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- 8 Jan 2005
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Erntetage
So wie der Landwirt mit Ende des Sommers die Ernte seiner Felder einfährt, kommt auch der Jäger mit Ausgang des Herbstes in den Genuss jagdlicher Beute. Die Blätter sind gefallen, die Bäume kahl und langsam sollte vor Weihnachten die Gefriertruhe gefüllt werden, um nicht noch auf den letzten Drücker in Hektik zu verfallen. Häufig trudelt vor den Festtagen noch die eine oder andere Bestellung ein, sodass es mitunter schon in Stress ausarten kann in den verbliebenen Tagen und bei zusehends schwindender Tagesdauer die bestellten Stücke zu erlegen.
Um diesem Umstand entgegenzuwirken habe ich mir dieses Jahr fest vorgenommen in aller Ruhe im November jagen zu gehen. Die momentane Wetterlage mit nahezu frühlingshaften Tagestemperaturen, morgendlichem Raureif und Windstille lässt das Jagen zu einem Genuss werden. Die Natur präsentiert sich nochmal in allen Facetten und zeigt ihr schönstes Gesicht. Drei Tage Zeit habe ich, um im Revier den einzelnen Wildarten nachzustellen und Beute zu machen.
Ein Versuch - Taubenanstand
Am ersten Nachmittag mache ich mich bepackt mit Flinte, Bergstutzen und Fernglas auf den Weg. Zuerst möchte ich an einer größeren, von Hecken und Waldrändern umschlossenen Wiese auf Tauben anstehen. Nachdem zwei 2,7 mm Patronen in die Querflinte eingeschoben sind pirsche ich gemächlich und langsam schlendernd am Waldrand entlang.
Das Eichenlaub ist trocken und schiebt sich bei jedem Schritt langsam vor mir her. In guten einhundert Meter Entfernung steigen bereits drei Tauben aus einer hohen Rotbuche ab und entschwinden meinem Blick hinter der nächsten Hecke. Die Gewissheit beruhigt – sie sind noch da und noch nicht weitergezogen. Unter besagter Buche angekommen richte ich mich hinter einer noch mit braunem Laub behangenen Jungbuche ein und harre der Dinge. Von hinten scheint mir die Sonne in den Nacken und es weht kein Lüftchen.
Nach guten zwanzig Minuten des Wartens streichen von rechts zwei Ringeltauben an und kommen in schnellem Schwingenschlag näher. Jetzt haben sie meinen Stand erreicht und sind in Schrotdistanz. Der Schuss fällt – die Taube nicht, sondern streicht unbeirrt weiter. Einen zweiten Schuss bringe ich nicht heraus, schon sind sie weg. Bis die Enttäuschung über den missglückten Schuss gewichen ist dauert es hingegen einige Zeit länger. Hinter mir im Buchenwald macht es gleichmäßig und unaufhörlich „dock dock dock“. Es dauert einige Zeit, bis ich den Verursache entdeckt habe: Ein Buntspecht mit seinem dreifarbigen Gefieder klettert an den Baumstämmen herum und bearbeitet mal hier, mal da mit seinem Meiselschnabel die Borke. Nun lässt er auch seinen hellen Ruf ertönen, schwingt sich von einem Baum zum nächsten und gleitet mit dem typischen Wellenflug in ein anschließendes Wäldchen weiter.
Von vorne kommen fünf Ringeltauben auf mich zu, fast hätte ich sie verpasst. Auf gute einhundert Meter machen sie jedoch eine Linksdrehung und kommen am Waldrand, zwar hoch, aber dennoch in Reichweite der Schrote. Der abgegebene Schuss auf die letzte der Tauben lässt mich jedoch ernüchternd in die Röhre schauen. Kein Himmeln, keine Feder, lediglich den Schrotbecher sehe ich fliegen. Die Tauben machen sich von dannen und die Sonne verliert zusehends an Höhe. Es ist nunmehr fast vier Uhr und langsam aber sicher muss ich mich zum Ansitz begeben, wenn ich an der hohen Kanzel noch ein paar Sonnenstrahlen genießen will.
Hasenansitz
Vorsichtig erklimme ich die hölzernen Sprossen der an der Waldecke stehenden Kanzel. Beim Öffnen der Tür schwirren mir einige Schmeißfliegen entgegen und im Türspalt haben sich wohl hunderte von Marienkäfern angesammelt. Nachdem ich es mir gemütlich gemacht habe und die Fenster geöffnet sind, genieße ich den Ausblick über das Revier. Von diesem Platz aus kann man über das Dorf bis auf die gegenüberliegende Revierseite blicken. Die Bäume werfen immer längere Schatten, lediglich die Kronen erscheinen noch im Glanz der letzten Sonnenstrahlen. Ein langanhaltender, heller und zugleich melodischer Pfiff lässt mich aus meinen Gedanken fahren – direkt hinter mir im Buchenbestand sitzt ein Schwarzspecht an einem der Stämme und lässt seinen Ruf erklingen. Mit dem Fernglas kann ich den schwarzen Gesellen ausfindig machen und ihn einige Sekunden beobachten, ehe er unter einem erneuten Ruf im Altholz verschwindet. Zusehends wird es dämmeriger und ich rechne langsam aber sicher mit Wildanblick. Die im trockenen Falllaub raschelnden Mäuse und die letzten zu Boden fallenden Eicheln machen es leider nicht einfacher mit dem „Ohr zu sehen“. Letztlich meine ich jedoch das Tapsen eines Rehes zu vernehmen und richte meinen Blick in den Wald. Auf einem Rückeweg kommt es: im Fernglas erkenne ich jedoch, dass es ein Hase ist – so kann man sich also täuschen! Der Bergstutzten gleitet an die Schulter und ich richte mich ein. Ehe Meister Lampe im Absehen erscheint ist er mit einem Satz in der Buchennaturverjüngung verschwunden. Lediglich an den Geräuschen kann ich ihn nun akustisch verfolgen und er nähert sich dem Waldrand. Hier grenzt ein Saatacker an und ich richte mich ein. Dann sehe ich wieder die Löffelspitzen aus den Buchen schauen und der Hase scheint zu sichern; dennoch höre ich aus gleicher Richtung weiter Geräusche im Falllaub – ein zweiter Hase?
