Sorry für mein Abgleiten in etwas bittere Ironie. Ohne viele weitere Worte zeigen diese beiden Bilder, weshalb eine sphärische Linse (zumindest aus meiner Sicht) heutzutage einfach nicht mehr zeitgemäß ist.
Selbstverständlich geht das. Aber Stand der Technik ist das nicht.
Ich würde mir selbst sowas nicht implantieren lassen und rate dringend dazu, in jedem Falle der Implantation einer monofokalen IOL ein asphärisches Modell zu wählen, insbesondere, wenn man bei geringen Umgebungsleuchtdichten, kontrastarmer Umgebung und bei Gegenlicht ein bestmögliches Ergebnis erreichen möchte.
Unter anderem als Jäger also.
Nun sind wir uns klar geworden: eine asphärische monofokale IOL soll`s nach Möglichkeit werden.
Aber welche? Gibt`s Unterschiede?
Ja, gibt es, und zwar dahingehend, ob es sich um aberrationsneutrale, oder aber (in unterschiedlichem Umfang) aberarrationskorrigierende IOL handelt.
Wer mag, kann sich genauer informieren, es steht darüber alles frei verfügbar im Netz, deswegen werde ich hier an dieser Stelle nicht tiefer schürfen, nur soviel:
Die brechenden Medien des Auges bestehen ja nicht ausschließlich aus der bis hierher besprochenen Linse. Das Licht muss auch durch die Hornhaut, welche nicht nur "eine gewisse", sondern sogar "die mehrheitliche" Brechkraft des Gesamtsystemes "Auge" in sich vereint.
Und diese Hornhaut weist üblicherweise eine positive
sphärische Aberration auf, die jedoch eine gewisse interindividuelle Streuung hat. Während die juvenile Augenlinse typischerweise eine negative sph. Aberration hat, die diesen Effekt kompensiert, steigt der Wert mit dem Älterwerden, was zu einer Zunahme der Aberrationen höherer Ordnung und somit konsekutiv zu einer Abnahme der optischen Abbildungsqualität des Gesamtsystemes aus Hornhaut und kristalliner, also eigener Linse, führt.
Wird diese nun kataraktbedingt trüb, entfernt und durch eine Kunstlinse ersetzt, kommt es darauf an, wie im gegebenen Fall die sphärische Aberration der individuellen Hornhaut ist.
Denn ist diese eher gering, dann ist es sinnvoll, eine IOL mit möglichst geringer eigener sphärischer Aberration zu verwenden, um die Aberrationen höherer Ordnung des Gesamtauges im Interesse einer optimalen Abbildung möglichst gering zu halten. Eine solche IOL mit einer sph. Aberration von z. B. 0 oder nahezu 0 Mikrometern bezeichnet man als aberrationsneutrale IOL.
Weist die vorliegende Hornhaut aber eine nennenswerte positive sph. Aberration auf, so erscheint es sinnvoll, zu einer IOL zu greifen, die von sich aus konstruktiv und bewusst eine negative sphärische Aberration mitbringt, um die Gesamtaberration der brechenden Medien auf einen möglichst niedrigen, d. h. möglichst annähernd neutralen Wert zu senken.
Eine solche IOL bezeichnet man als aberrationkorrigierende IOL und es gibt von unterschiedlichen Herstellern Modelle mit unterschiedlichen Aberrationskorrekturbeträgen zwischen etwa -0,1 bis etwa -0,3 Mikrometer.
Hier die individuell gegebenen Verhältnisse messtechnisch sauber festzustellen und anschließend die richtigen Schlüsse aus den Erkenntnissen zu ziehen, ist Aufgabe einer guten präoperativen Vorbereitung.
Ich hänge meinem Text zwei Arbeiten, eine kurz-prägnante, aber zumindest halbwegs aktuelle Übersicht von Liekfeld und eine annähernd altsteinzeitliche, die Hintergründe aber gut ausleuchtende von Kohnen et al. (ist von 2008) an, die das Nachvollziehen des Gesagten dem Interessierten erleichtern sollten.
Nun bleibt am Ende - last, but not least - noch der
Astigmatismus, den wir praktisch alle haben.
Was ist ein Astigmatismus? Ein Brechungsfehler, der dadurch ausgelöst wird, dass (meist) die optisch (nicht anatomisch!) als Linse wirkende Hornhaut in unterschiedlichen Raumrichtungen unterschiedlich stark gekrümmt ist.
Umgangssprachlich könnte man sagen: das Ding hat`n seitlichen "Dätsch" und "eiert" (korrekt müsste man von einem regelmäßigen Astigmatismus von einem Ellipsoid sprechen, denn einer in der Form eines handelsüblichen Eies wäre bereits schon wieder die Sonderform eines unregelmäßigen Astigmatismus).
