Die Basis wäre genauso in Aufruhr, wenn bekannt würde, dass demnächst das Kirren von Rehwild mit Trester oä. erlaubt werden würde, was in manchen Bundesländern schon jetzt landesjagdgesetzlich gestattet ist und von einigen, dem ÖJV nahestehenden Jagdideologen, ebenso wie der Schrotschuss auf Rehwild auch immer wieder gerne gefordert wird. Dem kleinen roten Knospenfresser, diesem perfiden Waldschädling, dem muss man eben zu Leibe rücken - egal wie!
Beim Schwarzwild erweisen sich gerade diese Ideologen dann als wesentlich sensibler. Mit Argumenten, die sich durchaus hören lassen und die auch ihre Berechtigung haben. Allerdings schälen Sauen auch nicht und sie fressen keine Knospen. Es ist - das soll hier festgehalten werden - weder für das Schwarzwild gut, wenn es gefüttert wird, weil das in Folge erhöhter Fertilität erhöhte SW-Bestände nach sich zieht, weil das die Gefahr der Verbreitung von ESP bewirken kann und weil das auch zu gravierenden landwirtschaftlichen Schäden führen kann. Diese Argumente sind bekannt, nicht nur Ökojägern.
Die "Basis" ist auch nicht in Aufruhr, weil sie nach der geplanten Änderung des LJG keine Schweine mehr "füttern" darf, sie ist in Aufruhr, weil sie - das Damoklesschwert der nicht kalkulierbaren Änderung des BJG im Nacken - durch die angekündigte Änderung in ihrer jagdlichen Freiheit beschränkt wird und weil es für manche Reviere eben nicht in Frage kommt, den erforderlichen SW-Abschuss im Wege von Drückjagden durchzuführen.
Nicht jedes Revier ist ein Drückjagdrevier, das ist eine Tatsache, die in diesen Diskussionen leider immer wieder genauso gerne verschwiegen wird, wie die Nachteile, die Drückjagden haben (können).
Es ist aber auch zu nett und zu bequem, mit Pauschalierungen zu arbeiten, alles und jeden über einen Kamm zu scheren und immer wieder zu betonen, dass nur deshalb keine Drückjagden gemacht oder durchgeführt werden, weil der Durchschnittsjäger zu einer ordentlichen Organisation einer solchen Jagd nicht in der Lage ist oder eben Angst hat, dass der Nachbar "seine" Sauen schießt. Benutzt man diese Argumentation macht man zugleich allen und jedem klar, dass man auf der Seite der Experten steht, eben nicht zur Basis der Jägerschaft gehört. Diese Argumente hat man als "Experte" drauf, damit kann man provozieren, sie kann man unter dem zustimmenden Geraune der Genossen immer wieder und jederzeit loswerden, mit ihnen kann man sich von der Basis abheben und distanzieren.
Dennoch: Das Problem ist komplexer, denn Reviere sind nicht gleichgestrickt, im Gegenteil: Revierstrukturen sind vielfältig. Lösungen für "Nichtdrückjagdreviere", z.b. mit wenig Wald und großem Feldanteil, die nicht mit Kirrjagd zu tun haben, können aber auch die selbsternannten Könner, die ja ansonsten auf alles eine Antwort haben, nicht anbieten. Schade!
Die Ministerin fordert einerseits nachdrücklich eine konstant hohe Gesamtjahresstrecke beim SW, droht sogar mit Polizeijagd, schränkt aber andererseits die effektiven Jagdmöglichkeiten in einer Vielzahl von Revieren ein, obschon nur "irregeleitete schwarze Schafe" und keineswegs die Durchschnittsrevierpächter/ bzw. Jäger gegen die bestehenden Regeln verstoßen. Dass jede Art der Freiheitsbeschränkung Murren erzeugt, ist nicht neu und absolut normal, um nicht zu sagen menschlich. Es wäre schlimm, wenn jegliche Freiheitsbeschränkung ohne Kommentar hingenommen würden.
Wenn aber Regelungen verschärft werden, dann fragt man sich als Revierinhaber schon, mit welchen Kontrollen man demnächst im Revier zu rechnen hat und wer sich so alles durchs Gebüsch schiebt, um die Ordnungsgemäßheit der Jagdausübung zu kontrollieren.
Gleichzeitig stellt sich die Frage, warum die derzeitig angeblich oder tatsächlich vorhandenen Mißstände beim Kirren, die ja zu der bevorstehenden Änderung der gesetzlichen Regelung geführt haben sollen, nicht geahndet werden. Irgendwer muss diese Kirrvergehen doch endeckt oder aufgedeckt haben, ansonsten könnten sie ja wohl kaum ernsthaft beklagt werden.
Wie will man eine strengere Reglementierung durchsetzen, wenn man die derzeitige noch nicht einmal durchsetzen kann? Das sind erlaubte Fragen und sie haben ganz und gar nichts damit zu tun, dass "Hobbyjäger" auf breiter Front streng kontrolliert werden müssen, weil sie unvernünftig und uneinsichtig sind. Sie haben mehr mit der Frage von Einzelfallgesetzgebung zu tun und mit der Frage nach der Sinnhaftigkeit von gesetzlichen Änderungen!