Wie so oft geht alles ganz schnell: Der Hase macht einen Satz und sitzt unter der Kanzel, ein zweiter folgt aus den Buchen und sitz daneben. Direkt unter mir haben sich nun beide eingefunden und beratschlagen wohl, welcher Äsungsplatz als erstes angelaufen werden soll. Langsam und ab und an sichernd hoppeln beide zu Felde. Als auf guten 40 Metern einer der beiden inne hält und breit sitzt, fällt der Schuss. Den Hasen wirft es direkt um und sein Kompagnon hoppelt irritiert zwanzig Meter weiter. Eine Ersatzpatrone hatte ich mir in weiser Voraussicht bereits bereitgelegt und so habe ich schnell nachgeladen. Lampe sitzt immer noch an gleicher Stelle und wird nach einem weiteren Schuss hinter das Blatt zur schnellen Beute. Zufrieden bin ich und öffne die Kipplaufwaffe. Heller Dampf steigt auf und entschwindet aus dem Fenster in die beginnende Nacht. Nach einer kurzen Wartezeit stapfe ich über den Acker und nehme die beiden strammen Waldhasen auf. Ein Rammler und eine Häsin sind es die heute Abend zum letzten Mal gemeinsam ausgerückt sind. Weitere werden ihnen noch folgen, denn an dieser Stelle hat es keinen Hasenmangel.
Baujagd
Am nächsten Morgen wollen wir in einem benachbarten Revier zu viert die Fuchsbauten kontrollieren. In Begleitung meines Jagdterrierrüden fahre ich durch die noch leicht nebelverhangene und mit Raureif bedeckte Landschaft. Vor Ort angekommen begrüßt man sich kurz und routinemäßig werden die elf im Revier verteilten Kunstbauten abgeklappert. Wir beginnen an einem kleinen Kiefernwäldchen, dessen Bau vor ein paar Jahren einmal vier Rotröcke auf einmal beherbergte. Eine Fähe hatte sich dort mit drei Rüden eingeschoben, wovon wir drei der roten Schelme erbeuten konnten.
Heute bewindet der Terrier kurz die Röhre und arbeitet dann eine Spur aus, bis er schließlich im dichten Gestrüpp des Brombeerunterwuchses meinem Blick entschwindet. Wohl kein Fuchs zu hause. Aber da dieses Wäldchen auch alle Jubeljahre für ein Kaninchen gut ist warten wir, ob nicht doch eines der Lapuze irgendwo steckt. Nach einer viertel Stunde kommt mein Hund wieder aus dem Wäldchen ohne, dass wir Wild in Anblick hatten. Weiter geht es zum nächsten Bau. Hier wiederholt sich das Spiel: Der Hund bewindet sichtlich interessiert die Einfahrt und arbeitet dann eine Spur aus, lässt sich abrufen und wird angeleint – ein klares Zeichen dafür, dass Reineke sich heute empfohlen hat.
Kein Wunder bei dem heutigen Wetter. Zwar liegen einige Stellen der kupierten Landschaft noch in dichten Nebelfeldern, doch insbesondere auf den Höhen hat sich die Sonne mittlerweile durchgesetzt und wärmt uns den Nacken. Der Raureif hält unterdessen eisern an den Sträuchern und Beeren der freien Feldflur fest und umrandet diese malerisch. Heckenrose, Schwarz- und Weißdorn, sowie Brombeerlaub sind samtig von einem weißen Eiskranz umschlossen und wirken märchenhaft.
Wir fahren unterdessen von einem Bau zum nächsten, doch das Ergebnis bleibt das gleiche: Kein Bau ist befahren. Lediglich einen Hasen und eine Geiß mit ihren beiden wohlgenährten Kitzen bekommen wir in Anblick. Nach einem abschließenden kurzen Plauder verabschieden wir uns bis zum nächsten Mal.
Hasen verwerten – Teil 1
Nachdem die Utensilien der Baujagd wieder an ihrem Platz verstaut und der Hund mit frischem Wasser versorgt im Zwinger ist, mache ich mich an die Verwertung der beiden Kugelhasen vom gestrigen Ansitz. Hierzu lege ich mir alle benötigten Utensilien auf dem Küchentisch bereit: Messer, Schärfer, Rosenschere, Schneidebrett, Küchenrolle, Vakuumiergerät, Beutel, Lachsbretter, Aufkleber.
Der erste Hase, ein wahrlich feister Rammler, wird auf den Bauch gelegt und ein über den Rücken quer verlaufender Schnitt geführt.
Mit beiden Händen wird anschließend der Balg zu jeder Seite auseinandergezogen. Bei Bedarf muss man entlang der Bauchlappen bzw. im Bereich der Schlegel etwas mit dem Messer nachschärfen. Im Regelfall lässt sich der Balg jedoch gut ziehen, sodass innerhalb weniger Sekunden „dem Hasen das Fell über die Löffel gezogen ist“.
An den Keulen angekommen werden die Balgpartien bis zu den Hinterläufen bzw. der Blume gezogen und diese freigelegt.
Mithilfe der Rosenschere können nun zuerst die Hinterläufe…
…und dann die Blume abgetrennt werden.
Ist diese Arbeit verrichtet, widmet man sich wieder der vorderen Körperpartie, bis man schließlich am Kopfansatz angelangt ist.
Der Kopf wird ebenso wie die Vorderläufe abgetrennt, wobei bei der Entfernung des Mümmelhauptes die Zuhilfenahme eines Messers die Arbeit etwas erleichtert.
Nachdem nun der Balg vollständig entfernt ist, kann mit der Zerlegung des Hasen begonnen werden. Hierzu schneidet man zunächst an den Bauchlappen entlang, von den Keulen beginnend bis zur letzten Rippe.
Nun kann man mit der Rosenschere die Rippen knapp am Rücken abtrennen und den Hasen von vorne zerlegen. Da bei diesem Hasen ein Vorderblatt leider zerschossen war, wurde dieses einschließlich des Blutergusses und der zerstörten Rippen großzügig entfernt. Abschließend trenne ich die Keulen vom verbliebenen Rücken, indem ich mit dem Messer entlang der letzten Rückenwirbel entlangfahre und die Keulen links und rechts durch sanften Druck von den Beckenknochen löse.
Nachdem so alle verwertbaren Einzelteile des Hasen getrennt sind, reinige ich das Fleisch noch von überschüssigem Fett, insbesondere im Bereich der Lenden, entferne das ein oder andere Haar, sowie die auf dem Rücken befindliche Silberhaut. Am Ende der Arbeit liegen die Einzelteile sauber und ansehnlich vor mir auf dem Schneidebrett. Auch Ein Kugelhase mit Schuss hinter das Blatt kann noch gut verwertet werden (Kaliber 222.Rem)!
Der Rücken wird aufgrund der abgeschnittenen Rippenbögen und der so entstandenen spitzen Enden zum Vakuumieren auf ein Lachsbrett gesetzt.
Ein entsprechend dimensionierter Beutel wird vorsichtig über das Fleisch gezogen und anschließend alles eingezogen.
Selbiges geschieht mit den beiden Keulen, sowie dem dazwischen gelegten Vorderblatt.
