Gestern abend, 21.20 Uhr: Der zuständige Förster hatte sich bei unserem Jagdaufseher unter bittren Tränen beschwert, daß ein offensichtlich unter einer Testosteron-Überdosis leidender Bock seine frisch gesetzten Ahorn-Bäumchen unsachgemäß behandelte, d.h. so richtig zusammenschlug. Dieser Revierteil hat immens viel Buchenverjüngung und Eichenjungwuchs aus ein paar Überständern, trotz des vielen Rehwildes, Ahorn ist da halt eher ein Exot…
Zwei freundliche und am Ort ansässige Jagdkameraden waren so hilfsbereit und stellten ein Leiterchen auf, da gewissermaßen höchste Gefahr in Verzug war, der Schreiber dieser Zeilen saß im Büro und war unabkömmlich. Da im Wald das Rehwild gelegentlich schon recht früh lustwandelt und zum Ärger des o.g. Försters äst, fegt und verbeisst, saß ich schon um 19:00 auf dem frisch platzierten Leiterchen (Danke, U. und J., für den vergossenen Fuß- und sonstigen Schweiß, ihr seid echte und selbstlose Jagdkameraden!) und beobachtete das fröhliche Treiben auf dem nahen Waldparkplatz. Eine halbe Stunde später war trotz des Lärms das erste Reh im Anblick, wenig später das zweite am Rande eines Gebüschs, nur so 20 m. vom noch belebten Parkplatz entfernt. Ein Schuß hätte nicht nur dem Reh, sondern auch dem Image der Jäger vermutlich nachhaltig Schaden zugefügt, aus diesem Grund und wegen des nicht möglichen, unkeuschen Blickes zwischen die Läufe des vom Habitus her als Schmalreh angesprochenen Stückes wurde aber auf die Exekution verzichtet.
Gegen 21 Uhr war denn der Parkplatz leer, kurz darauf erschien ein weiteres, weibliches Stück am Rande der Buchendickung, wackelnde Äste ein Stück dahinter verrieten ein weiteres, ihm folgendes Reh. Sollte das etwa der Waldfrevler und böse Feger…
Tatsächlich, er war`s, ließ sich aber alle Zeit der Welt, laut und deutlich allen möglichen Unterwuchs sowie den einen oder andern Ahornsetzling zu traktieren und zwischendurch zu plätzen. Beim hoffnungsfrohen Ansitzenden machten sich starkes Bockfieber und daraus resultierendes Herzklopfen bemerkbar, welches aber überraschenderweise vom Bock nicht vernommen wurde.
Wenige Minuten später war’s dann soweit, er zog langsam aus dem Unterwuchs über eine kleine Lücke, der Rumpf war frei, mitgezogen und, als der Vorderlauf nach vorne ausgriff, Rumms, das 200 grain Ballistic Tip aus der .338 vor einer reduzierten Ladung auf den weg geschickt. Der Bock quittierte diesen tätlichen Angriff auf Herz und Lunge mit sofortigem Down, schade eigentlich, das Junghundle hätte sich über eine leichte Nachsuche sicher gefreut. Trotzdem sind wir gemeinsam die Gesundfährte des Bocks noch ein Stück ausgegangen und er durfte ihn dann unter großer Freude „finden“. Der Bock war um die 3 Jahre, eher rotgelb, hatte einen ausgeprägten Muffelfleck und ein braves, über lauscherhohes Sechsergehörn. Ein oder zwei Jahre älter hätte er vielleicht noch werden können, wäre dann aber mit Sicherheit auf einer der beiden dort zusammenlaufenden Landstraßen überfahren worden, vom zusätzlichen Kummer des Förster’s mal ganz abgesehen.