... hallo zusammen
Dass diese Thematik grundsätzlich sehr konträr diskutiert wird, liegt in der Natur der Sache.
Denn wir Jäger haben teilweise sehr unterschiedliche Positionen zum Rehwild, zumindest
habe ich das die letzten 4 Jahrzehnte feststellen können.
Da gab es den Pächter, der jeden Schwanz von Rehwild erlegt hat, weil er es zum Aufbessern
seiner Kasse brauchte. Alle angrenzenden Pächter haben 'gekotzt', für ihn war es entscheidend
und trotzdem hat er Stress beim Vegetationsgutachten bekommen, weil in seiner Agrarsteppe
ein Hölzchen lag, in dem immer brutal verbissen war. Ein Fernwechsel führte genau hier vorbei
und jedes mal wenn das Rehwild länger dort verweilen musste, weil z.B. auf dem Feld gearbeitet
wurde, wurde hier verbissen ... und genau und ausschließlich an dieser einen Stelle.
Selbstredend war immer dort der Aufnahmeplatz ... . Aber das ist eine andere Story.
Da gab es Pächter - oft von Pirschbezirken - die haben jeden Schwanz erlegt, bis sie eine
gewisse Vorgabe-Stückzahl erreicht hatten, was ihren Pachtschilling signifikant reduzierte.
Da der angrenzende Pächter durchaus vergleichbare Vorgaben hatten, war der zeitnahe
Abschuß wichtig für das Budget, denn dieses Stück konnte schon nicht mehr der Nachbar
erlegen. In 'blöden' Jahren hat man auch Rehwild zugekauft ... .
Im Zusammenhang mit dem Forst habe ich Jäger kennengelernt, die haben mit dem Rehwild
ein klares Feindbild. Dort wird teilweise schon 'Ungeziefervernichtung' betrieben.
Nur ein totes Reh ist ein gutes Reh - wichtig war tot, Alter und Geschlecht eher sekundär.
Bei den Eigenjagdbesitzern kenne ich auch den einen oder anderen mit dem Ansatz der
'Ungeziefervernichtung'. Allerdings wenn sie mal in den Bereich 300ha bis 5.000ha kommen,
haben die alle durchgehend Rehwild, teilweise auch gute Bestände.
Dort jagt man bewusst selektiv und das bekommt der Gesamtsituation wahrscheinlich mit
am aller Besten.
Dann gibt es durchaus Pächter, die interessiert der Rehwildbestand überhaupt nicht.
Die wollen z.B. eher Rot- oder Schwarzwild bejagen, nehmen evtl. den einen oder anderen
Bock noch mit, aber die weiblichen Stücke werden eher ignoriert.
Da werden weibliche Stücke nur auf einer Bewegungsjagd erlegt, weil sich der Pächter sonst
nicht dafür interessiert.
Dann gibt es die Pächter oder Eigenjagdbesitzer, die hatten schon immer Rehwild und wollen
einfach auch das Rehwild sehen und bejagen das Rehwild eher weniger scharf/regulierend.
Das ist dann auch oft mit einem gewissen Trophäenkult verbunden.
Die letzte Kategorie, die mir aktuell einfällt, sind eine Art 'Rehwild-Manager', die ein Revier
analysieren, die Situation vor Ort scannen und daraus ein Projekt machen, wie man einen
meist nicht vorhandenen Rehwildbestand auf einem brauchbaren Niveau etablieren könnte,
damit man regelmäßig Rehwild vor hat. Die Zielsetzung ist durchaus Strecke machen, aber
nach Möglichkeit ohne eine negative Beeinträchtigung des Standorts.
Wenn ich mir nur die vorstehend beschriebenen Typen von Jägern/Pächtern betrachte, ergeben
sich daraus völlig unterschiedliche Einstellungen und Verhaltensmuster gegenüber dem Rehwild.
Bei mir will ich Rehwild sehen, will aber auch wirklich Beute machen (seit 4 Perioden eine reale, konsequente Übererfüllung der Vorgabe), mein Rehwild bei bester Konstitution über den Winter bringen und freue mich auf das Folgejahr.
'Mein' Rehwild verfolge ich den ganzen Winter, beschäftige mich mit Zu-/Abgang und weiß am
1. Tag der Saison genau, wie man so ein Jagdjahr gestalten sollte/könnte.
Dass so ein Jagdjahr deswegen trotzdem anders läuft, ist ganz vielen Parametern geschuldet,
die ich auch eher nicht beeinflussen kann ... in 2024 die permanente Nässe.
Aber sonst - wird das Rehwild gehegt und gepflegt und ich würde nicht auf die Idee kommen,
ein Kitz ohne die Geiß in/über den Winter zu schicken.
Das ist allerdings mein Anspruch, nur an mich ... ohne Allgemeingültigkeit.
Dass meine Nachbarn durchaus ähnlich denken, gefällt mir zweifellos.