Nach zwei Stunden Arbeit sind die beiden Waldhasen verarbeitet und das Fleisch entsprechend „kundenfreundlich“ verpackt.
Hasen verwerten – Teil 2
Der Rest der beiden erlegten Hasen, das heißt Aufbruch, Balg, Läufe und Abschnitte, kommt in einen großen Eimer und am gleichen Abend mit ins Revier. Dort angekommen inspiziere ich den eigens für Meister Reineke angelegten Luderplatz an meiner Lieblingskanzel und stelle dort mit Freude fest, dass nach Wochen der Abstinenz offensichtlich langsam, aber sicher wieder Betrieb herrscht. Der Pferdemist ist an mehreren Stellen auseinandergekratzt und Reineke scheint dort nach Mäusen oder Luder gegraben zu haben. Schnell ist der Eimer mit den Hasenabfällen unter der Palette verschwunden und das ganze gegen die Blicke der Mäusebussarde und Rabenkrähen mit einem Berg Mist abgedeckt.
Entenstrich
Nach der Luderplatzkontrolle fahre ich in die Niederung des Reviers, wo ich den Tag beim abendlichen Entenstrich ausklingen lassen möchte. Langsam stapfe ich dem Bachlauf entgegen und sehe zuerst nach, ob sich nicht schon ein Breitschnabel auf dem Fließgewässer eingefunden hat. Da dies jedoch nicht der Fall ist, suche ich mir einen günstigen Platz hinter einem Erlenstrunk und setze mich auf den mitgebrachten, schwarzen und natürlich umgedrehten Ludereimer. So lässt es sich doch einfach besser aushalten. Die Gesichtsmaske und dunkle Handschuhe habe ich mir schnell übergestreift und die Enten können kommen. Die Dämmerung senkt sich immer tiefer über das Land und die Geräusche in der Natur werden weniger. Hinter mir höre ich ein „Plumpsen“ im Wasser und wie ich mich umdrehe sehe ich, wie ein türkisener Diamant einige Zentimeter oberhalb des Wasserspiegels entlangsaust und hinter der nächsten Bachbiegung verschwindet – der Eisvogel hat mir einen kurzen Besuch abgestattet. Nach diesem schönen Erlebnis genieße ich die nun aufsteigende Stimmung und schaue mir die sich gegen den Himmel abzeichnenden Bäume und Äste an. Wie Finger einer Hand ragen sie in den Himmel und spiegeln sich in der glatten Wasseroberfläche wider.
In meinen Gedanken versunken hätte ich beinahe die ersten Enten verpasst. Hinter meinem Rücken sind sie ohne jegliche Vorankündigung eingeschwenkt und haben sich auf der Wasserfläche niedergelassen. Drei Stück sind es an der Zahl. Für gewöhnlich kommen sie immer von vorne und drehen vor dem Einfallen einige Runden, sodass man durch das typische Klingeln vorgewarnt wird. Hinter mir paddeln die drei auf wenige Meter an mir vorbei, an eine Bewegung ist kaum zu denken. Langsam, Zentimeter für Zentimeter, geht mein Griff zur Flinte und den Gehörschutz schaffe ich auch noch aufzusetzen. Ich hoffe, dass die Enten gleich aufsteigen und mir im Abstreichen eine passable Chance liefern. Als ich den Moment für günstig halte schnalze ich laut mit der Zunge und die Enten steigen auf, fliegen jedoch flach über der Wasseroberfläche entlang und entschwinden meinem Blick, gedeckt durch allerhand Uferbewuchs. Enttäuscht senke ich die Flinte wieder und warte weiter ab.
Im fast letzten Licht kommen schließlich doch noch zwei einzelne Enten. Die erste fällt nach einem Schuss auf die Wasseroberfläche. Die zweite ist zunächst von Geäst verdeckt und der Schuss geht fehl. Noch lange kann ich den Wasservogel mit meinen Augen verfolgen, bis er schließlich in der Nacht meinem Blick entschwindet. Nun will ich es gut sein lassen und mache mich auf die Suche nach meiner Ente. Wie es häufig ist: man meint sich die richtige Stelle gemerkt zu haben und wird doch nicht fündig. Am nächsten Morgen will ich es nochmal versuchen.
Entenpassen
Es ist wieder ein für dieses Jahr typischer Novembermorgen: Raureif hat sich wie Zuckerguss über die Landschaft gezogen und bei jedem Schritt brechen die Eiskristalle knisternd im Gras. Ich laufe mit der Flinte an einem breiten Bauchlauf entlang und sehe schon von weitem einen Schof von gut dreißig Enten. Sie paddeln in den ersten Sonnenstrahlen auf der eisfreien Fläche des Baches. Als ich näher komme steigen sie jedoch auf fünfzig Meter Entfernung auf, schrauben sich schnell in die Höhe und drehen zum Abschied eine Runde über mir. Leider viel zu hoch, aber dennoch ein schöner Anblick. Die Fahrt geht weiter zu einem kleinen in der Feldgemarkung gelegenen Teich. Im Vorbeifahren erhasche ich einen kurzen Blick und sehe Erpel und Ente an einer eisfreien Fläche sitzen. Das Auto stelle ich leicht verdeckt in der Nähe ab und pirsche blickgeschützt durch etwas Schilf näher. Langsam recke ich meinen Blick hinter den Stängeln des Reet hervor und schaue auf die eisfreie Fläche: nichts! Das kann doch nicht sein, haben sich die Enten, ohne dass ich es mitbekommen habe, empfohlen? Leider kann ich den letzten Zipfel der Wasserfläche nicht einsehen, da der Rand mit dichtem Bewuchs bestanden ist. Ich pflücke einen der letzten Äpfel von einem nahen Baum und werfe diesen an die vermutete Stelle. Der Apfel schlägt auf der dünnen Eisfläche ein und nichts regt sich. Ich will schon aufgeben, laufe noch einige Meter nach vorne und plötzlich steigen wie aus dem Nichts die beiden Breitschnäbel auf. Der Erpel ist zunächst von Geäst verdeckt, die Ente streicht über einige Fichten noch schlechter ab. Der erste Schuss auf den Grünköpfigen geht fehl, im zweiten Schuss sackt die Ente zusammen und fällt bei einem nahen Wassergraben herunter. Mit den beiden Hunden laufe ich den Graben ab und nach kurzer Zeit haben sie den bunt schillernden Vogel gefunden.
