalt.)
Dann bin ich mit dem Typ da vor.
Auf der Straße lagen zwei abgedeckte Körper, drei Autos waren schlimm ineinander verkeilt. Offenbar war ein Auto in den Gegenverkehr gezogen und dort mit einem anderen Wagen zusammengeprallt, auf den ein weiteres Auto aufgefahren war.
In einem Rettungswagen arbeiteten mehrere Sanitäter oder Ärzte hektisch an einem Patienten. Auf der Straße waren Feuerwehrleute mit seltsamen Werkzeugen befasst – wo eine Art riesige Blechschere, wenn man die Autos betrachtete – die sie wohl gerade am Einpacken waren.
Alles mit hellen Strahler in Ballonähnlichen Gebilden taghell erleuchtet und Generatoren liefen.
Dann zeigte mir der Polizist ein Reh, das am Straßenrand lag. Man hatte ihm eine weiße Plastiktüte über den Kopf gezogen „damit es keinen Stress hat“.
Ob ich das „erschießen“ können, sie würden so etwas nicht mehr machen.
Ich sah mich um. Überall Leute, alles Zuschauer. „Hätte ich doch bloß die Fresse gehalten“ und „So einen **** mache ich nie wieder!“ ging mir durch den Kopf.
Dennoch, der Polizist hatte mich vor mehreren anderen Polizisten explizit gebeten, das Reh „zu erschießen“ der Untergrund war weicher Waldboden.
Also Gehörschutz auf und einen Doppelschuss abgegeben. Mit dem Carrycomp hat das schon schön geknallt.
Das Reh schlegelte noch ein bißchen, zwei Feuerwehrleute kamen angerannt (!) um sich dem nun toten Reh zu widmen. Was die da sehen wollten?
Auf mich kam der Polizist zu, der wissen wollte „mit was um Gottes Willen ich denn da geschossen hätte“ und ließ mich wissen, dass ich „das Reh nun aber nicht aufbrechen dürfe, weil das sonst Wilderei“ sei.
Ich sagte es ihm. Dann wollte noch wissen, „wo genau ich eigentlich auf die Jagd ginge“ und er wollte meinen Jagdschein (aber nicht die Waffenbesitzkarte) sehen.
Da der Unfall wirklich schlimm war und es drei Tote gegeben hatte (eines der Autos war voll mit Teenagern auf dem Weg von der Disco gewesen) stand der Vorfall auch in der Zeitung.
Dort war zu lesen „Ein Jäger kam und erlegte auf Anweisung der Polizei das verletzte Reh.“
Ich würde so etwas in der Form niemals wieder machen.