Quelle: siehe Bild
Daraus ergibt sich, dass ein Punkt nicht punktförmig, sondern strichförmig abgebildet wird (griech.: a- = nicht, stigma = Punkt).
Solange der "Dätsch" schön regelmäßig ist, kann man ihn mit praktisch einer den gleichen Abbildungsfehler herbeiführenden, aber achsial um 90° gedrehten zweiten Linse ausgleichen und damit die punktförmige Abbildung eines punktförmigen Signales erreichen.
Genau das macht man mit sehr sehr vielen Brillengläsern.
Mit IOL macht man das noch nicht so lange, es funktioniert aber genauso.
Allerdings ist die erforderliche Vernessungsgenauigkeit durchaus herausfordernd und die notwendige, nicht nur hinsichtlich des Astigmatismusbetrages, sondern auch in Bezug auf die Einhaltung der exakten Achslage hohe Präzisionsanforderungen stellende IOL Implantation durchaus eher etwas für den bereits Geübten.
Wer ohnehin kein Problem damit hat und vollständig daran gewöhnt ist, eine Brille zu tragen, kann seinen Asti auch postop. mittels Brille korrigieren und wird keinen dadurch ausgelösten Leidensdruck verspüren.
Wer nichts dagegen hätte, zumindest in der angestrebten Entfernung minimaler Restrefraktionsabweichung dann auch tatsächlich mal die Brille abnehmen zu können, der sollte im Falle der Existenz eines nennenswerten Astigmatismus dann durchaus mal über das Investieren in eine torische, also nicht drehrunde, astigmatismuskorrigierende monofokale IOL nachdenken.
Meine eigene untere Grenze ist dabei ein Asti von 1 D. Ausdrücklich empfehlen tu ich`s ab 2 D und oberhalb von 3 D erwische ich mich regelmäßig dabei, es geradezu zu bedauern, wenn Patienten sich trotz des Vorliegens eines so hohen und von der Form und Ausprägung her potentiell gut kompensierbaren regelmäßigen Asti - z. B. aus Kostengründen - gegen eine torische IOL entscheiden. Aber: jedem Tierchen sein Plaisierchen!
Grundsätzlich kann man als GKV-Patient seine Linsenwahl ohne Weiteres "upgraden" und den Kostengrundstock von der Gesetzl. Kasse übernehmen lassen, während man die das elende WANZ-Trauerspiel übersteigenden Kosten selbst übernimmt. Zu beachten ist dabei jedoch, dass moderne IOL häufig eine ganze Menge Diagnostik erfordern, die bei der Wahl einer "Tin-Lizzy"-Linse nicht erforderlich ist. Es kommt also regelmäßig deutlich mehr zusammen, was man selbst tragen muss, als lediglich der reine Linsenaufpreis. Der seitens des Augenarztes zu betreibende Aufwand ist aber auch um ein Vielfaches höher!
Wer sich 2024 in Deutschland kataraktoperieren lässt, der kann dies in aller Ruhe und mit einem guten Gefühl tun.
Wir haben flächendeckend ausgezeichnete Operateure, die einen exzellenten Behandlungsstandard sicherstellen und hervorragende Ergebnisse erzielen.
Wichtig ist, dass man sich als Patient über seine eigenen Ansprüche und Erwartungen klar wird und diese auch auszuformulieren in der Lage ist. Bisweilen sind die Vorstellungen von dem, was moderne Medizin zu leisten in der Lage ist, völlig grotesk übersteigert ("...wieder so, wie ich zur Konfirmation gucken konnte..."), manchmal aber auch hinter den tatsächlichen Möglichkeiten zurückbleibend.
Jeder gute Operateur, den ich kenne, handelt nach dem Grundsatz "Better underpromise and overperform, than overpromise an underperform!"
JEDE Frage, die man sich selbst gestellt und durch Bemühen der Erinnerungen an den lange zurückliegenden Mittelstufenphysikunterricht in Verbindung mit seriösen Quellen im Netz nicht zu beantworten in der Lage war, kann und sollte man mit seinem Operateur, bzw. dem aufklärenden Kollegen erörtern, wobei man aber bedenken sollte, dass man, wenn man für sich den Anspruch formuliert, wirklich alles verstanden haben zu wollen, zu einem raschen Diplomstudium in Physik und in Medizin zumindest zum Absolvieren des vorklinischen Physiologie- und Anatomiescheines und des Physikums bereit sein sollte.
Denn wie in allen Wissensbereichen ist es auch hier so, dass die mit fortschreitendem Wissenserwerb mit der größten Sicherheit sich einstellende Erkenntnis diejenige ist, wieviel vom großen Ganzen man noch nicht verstanden hat.
Viel Erfolg bei der anstehenden OP und
ALLZEIT GUTES SEHEN!
M.