Nun fahr ich nochmal zur Stelle des gestrigen Entenstrichs. Keine Enten liegen hier heute Morgen, nur der Morgendunst steigt langsam aus dem Bachbett auf. Knackend kalt ist es hier und der langsam dahinfließende Bachlauf an den meisten Stellen mit einer dünnen Eisschicht überzogen. Ein Blick zur gedachten Stelle und ich sehe den Erpel verendet am Rand liegen. Er ist zu einem großen Teil von der Eisschicht eingeschlossen und der Terrier hat seine Last den für ihn großen Vogel von der Eisdecke freizubekommen. Schließlich gelingt es doch und sichtlich stolz wie Oskar kommt der Hund mit der Beute auf mich zu.
An einem nahen Weidezaun, welcher ebenfalls mit einer schönen Schicht der weißen Kristalle überzogen ist, machen wir zur Erinnerung ein Foto und genießen die anmutige Morgenstimmung. Schöner kann es nicht sein.
Enten verwerten
Nachdem die Hunde getrocknet und versorgt sind, mache ich mich daran die Enten ihres Federkleides zu berauben. In der wärmenden Morgensonne sitze ich hinter dem Haus und rupfe in aller Ruhe die Federn büschelweise aus. Die Arbeit geht leicht von der Hand und nach einer halben Stunde ist zumindest die „grobe Arbeit“ erledigt.
In der Küche wird dann noch der verbliebene Flaum gezupft, die Paddel entfernt und die Schwingknochen im Schultergelenk sauber abgetrennt – schließlich dürfen beim Einvakuumieren keine spitzen Knochen hervorstehen.
Nachdem die beiden gerupften Enten ausreichend gereinigt sind verschwinden sie in einer Tüte, werden eingezogen und wandern direkt in den Gefrierschrank.
Rehwildansitz
Den letzten Abend möchte ich dazu nutzen die drei erlebnisreichen Jagdtage bei einem Ansitz auf Rehwild ausklingen zu lassen. Ich habe mich für eine kleine und überdachte Leiter am Rande eines Buchenwaldes entschieden. Dieser liegt auf einer Anhöhe mitten in der freien Feldflur und ist gute zehn Hektar groß. In früheren Zeiten soll an der höchsten Stelle eine Burg gestanden haben. Große Rotbuchenüberhälter ragen dort heute in den Himmel und lassen erahnen, was sich dort früher abgespielt hat. Umschlossen von Wiesen und Saatäckern bietet dieser Wald dem Rehwild einen reich gedeckten Tisch. Besonders in diesem Jahr ziehen die zahlreichen Eicheln die Rehe in die Randbereiche des Waldes, denn in den leicht vorgelagerten Knicks stehen zahlreiche Eichen.
Es ist viertel nach vier und die letzten Sonnenstrahlen liegen flach auf dem Land, als ich der Leiter entgegenpirsche. Die letzten Meter stapfe ich durch knöchelhohes Eichenlaub und habe meinen Sitzplatz erreicht. Nachdem ich mich eingerichtet habe glase ich zuerst die Umgebung ab und genieße dann die Abendstimmung. Noch ist kein Wild zu erblicken; lediglich ein paar Rabenkrähen haben es sich in übermächtig erscheinenden Lärchen bequem gemacht und warten auf die Nacht. Hier und da zetert eine Amsel, ein Eichelhäher rätscht. Der Blick nach vorne weist auf eine gemulchte Pferdekoppel, welche am oberen Rand an den beschriebenen Buchenwald mit den am Rand stehenden Lärchen anschließt.
Linkerhand kann ich einen Saatacker einsehen, welcher ebenfalls am oberen Rand den Wald berührt. Auf diesem Acker erwarte ich auch die austretenden Rehe.
Besonders lange brauche ich auch nicht zu warten, bis am Rand der Buchen ein Stück Rehwild erscheint. Ohne jede Vorwarnung ist es gekommen, kein Rascheln im Laub, kein Amselgezeter, nichts. Es sichert lange, dann ist auch ein zweites Stück im Bestand zu erahnen. Die Ricke nimmt ihre Sache sehr genau und lässt sich Zeit. Schließlich scheint das Misstrauen verflogen und hinter der Ricke zuckeln Geiß- und Bockkitz auf den Saatacker. Noch stehen sie mir zu nahe am Waldrand und zu eng nebeneinander. Da sie jedoch langsam aber sicher auf mich zuhalten bin ich zuversichtlich, dass ich in den nächsten Minuten eines der beiden Kitze strecken kann.
Doch es ist wie verhext. Die beiden Kitze stehen entweder sehr eng nebeneinander, werden durch die Geiß verdeckt, um anschließend wieder direkt hintereinander zu stehen. Es ist nicht möglich einen vernünftigen Schuss anzubringen, ohne eines der beiden anderen Stücke zu gefährden. Die Drei kommen immer näher und ehe ich richtig ausgedacht habe, stehen sie direkt am Fuß der Leiter und knacken eine Eichel nach der anderen. Das Brechen der Früchte unter dem Mahlwerk der Ober- und Unterkiefer ist gut zu vernehmen und mit bloßem Auge erkenne ich die reich gefüllten Backentaschen der Rehe. Nur wenige Meter trennen mich von der ersehnten Beute und dennoch ist sie unerreichbar – so nah und doch so fern kann Jagd manchmal sein. Mit einem Mal werfen alle drei Rehe auf und werden nervös. Haben sie nun doch Wind bekommen? Der Blick der Drei weißt jedoch über die Pferdekoppel in Richtung Waldrand. Dort erscheinen weitere zwei Rehe, die ich jedoch aufgrund der bereits hereingebrochenen Abenddämmerung nicht mehr ansprechen kann. Ein Kitz ist jedenfalls nicht darunter, aber diese Erkenntnis hilft auch nur bedingt. Die beiden Stücke stehen scheibenbreit auf gute siebzig Meter und der Schuss wäre eine Leichtigkeit. Ich konzentriere mich jedoch lieber auf die drei Eichelknacker unter meiner Leiter und behalte die beiden Kitze im Auge. Letztlich scheinen sie genug der Eicheln verspeist zu haben und streben spitz von mir wegziehend dem Buchenwald zu. Ein kurzes Schrecken lässt das letzte Kitz verhoffen, es stellt sich breit und nach dem Knall dreht es auf der Pferdekoppel einen kurzen Bogen, bis es umfällt, noch kurz schlegelt und dann Ruhe einkehrt. Nach einigen Minuten Wartezeit steige ich von meinem Eichensitz herab und ziehe das Geißkitz zum Wagen.
Mit dieser Beute will ich es für die nächsten Tage gut sein lassen, denn zum einen soll man es nicht überreizen und zum anderen ist das gesteckte Ziel, den Gefrierschrank zu füllen, erreicht. Drei schöne und arbeitsreiche Jagdtage liegen hinter mir und ich bin zufrieden: Geschafft und dennoch froh – man war auf Jagd!
