Was haltet Ihr von dem Urteil des Münchener Verwaltungsgerichts? (
19 B 19.1713)
Der Senat bezeichnet die Bejagung von Grundstücken in Jagdgenossenschaften als "willkürlich", als "Freizeitbeschäftigung von Privatpersonen" und "Abgesehen davon ist das konkrete Gemeinwohlerfordernis oft nicht feststellbar, weil wegen der bewusst freiheitlichen Gestaltung in der Regel keine demokratisch legitimierte Abschussfestlegung existiert."
Ich wundere mich ein wenig, dass das Urteil nicht mehr Resonanz findet.
Die Überschrift deines Fadens ist so nicht ganz korrekt und geht auch am Thema des Urteils vorbei.
Es ging um die Befriedung von Grundstücken wg. ethischer Jagdgegnerschaft. Das VG Würzburg erlies ein Urteil, welches der VGH München bestätigte, indem er die Berufung zurückwies, allerdings nur zum Teil in Übereinstimmung mit dem Konventionsrecht.
Der Kern des Problems:
Gesetzgeber bzw. die Rechtsprechung der Konventionsstaaten sehen die ethische Jagdgegnerschaft und die Zwangsvereinigungen (Jagdgenossenschaften) teil völlig anders, als der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der als Konventionsinstanz natürlich auch von Jagdgegnern angerufen werden kann, wenn sie mit dem nationalen Recht scheitern.
Der EMGR hat in einigen Verfahren seinen Standpunkt zur ethischen Jagdgegnerschaft entwickelt, der ausschließlich am Konventionsrecht (also an den Menschenrechten) orientiert ist.
Überall, wo in den Erläuterungen von "Gerichtshof" die Rede ist, war in der von dir genannten Quelle der EMGR gemeint und nicht der Münchner VGH.
Der EMGR stuft die Jagdausübung im Rahmen jagdlicher Zwangsvereinigungen (Jagdgenossenschaften) als "Freitzeitaktivität" von privaten Personen (teils war auch schon von "Sport" die Rede) ein, weil die genossenschaftliche Jagd für ihn keine reine Verwirklichung von Allgemeininteressen darstellt, sondern zu einem wesentlichen Anteil freiheitlich gestaltet ist. Hier liegt der Hase im Pfeffer, denn der deutsche Gesetzgeber bzw. die deutsche Rechtsprechung beruht überwiegend auf anderen Annahmen, muss aber Konventionsrecht beim nationalen Recht berücksichtigen.
Man muss dazu wissen, dass es im Konventionsrecht den Begriff des "Jagdrechts" nicht gibt. Das Eigentumsrecht als Menschenrecht erfährt einen besonderen Schutz, allerdings nicht das besondere Aneignungsrecht der freiheitlichen Jagd auf fremdem Grund. Die Herrschaft über das Nutzungsrecht am Eigentum fasst der EMGR weiter, wenn es um die Bejagung geht. Er stellt bei einer Ablehnung der Jagd auf dem eigenen Grund und Boden auch nicht das Gewissen in den Vordergrund (Art. 9 EMRK wurde daher in dem Zusammenhang gar nicht geprüft).
Vielmehr sollte der Kläger einerseits nicht offenbaren, dass er aus der Zwangsgemeinschaft raus will, nur umd die Jagd für sich selbst allein zu nutzen und andererseits reicht es, wenn er seine Gründe mit einem "gewissen Grad an Kohärenz, Entschiedenheit und Wichtigkeit" glaubhaft darlegen kann.
Der EMGR stellt gestattet, dass im Rahmen der Meinungs- und Geistesfreiheit sowohl Eigentümerbefugnisse als auch das (positive und negative) Vereinigungsrecht (Art. 11 EMRK) für Haltungen genutzt werden dürfen.
Vor diesem Hintergrund unterscheidet der EMGR zwischen einer überwiegend freiheitlichen Jagdausübung und einer Jagd im (ausschließlichen) Interesse der Allgemeinheit (bspw. im öffentl.-rechtlichen Auftrag). Daraus ergibt sich in der Zusammenschau mit dem geschützten Eigentumsrecht (Menschenrecht) ein etwas anders gelagerter Anspruch auf Befriedung von Flächen.
Außerdem ist noch wichtig zu wissen, dass der EMGR das Begehren auf Freistellung von der Zwangvereinigung (Zwangsmitgliedschaft JG) nicht nur bei natürlichen Personen als gerechtfertigt ansieht. Insofern waren die Urteile des VG / VGH auch nicht konventionsrechtskonform.
EMRK-konform das Genick gebrochen hat aber der Klägerin die Tatsache, dass zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung von maßgeblichen Personen der Gesellschaft ein Jagdschein gelöst war und dies wiederum erfüllte in dem Fall nicht nur nicht die Voraussetzung des § 6a, 1,3, Nr. 2 BJagdG.
Allerdings hat der EMGR auch nichts dagegen, wenn die Klägerin noch einmal neu anfängt und zwar mit Personen an maßgeblicher Stelle, die keinen Jagdschein haben.