Hallo,
bin zwar nicht Jagdhuendin,werde Dir aber gerne mal meine Eindrücke vom Seminar schildern,an dem ich teilgenommen habe.........
Ein Wochenende mit Fichtlmeier.........
Angeregt durch sein Video "Der Weg des Vertrauens" sowie die positiven Artikel zur Hundeausbildung in der "Wild und Hund" wollte ich den Hundeflüsterer und den "von der Regierung von Oberbayern öffentlich bestellten und beeidigten Sachverständigen für das Verhalten von Hunden" Anton Fichtlmeier auch gerne mal in Natura kennenlernen und buchte sein Seminar "Suchen und Apportieren" -sinnvolle Beschäftigungen für jagdlich motivierte Hunde.
Beiträge wie "Wenn der Hund aus Freude eine Aufgabe lösen soll, ist eine gute Bindung zum Hundeführer die Voraussetzung. Er muss ihm vertrauen und ihn verstehen können. Das muss erarbeitet werden und lässt sich nicht dressieren. Ein gegenseitiges Verstehen und Füreinander-da-Sein ist viel beglückender als ein "nur" perfekt arbeitender Hund. Partnerschaft ist ein dynamischer, langsam wachsender Vorgang. So entsteht eine Freundschaft durch gegenseitiges Vertrauen." (Wild und Hund;Parey-Verlag) sowie sein freundlicher, beherrschter Umgang mit seiner Weimaranerin Emma im Video liessen mich einen Ausbilder erwarten, der die Gratwanderung zwischen Weichei einerseits und Hardcore andererseits gemeistert hatte und in der Lage ist, mit freundlicher Souveränität Hunde und vor allem deren Besitzer auszubilden.
Und erwachte jäh aus diesem Traum.
Der Seminarinhalt
Angekündigt waren folgende Themen:
Die Sinne des Hundes: Nase, Auge, Ohren als Steuerzentrale des Hundes / Suchverhalten: Möglichkeiten Dinge aufzuspüren / Stabile und instabile Geruchsstoffe und deren beeinflussende Faktoren / Fördern von Suchverhalten / Apportieren mehr als ein Freizeitsport für Hunde / Rangordnungsprobleme und Apportierspiele / Möglichkeiten der Korrektur / Praktische Arbeit und Auswertung der dabei angefertigten Videoaufzeichnungen.......was sich interessant und nach einer soliden Grundlage für die eigentliche praktische Arbeit anhört.
Leider erfolgte die Präsentation der theoretischen Themen für meinen Geschmack nicht sonderlich systematisch und der rote Faden (apportieren & suchen) ging häufig verloren, da sich der Referent verzettelte und mit anderen Hundeproblemen beschäftigte. Fragen.die er zwar provoziert hatte, aber nicht beantworten wollte (oder konnte?) wurden in gewohnt „witziger“ Manier ins Lächerliche gezogen und er blieb meiner Ansicht nach die Antwort letztlich schuldig.
Auch ein schriftliches Exposé, das man angesichts des Seminarpreises und seines Rufes als Experte hätte erwarten dürfen, fehlte völlig.
Beim praktischen Arbeiten stand die Korrektur der Hundeführer im Vordergrund, insbesondere der körperliche Ausdruck, was ja ein lobenswerter Ansatz ist. Leider enttäuschte mich auch hier die Ausführung: Statt dem Hundeführer systematische Anweisungen zu geben und den Kernpunkt deutlich zu formulieren (zB „Drehen Sie sich vom Hund weg“), wurde der Hundeführer mit einer Flut Kommandos überschüttet („Jetzt rechts, jetzt links, wieder links“) ,die in der Hektik nicht umzusetzen waren oder der Hundeführer wurde zur Nachahmung komplexer Bewegungsabläufe aufgefordert ohne dass ihm diese vorher erläutert wurden. Das Ergebnis sah auch dementsprechend aus, bot aber Herrn Fichtlmeier wieder Gelegenheit , das Können der Hundeführer in gewohnt „konstruktiver“ Weise zu kommentieren. Interessant war für mich in diesem Zusammenhang, dass auch langjährige bekennende Fichtlmeier-Kunden, die mit sogenannten „Fichtlmeierhunden“ gesegnet sind, im Grossen und Ganzen scheinbar kaum in der Lage waren, das Geforderte umzusetzen. Sollte es hier didaktische Schwächen geben?
Durch die hohe Teilnehmerzahl von mehr als 20 ergab sich viel zu wenig Möglichkeit zum echten praktischen Arbeiten mit dem eigenen Hund .
Eine wirkliche Systematik für den stufenweisen praktischen Aufbau des Apportierens und die weitere Arbeit zu Hause wurde offenbarte sich mir während meiner Anwesenheit jedenfalls leider nicht .
Positives? Natürlich........
„Die Sprache der Hunde ist eine Zeichen-Sprache und eine Bewegungskoordinations-Sprache. Es werden Gesten verpackt in ritualisierte Bewegungsabläufe.
Da der Hund die menschliche Sprache nie wirklich verstehen kann, können wir auf dieser Ebene keine Übereinkunft finden.
Für uns stellt sich der Hund wie ein Buch voller Weisheiten und Geheimnisse dar, das in einer fremden Sprache verfasst ist. Wir können noch so fest auf dessen Einband schlagen, die einzige Chance ihm sein Geheimnis zu entlocken ist die Sprache in dem es geschrieben ist, lesen zu lernen.
Mühen Sie sich nicht Ihren Hund zu dressieren, sondern lernen Sie ihn zu lesen. Lernen Sie seine Gefühle zu deuten.“ [ Anton Fichtlmeier]
Die zugrundeliegende Idee, mit dem Hund entsprechend seinem Naturell und seinen Möglichkeiten zusammenzuarbeiten und nicht diesen zu Etwas abzurichten ist verführerisch und sehr ansprechend und wurde gelegentlich auch sichtbar- leider machten diese raren Momente für mich das Fehlen an Information und den inakzeptablen Umgang mit Menschen nicht wett.
Wer seinem Hund systematisch das Apportieren oder Dummytraining beibringen möchte, profitiert von einem Ausbilder aus dem Retrieverbereich wie zB Jörg Brach oder Lynn Hesel mit Sicherheit mehr als von diesem Seminar, zumal diese Gruppengrösse auf praktische Arbeit abstimmen. Und was den ganzen Suchenbereich angeht, fand ich ,dass die Theorie mal gerade für totale Anfänger reicht - und die wären im jagdlichen Bereich mit einem guten Schweisshundeführerlehrgang und einem Buchklassiker wie dem Borngräber im Rücken vermutlich erheblich besser bedient. Für den Nichtjäger ist ein Seminar zb mit Ann Lill Kvam oder die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Mantrailer wahrscheinlich informativer und lohnender.
Wem es weder ums Apportieren noch ums Suchen geht, sondern wer nach der Basis oder neuen Impulsen einer Zusammenarbeit mit seinem Hund sucht, kann sich ähnliche Impulse auch bei anderen Ausbildern oder Büchern wie zB „Bones would rain from the sky“ von Suzanne Clothier holen, denn die Methode Fichtlmeiers ist in meinen Augen keinesfalls so exklusiv wie er gerne glauben machen möchte.
Mein persönliches Fazit: nicht empfehlenswert
Lilly
[ 29. Juli 2004: Beitrag editiert von: Lilly ]