So wie der Landwirt mit Ende des Sommers die Ernte seiner Felder einfährt, kommt auch der Jäger mit Ausgang des Herbstes in den Genuss jagdlicher Beute. Die Blätter sind gefallen, die Bäume kahl und langsam sollte vor Weihnachten die Gefriertruhe gefüllt werden, um nicht noch auf den letzten Drücker in Hektik zu verfallen. Häufig trudelt vor den Festtagen noch die eine oder andere Bestellung ein, sodass es mitunter schon in Stress ausarten kann in den verbliebenen Tagen und bei zusehends schwindender Tagesdauer die bestellten Stücke zu erlegen.
Um diesem Umstand entgegenzuwirken habe ich mir dieses Jahr fest vorgenommen in aller Ruhe im November jagen zu gehen. Die momentane Wetterlage mit nahezu frühlingshaften Tagestemperaturen, morgendlichem Raureif und Windstille lässt das Jagen zu einem Genuss werden. Die Natur präsentiert sich nochmal in allen Facetten und zeigt ihr schönstes Gesicht. Drei Tage Zeit habe ich, um im Revier den einzelnen Wildarten nachzustellen und Beute zu machen.
Ein Versuch - Taubenanstand
Am ersten Nachmittag mache ich mich bepackt mit Flinte, Bergstutzen und Fernglas auf den Weg. Zuerst möchte ich an einer größeren, von Hecken und Waldrändern umschlossenen Wiese auf Tauben anstehen. Nachdem zwei 2,7 mm Patronen in die Querflinte eingeschoben sind pirsche ich gemächlich und langsam schlendernd am Waldrand entlang.
Das Eichenlaub ist trocken und schiebt sich bei jedem Schritt langsam vor mir her. In guten einhundert Meter Entfernung steigen bereits drei Tauben aus einer hohen Rotbuche ab und entschwinden meinem Blick hinter der nächsten Hecke. Die Gewissheit beruhigt – sie sind noch da und noch nicht weitergezogen. Unter besagter Buche angekommen richte ich mich hinter einer noch mit braunem Laub behangenen Jungbuche ein und harre der Dinge. Von hinten scheint mir die Sonne in den Nacken und es weht kein Lüftchen.
Nach guten zwanzig Minuten des Wartens streichen von rechts zwei Ringeltauben an und kommen in schnellem Schwingenschlag näher. Jetzt haben sie meinen Stand erreicht und sind in Schrotdistanz. Der Schuss fällt – die Taube nicht, sondern streicht unbeirrt weiter. Einen zweiten Schuss bringe ich nicht heraus, schon sind sie weg. Bis die Enttäuschung über den missglückten Schuss gewichen ist dauert es hingegen einige Zeit länger. Hinter mir im Buchenwald macht es gleichmäßig und unaufhörlich „dock dock dock“. Es dauert einige Zeit, bis ich den Verursache entdeckt habe: Ein Buntspecht mit seinem dreifarbigen Gefieder klettert an den Baumstämmen herum und bearbeitet mal hier, mal da mit seinem Meiselschnabel die Borke. Nun lässt er auch seinen hellen Ruf ertönen, schwingt sich von einem Baum zum nächsten und gleitet mit dem typischen Wellenflug in ein anschließendes Wäldchen weiter.
Von vorne kommen fünf Ringeltauben auf mich zu, fast hätte ich sie verpasst. Auf gute einhundert Meter machen sie jedoch eine Linksdrehung und kommen am Waldrand, zwar hoch, aber dennoch in Reichweite der Schrote. Der abgegebene Schuss auf die letzte der Tauben lässt mich jedoch ernüchternd in die Röhre schauen. Kein Himmeln, keine Feder, lediglich den Schrotbecher sehe ich fliegen. Die Tauben machen sich von dannen und die Sonne verliert zusehends an Höhe. Es ist nunmehr fast vier Uhr und langsam aber sicher muss ich mich zum Ansitz begeben, wenn ich an der hohen Kanzel noch ein paar Sonnenstrahlen genießen will.
Hasenansitz
Vorsichtig erklimme ich die hölzernen Sprossen der an der Waldecke stehenden Kanzel. Beim Öffnen der Tür schwirren mir einige Schmeißfliegen entgegen und im Türspalt haben sich wohl hunderte von Marienkäfern angesammelt. Nachdem ich es mir gemütlich gemacht habe und die Fenster geöffnet sind, genieße ich den Ausblick über das Revier. Von diesem Platz aus kann man über das Dorf bis auf die gegenüberliegende Revierseite blicken. Die Bäume werfen immer längere Schatten, lediglich die Kronen erscheinen noch im Glanz der letzten Sonnenstrahlen. Ein langanhaltender, heller und zugleich melodischer Pfiff lässt mich aus meinen Gedanken fahren – direkt hinter mir im Buchenbestand sitzt ein Schwarzspecht an einem der Stämme und lässt seinen Ruf erklingen. Mit dem Fernglas kann ich den schwarzen Gesellen ausfindig machen und ihn einige Sekunden beobachten, ehe er unter einem erneuten Ruf im Altholz verschwindet. Zusehends wird es dämmeriger und ich rechne langsam aber sicher mit Wildanblick. Die im trockenen Falllaub raschelnden Mäuse und die letzten zu Boden fallenden Eicheln machen es leider nicht einfacher mit dem „Ohr zu sehen“. Letztlich meine ich jedoch das Tapsen eines Rehes zu vernehmen und richte meinen Blick in den Wald. Auf einem Rückeweg kommt es: im Fernglas erkenne ich jedoch, dass es ein Hase ist – so kann man sich also täuschen! Der Bergstutzten gleitet an die Schulter und ich richte mich ein. Ehe Meister Lampe im Absehen erscheint ist er mit einem Satz in der Buchennaturverjüngung verschwunden. Lediglich an den Geräuschen kann ich ihn nun akustisch verfolgen und er nähert sich dem Waldrand. Hier grenzt ein Saatacker an und ich richte mich ein. Dann sehe ich wieder die Löffelspitzen aus den Buchen schauen und der Hase scheint zu sichern; dennoch höre ich aus gleicher Richtung weiter Geräusche im Falllaub – ein zweiter Hase?
