Waidmannsheil allen Bockjägern!
Anbei ein Bock, der zwar nur für mich außergewöhnlich ist - aber immerhin.
Kaum ein Bock hat mich so gefeigelt wie der (zu deutsch könnte man sagen - es war wie verhext). Ich hatte ihn das ganze Jahr über immer wieder mal in Anblick, mit seiner abgebrochenen Stange war er ja recht markant. Zu Beginn der Schusszeit war er noch regelmäßig da, allerdings hatte ich mir zu diesem Zeitpunkt noch keinen guten Überblick verschafft was denn sonst noch im Revier unterwegs war (ich habe heuer jagdintern einen neuen Revierteil übernommen).
Nachdem ich meine Frau und meinen Bruder jeweils einen alten Bock erlegen lassen habe, waren die reifen Böcke dann nicht mehr so zahlreich vorhanden und dieser Bock kam mir wieder in den Sinn. Es folgten unzählige Ansitze ohne den Bock in Anblick zu bekommen. In mir regten sich schon Zweifel, ob er vielleicht im Nachbarrevier erlegt wurde. Eines Tages kam er nach dem Morgenansitz bei bestem Büchsenlicht über die Wiese gezogen. Die Brunft war am Ausklingen und er trieb ausgiebig eine Gaiß. Die Büchse war schon im Anschlag, da kamen mir wieder Zweifel auf. Der Bock wirkte vom Wildbret bzw. dem Körperbau plötzlich doch nicht so alt und ich ließ die Gelegenheit ungenutzt verstreichen. Noch am Hochstand schwor ich mir, mich nicht über meine Entscheidung zu ärgern weil es mir halt an diesem Tag nicht gepasst hat.
Oooh, was habe ich mich die nächsten Tage und Wochen geärgert. Wieder war ich etliche Male an besagtem Hochstand - dieser ist ganz in der Nähe der Reviergrenze und es gibt dort keine Möglichkeit vielleicht im oder beim Einstand zu jagen, es bleibt nur die Hoffnung, dass er doch nochmal auf die Wiese auszieht. Nach der Brunft war es im Revier natürlich recht ruhig, die Böcke waren kaum zu sehen.
Am 02.09 der nächste Grund zum Ärgern - noch am Weg zum Ansitz bemerke ich einen Bock direkt vor meinem Hochstand - ein Blick durchs Glas bestätigt den Gesuchten. Er verscheuchte grade einen gut veranlagten Jahrlingsbock über die Wiese. So leise ich konnte baumte ich auf und richtete mich für den Schuss ein. Während mir der Bock den Spiegel zeigte, spürte ich plötzlich einen fatalen Windhauch im Genick. Das reichte aus um den Bock abspringen zu lassen. Ruhig aber rasch, erst im Graben hörte ich ein leises Schrecken.
"Es hat der Jäger unverdrossen, schon so manchen Bock geschossen". Geleitet von diesem Motto habe ich es gestern nochmal probiert. Das Wetter war ruhig und einiges an Rehwild in Anblick. Gegen 19:30 Uhr sicherte der angesprochene Jahrlingsbock plötzlich intensiv in Richtung Waldsaum. Sollte es heute noch noch klappen? Kurz darauf sprang er sehr eilig ab und nahm die restlichen Stücke mit. Knapp 5 Minuten später zog der gesuchte Bock aus und ich konnte um 19:36 Uhr die Kugel antragen, die er mit einem steilen Aufbäumen quittierte. Es folgte eine rasende Flucht zurück zum Einstand. Erstmal hat mich mal das Jagdfieber gepackt, danach folgte der bittersüße Moment in dem ich dem Stück den letzten Bissen überreichte. Dankbar, dass ich ihn erlegen durfte und ein bisschen schwermütig weil ich ein Leben ausgelöscht habe und diese Jagd vorbei ist, ließ ich die zahlreichen Ansitze nochmal Revue passieren bevor ich mich an die rote Arbeit machte. Beim Aufbrechen bestätigte sich zum Glück meine Vermutung, dass es sich um einen alten Recken handeln könnte. Erst danach konnte ich mich richtig freuen.
Für die Statistiker: .308 150 Grain Fox Fabriksladung aus Steel Action HS, Schussdistanz ca 140m Flucht ca. 30-40m, Herzschuss
Wirklich interessant war bei dieser Jagd das Ansprechen. Letztendlich war ich mir vor der Erlegung trotzdem sicher, dass der Bock ein gewisses Alter hat - auch wenn einige Ansprechmerkmale dafür nicht unbedingt passend waren. Am Bild sieht man ihm das Alter vielleicht deutlicher an, als das vor der Erlegung der Fall war. Da sieht man wieder - beim Rehwild ist nix fix und auch erfahrene Rehwildjäger können oft Überraschungen erleben. Jetzt muss er ein paar Tage abhängen, dann gibts selbstgemachte Rehwurst