Wie so oft geht alles ganz schnell: Der Hase macht einen Satz und sitzt unter der Kanzel, ein zweiter folgt aus den Buchen und sitz daneben. Direkt unter mir haben sich nun beide eingefunden und beratschlagen wohl, welcher Äsungsplatz als erstes angelaufen werden soll. Langsam und ab und an sichernd hoppeln beide zu Felde. Als auf guten 40 Metern einer der beiden inne hält und breit sitzt, fällt der Schuss. Den Hasen wirft es direkt um und sein Kompagnon hoppelt irritiert zwanzig Meter weiter. Eine Ersatzpatrone hatte ich mir in weiser Voraussicht bereits bereitgelegt und so habe ich schnell nachgeladen. Lampe sitzt immer noch an gleicher Stelle und wird nach einem weiteren Schuss hinter das Blatt zur schnellen Beute. Zufrieden bin ich und öffne die Kipplaufwaffe. Heller Dampf steigt auf und entschwindet aus dem Fenster in die beginnende Nacht. Nach einer kurzen Wartezeit stapfe ich über den Acker und nehme die beiden strammen Waldhasen auf. Ein Rammler und eine Häsin sind es die heute Abend zum letzten Mal gemeinsam ausgerückt sind. Weitere werden ihnen noch folgen, denn an dieser Stelle hat es keinen Hasenmangel.
Baujagd
Am nächsten Morgen wollen wir in einem benachbarten Revier zu viert die Fuchsbauten kontrollieren. In Begleitung meines Jagdterrierrüden fahre ich durch die noch leicht nebelverhangene und mit Raureif bedeckte Landschaft. Vor Ort angekommen begrüßt man sich kurz und routinemäßig werden die elf im Revier verteilten Kunstbauten abgeklappert. Wir beginnen an einem kleinen Kiefernwäldchen, dessen Bau vor ein paar Jahren einmal vier Rotröcke auf einmal beherbergte. Eine Fähe hatte sich dort mit drei Rüden eingeschoben, wovon wir drei der roten Schelme erbeuten konnten.
Heute bewindet der Terrier kurz die Röhre und arbeitet dann eine Spur aus, bis er schließlich im dichten Gestrüpp des Brombeerunterwuchses meinem Blick entschwindet. Wohl kein Fuchs zu hause. Aber da dieses Wäldchen auch alle Jubeljahre für ein Kaninchen gut ist warten wir, ob nicht doch eines der Lapuze irgendwo steckt. Nach einer viertel Stunde kommt mein Hund wieder aus dem Wäldchen ohne, dass wir Wild in Anblick hatten. Weiter geht es zum nächsten Bau. Hier wiederholt sich das Spiel: Der Hund bewindet sichtlich interessiert die Einfahrt und arbeitet dann eine Spur aus, lässt sich abrufen und wird angeleint – ein klares Zeichen dafür, dass Reineke sich heute empfohlen hat.
Kein Wunder bei dem heutigen Wetter. Zwar liegen einige Stellen der kupierten Landschaft noch in dichten Nebelfeldern, doch insbesondere auf den Höhen hat sich die Sonne mittlerweile durchgesetzt und wärmt uns den Nacken. Der Raureif hält unterdessen eisern an den Sträuchern und Beeren der freien Feldflur fest und umrandet diese malerisch. Heckenrose, Schwarz- und Weißdorn, sowie Brombeerlaub sind samtig von einem weißen Eiskranz umschlossen und wirken märchenhaft.
Wir fahren unterdessen von einem Bau zum nächsten, doch das Ergebnis bleibt das gleiche: Kein Bau ist befahren. Lediglich einen Hasen und eine Geiß mit ihren beiden wohlgenährten Kitzen bekommen wir in Anblick. Nach einem abschließenden kurzen Plauder verabschieden wir uns bis zum nächsten Mal.
Hasen verwerten – Teil 1
Nachdem die Utensilien der Baujagd wieder an ihrem Platz verstaut und der Hund mit frischem Wasser versorgt im Zwinger ist, mache ich mich an die Verwertung der beiden Kugelhasen vom gestrigen Ansitz. Hierzu lege ich mir alle benötigten Utensilien auf dem Küchentisch bereit: Messer, Schärfer, Rosenschere, Schneidebrett, Küchenrolle, Vakuumiergerät, Beutel, Lachsbretter, Aufkleber.
Der erste Hase, ein wahrlich feister Rammler, wird auf den Bauch gelegt und ein über den Rücken quer verlaufender Schnitt geführt.
Mit beiden Händen wird anschließend der Balg zu jeder Seite auseinandergezogen. Bei Bedarf muss man entlang der Bauchlappen bzw. im Bereich der Schlegel etwas mit dem Messer nachschärfen. Im Regelfall lässt sich der Balg jedoch gut ziehen, sodass innerhalb weniger Sekunden „dem Hasen das Fell über die Löffel gezogen ist“.
An den Keulen angekommen werden die Balgpartien bis zu den Hinterläufen bzw. der Blume gezogen und diese freigelegt.
Mithilfe der Rosenschere können nun zuerst die Hinterläufe…
…und dann die Blume abgetrennt werden.
Ist diese Arbeit verrichtet, widmet man sich wieder der vorderen Körperpartie, bis man schließlich am Kopfansatz angelangt ist.
Der Kopf wird ebenso wie die Vorderläufe abgetrennt, wobei bei der Entfernung des Mümmelhauptes die Zuhilfenahme eines Messers die Arbeit etwas erleichtert.
Nachdem nun der Balg vollständig entfernt ist, kann mit der Zerlegung des Hasen begonnen werden. Hierzu schneidet man zunächst an den Bauchlappen entlang, von den Keulen beginnend bis zur letzten Rippe.
Nun kann man mit der Rosenschere die Rippen knapp am Rücken abtrennen und den Hasen von vorne zerlegen. Da bei diesem Hasen ein Vorderblatt leider zerschossen war, wurde dieses einschließlich des Blutergusses und der zerstörten Rippen großzügig entfernt. Abschließend trenne ich die Keulen vom verbliebenen Rücken, indem ich mit dem Messer entlang der letzten Rückenwirbel entlangfahre und die Keulen links und rechts durch sanften Druck von den Beckenknochen löse.
Nachdem so alle verwertbaren Einzelteile des Hasen getrennt sind, reinige ich das Fleisch noch von überschüssigem Fett, insbesondere im Bereich der Lenden, entferne das ein oder andere Haar, sowie die auf dem Rücken befindliche Silberhaut. Am Ende der Arbeit liegen die Einzelteile sauber und ansehnlich vor mir auf dem Schneidebrett. Auch Ein Kugelhase mit Schuss hinter das Blatt kann noch gut verwertet werden (Kaliber 222.Rem)!
Der Rücken wird aufgrund der abgeschnittenen Rippenbögen und der so entstandenen spitzen Enden zum Vakuumieren auf ein Lachsbrett gesetzt.
Ein entsprechend dimensionierter Beutel wird vorsichtig über das Fleisch gezogen und anschließend alles eingezogen.
Selbiges geschieht mit den beiden Keulen, sowie dem dazwischen gelegten Vorderblatt.
Nach zwei Stunden Arbeit sind die beiden Waldhasen verarbeitet und das Fleisch entsprechend „kundenfreundlich“ verpackt.
Hasen verwerten – Teil 2
Der Rest der beiden erlegten Hasen, das heißt Aufbruch, Balg, Läufe und Abschnitte, kommt in einen großen Eimer und am gleichen Abend mit ins Revier. Dort angekommen inspiziere ich den eigens für Meister Reineke angelegten Luderplatz an meiner Lieblingskanzel und stelle dort mit Freude fest, dass nach Wochen der Abstinenz offensichtlich langsam, aber sicher wieder Betrieb herrscht. Der Pferdemist ist an mehreren Stellen auseinandergekratzt und Reineke scheint dort nach Mäusen oder Luder gegraben zu haben. Schnell ist der Eimer mit den Hasenabfällen unter der Palette verschwunden und das ganze gegen die Blicke der Mäusebussarde und Rabenkrähen mit einem Berg Mist abgedeckt.
Entenstrich
Nach der Luderplatzkontrolle fahre ich in die Niederung des Reviers, wo ich den Tag beim abendlichen Entenstrich ausklingen lassen möchte. Langsam stapfe ich dem Bachlauf entgegen und sehe zuerst nach, ob sich nicht schon ein Breitschnabel auf dem Fließgewässer eingefunden hat. Da dies jedoch nicht der Fall ist, suche ich mir einen günstigen Platz hinter einem Erlenstrunk und setze mich auf den mitgebrachten, schwarzen und natürlich umgedrehten Ludereimer. So lässt es sich doch einfach besser aushalten. Die Gesichtsmaske und dunkle Handschuhe habe ich mir schnell übergestreift und die Enten können kommen. Die Dämmerung senkt sich immer tiefer über das Land und die Geräusche in der Natur werden weniger. Hinter mir höre ich ein „Plumpsen“ im Wasser und wie ich mich umdrehe sehe ich, wie ein türkisener Diamant einige Zentimeter oberhalb des Wasserspiegels entlangsaust und hinter der nächsten Bachbiegung verschwindet – der Eisvogel hat mir einen kurzen Besuch abgestattet. Nach diesem schönen Erlebnis genieße ich die nun aufsteigende Stimmung und schaue mir die sich gegen den Himmel abzeichnenden Bäume und Äste an. Wie Finger einer Hand ragen sie in den Himmel und spiegeln sich in der glatten Wasseroberfläche wider.
In meinen Gedanken versunken hätte ich beinahe die ersten Enten verpasst. Hinter meinem Rücken sind sie ohne jegliche Vorankündigung eingeschwenkt und haben sich auf der Wasserfläche niedergelassen. Drei Stück sind es an der Zahl. Für gewöhnlich kommen sie immer von vorne und drehen vor dem Einfallen einige Runden, sodass man durch das typische Klingeln vorgewarnt wird. Hinter mir paddeln die drei auf wenige Meter an mir vorbei, an eine Bewegung ist kaum zu denken. Langsam, Zentimeter für Zentimeter, geht mein Griff zur Flinte und den Gehörschutz schaffe ich auch noch aufzusetzen. Ich hoffe, dass die Enten gleich aufsteigen und mir im Abstreichen eine passable Chance liefern. Als ich den Moment für günstig halte schnalze ich laut mit der Zunge und die Enten steigen auf, fliegen jedoch flach über der Wasseroberfläche entlang und entschwinden meinem Blick, gedeckt durch allerhand Uferbewuchs. Enttäuscht senke ich die Flinte wieder und warte weiter ab.
Im fast letzten Licht kommen schließlich doch noch zwei einzelne Enten. Die erste fällt nach einem Schuss auf die Wasseroberfläche. Die zweite ist zunächst von Geäst verdeckt und der Schuss geht fehl. Noch lange kann ich den Wasservogel mit meinen Augen verfolgen, bis er schließlich in der Nacht meinem Blick entschwindet. Nun will ich es gut sein lassen und mache mich auf die Suche nach meiner Ente. Wie es häufig ist: man meint sich die richtige Stelle gemerkt zu haben und wird doch nicht fündig. Am nächsten Morgen will ich es nochmal versuchen.
Entenpassen
Es ist wieder ein für dieses Jahr typischer Novembermorgen: Raureif hat sich wie Zuckerguss über die Landschaft gezogen und bei jedem Schritt brechen die Eiskristalle knisternd im Gras. Ich laufe mit der Flinte an einem breiten Bauchlauf entlang und sehe schon von weitem einen Schof von gut dreißig Enten. Sie paddeln in den ersten Sonnenstrahlen auf der eisfreien Fläche des Baches. Als ich näher komme steigen sie jedoch auf fünfzig Meter Entfernung auf, schrauben sich schnell in die Höhe und drehen zum Abschied eine Runde über mir. Leider viel zu hoch, aber dennoch ein schöner Anblick. Die Fahrt geht weiter zu einem kleinen in der Feldgemarkung gelegenen Teich. Im Vorbeifahren erhasche ich einen kurzen Blick und sehe Erpel und Ente an einer eisfreien Fläche sitzen. Das Auto stelle ich leicht verdeckt in der Nähe ab und pirsche blickgeschützt durch etwas Schilf näher. Langsam recke ich meinen Blick hinter den Stängeln des Reet hervor und schaue auf die eisfreie Fläche: nichts! Das kann doch nicht sein, haben sich die Enten, ohne dass ich es mitbekommen habe, empfohlen? Leider kann ich den letzten Zipfel der Wasserfläche nicht einsehen, da der Rand mit dichtem Bewuchs bestanden ist. Ich pflücke einen der letzten Äpfel von einem nahen Baum und werfe diesen an die vermutete Stelle. Der Apfel schlägt auf der dünnen Eisfläche ein und nichts regt sich. Ich will schon aufgeben, laufe noch einige Meter nach vorne und plötzlich steigen wie aus dem Nichts die beiden Breitschnäbel auf. Der Erpel ist zunächst von Geäst verdeckt, die Ente streicht über einige Fichten noch schlechter ab. Der erste Schuss auf den Grünköpfigen geht fehl, im zweiten Schuss sackt die Ente zusammen und fällt bei einem nahen Wassergraben herunter. Mit den beiden Hunden laufe ich den Graben ab und nach kurzer Zeit haben sie den bunt schillernden Vogel gefunden.
Nun fahr ich nochmal zur Stelle des gestrigen Entenstrichs. Keine Enten liegen hier heute Morgen, nur der Morgendunst steigt langsam aus dem Bachbett auf. Knackend kalt ist es hier und der langsam dahinfließende Bachlauf an den meisten Stellen mit einer dünnen Eisschicht überzogen. Ein Blick zur gedachten Stelle und ich sehe den Erpel verendet am Rand liegen. Er ist zu einem großen Teil von der Eisschicht eingeschlossen und der Terrier hat seine Last den für ihn großen Vogel von der Eisdecke freizubekommen. Schließlich gelingt es doch und sichtlich stolz wie Oskar kommt der Hund mit der Beute auf mich zu.
An einem nahen Weidezaun, welcher ebenfalls mit einer schönen Schicht der weißen Kristalle überzogen ist, machen wir zur Erinnerung ein Foto und genießen die anmutige Morgenstimmung. Schöner kann es nicht sein.
Enten verwerten
Nachdem die Hunde getrocknet und versorgt sind, mache ich mich daran die Enten ihres Federkleides zu berauben. In der wärmenden Morgensonne sitze ich hinter dem Haus und rupfe in aller Ruhe die Federn büschelweise aus. Die Arbeit geht leicht von der Hand und nach einer halben Stunde ist zumindest die „grobe Arbeit“ erledigt.
In der Küche wird dann noch der verbliebene Flaum gezupft, die Paddel entfernt und die Schwingknochen im Schultergelenk sauber abgetrennt – schließlich dürfen beim Einvakuumieren keine spitzen Knochen hervorstehen.
Nachdem die beiden gerupften Enten ausreichend gereinigt sind verschwinden sie in einer Tüte, werden eingezogen und wandern direkt in den Gefrierschrank.
Rehwildansitz
Den letzten Abend möchte ich dazu nutzen die drei erlebnisreichen Jagdtage bei einem Ansitz auf Rehwild ausklingen zu lassen. Ich habe mich für eine kleine und überdachte Leiter am Rande eines Buchenwaldes entschieden. Dieser liegt auf einer Anhöhe mitten in der freien Feldflur und ist gute zehn Hektar groß. In früheren Zeiten soll an der höchsten Stelle eine Burg gestanden haben. Große Rotbuchenüberhälter ragen dort heute in den Himmel und lassen erahnen, was sich dort früher abgespielt hat. Umschlossen von Wiesen und Saatäckern bietet dieser Wald dem Rehwild einen reich gedeckten Tisch. Besonders in diesem Jahr ziehen die zahlreichen Eicheln die Rehe in die Randbereiche des Waldes, denn in den leicht vorgelagerten Knicks stehen zahlreiche Eichen.
Es ist viertel nach vier und die letzten Sonnenstrahlen liegen flach auf dem Land, als ich der Leiter entgegenpirsche. Die letzten Meter stapfe ich durch knöchelhohes Eichenlaub und habe meinen Sitzplatz erreicht. Nachdem ich mich eingerichtet habe glase ich zuerst die Umgebung ab und genieße dann die Abendstimmung. Noch ist kein Wild zu erblicken; lediglich ein paar Rabenkrähen haben es sich in übermächtig erscheinenden Lärchen bequem gemacht und warten auf die Nacht. Hier und da zetert eine Amsel, ein Eichelhäher rätscht. Der Blick nach vorne weist auf eine gemulchte Pferdekoppel, welche am oberen Rand an den beschriebenen Buchenwald mit den am Rand stehenden Lärchen anschließt.
Linkerhand kann ich einen Saatacker einsehen, welcher ebenfalls am oberen Rand den Wald berührt. Auf diesem Acker erwarte ich auch die austretenden Rehe.
Besonders lange brauche ich auch nicht zu warten, bis am Rand der Buchen ein Stück Rehwild erscheint. Ohne jede Vorwarnung ist es gekommen, kein Rascheln im Laub, kein Amselgezeter, nichts. Es sichert lange, dann ist auch ein zweites Stück im Bestand zu erahnen. Die Ricke nimmt ihre Sache sehr genau und lässt sich Zeit. Schließlich scheint das Misstrauen verflogen und hinter der Ricke zuckeln Geiß- und Bockkitz auf den Saatacker. Noch stehen sie mir zu nahe am Waldrand und zu eng nebeneinander. Da sie jedoch langsam aber sicher auf mich zuhalten bin ich zuversichtlich, dass ich in den nächsten Minuten eines der beiden Kitze strecken kann.
Doch es ist wie verhext. Die beiden Kitze stehen entweder sehr eng nebeneinander, werden durch die Geiß verdeckt, um anschließend wieder direkt hintereinander zu stehen. Es ist nicht möglich einen vernünftigen Schuss anzubringen, ohne eines der beiden anderen Stücke zu gefährden. Die Drei kommen immer näher und ehe ich richtig ausgedacht habe, stehen sie direkt am Fuß der Leiter und knacken eine Eichel nach der anderen. Das Brechen der Früchte unter dem Mahlwerk der Ober- und Unterkiefer ist gut zu vernehmen und mit bloßem Auge erkenne ich die reich gefüllten Backentaschen der Rehe. Nur wenige Meter trennen mich von der ersehnten Beute und dennoch ist sie unerreichbar – so nah und doch so fern kann Jagd manchmal sein. Mit einem Mal werfen alle drei Rehe auf und werden nervös. Haben sie nun doch Wind bekommen? Der Blick der Drei weißt jedoch über die Pferdekoppel in Richtung Waldrand. Dort erscheinen weitere zwei Rehe, die ich jedoch aufgrund der bereits hereingebrochenen Abenddämmerung nicht mehr ansprechen kann. Ein Kitz ist jedenfalls nicht darunter, aber diese Erkenntnis hilft auch nur bedingt. Die beiden Stücke stehen scheibenbreit auf gute siebzig Meter und der Schuss wäre eine Leichtigkeit. Ich konzentriere mich jedoch lieber auf die drei Eichelknacker unter meiner Leiter und behalte die beiden Kitze im Auge. Letztlich scheinen sie genug der Eicheln verspeist zu haben und streben spitz von mir wegziehend dem Buchenwald zu. Ein kurzes Schrecken lässt das letzte Kitz verhoffen, es stellt sich breit und nach dem Knall dreht es auf der Pferdekoppel einen kurzen Bogen, bis es umfällt, noch kurz schlegelt und dann Ruhe einkehrt. Nach einigen Minuten Wartezeit steige ich von meinem Eichensitz herab und ziehe das Geißkitz zum Wagen.
Mit dieser Beute will ich es für die nächsten Tage gut sein lassen, denn zum einen soll man es nicht überreizen und zum anderen ist das gesteckte Ziel, den Gefrierschrank zu füllen, erreicht. Drei schöne und arbeitsreiche Jagdtage liegen hinter mir und ich bin zufrieden: Geschafft und dennoch froh – man war auf Jagd!