Der Beistandsbock ein Jagderlebnis ohne Abschuss
Diesen Monat heißt es im elterlichen Betrieb zu arbeiten, was natürlich gleichzeitig Heimatbesuch bedeutet und dadurch neben der Arbeit immer auch Zeit bleibt um zu jagen. So kam es, dass ich die letzten beiden Tage intensiv genutzt habe und oft im Revier war. Es ging auf Böcke und Füchse, Schwarzwild ist in meinem Revierteil nur Wechselwild. In diesem Revier habe ich einen Jagderlaubnisschein und darf nur einen bestimmten Teil des Reviers nutzen. Der 3-Jahres-Abschussplan war bei den Mehrjährigen Böcken schon erfüllt, sodass ich mich den Jährlingen widmen konnte. Leider hatte ich das mangels Zeit im Mai nicht geschafft:no:. Aber sei´s drum, man findet bestimmt auch im Juli einen Jährling...... Aber nicht in meinem Revierteil. Und so sah ich die nächste Zeit nur mehrjährige, starke und alte Böcke, die alle interessant waren und es juckte schon in den Fingern.
Vorgestern war es dann wieder soweit. Ich sah einen im Wildbret sehr starken Rehbock mit entsprechendem Gehörn. Ich genoss den Anblick, baumte dann aber ab und fuhr noch in einen anderen Revierteil. Auf einer Wiese stand ein Stück Rehwild, vom Körperbau konnte ich es sofort als Bock ansprechen, konnte aber kein Gehörn sehen, der könnte passen. Für ein genaues Ansprechen war es aber schon zu dunkel und so zog ich mich zurück im Hinterkopf schon den nächsten Abendansitz planend. Gestern war es dann soweit, Sachen gepackt und Hund verladen und ab ins Revier. Gegen 19:30 saß ich dann mit meiner Hündin auf dem engen Erdsitz und harrte der Dinge die da kommen mochten. Eine halbe Stunde verging und ich genoss noch die Sonne, als plötzlich wie hingezaubert ein Stück Rehwild auf der Wiese stand. Noch konnte ich das Haupt nicht sehen, aber es sah verdächtig nach Bock aus. Als es dann endlich sicherte war klar, dass es sich um einen Jährlingsgabler handelte, der da ca. 70m vor mir äste.
Jährlingsgabler? Die Pächter sagten zwar, dass wir auch Gabler schießen können, aber meine Vorstellung von Abschussbock war das nicht. Auch wenn ich es besser weiß und auch aus einem Knopfbock ein guter Bock werden kann, wenn das Habitat und andere Umstände stimmen, so wie ein Jährlingssechser im nächsten Jahr eine Krücke sein kann. Es hat sich trotzdem so fest eingebrannt bei mir und ein Jährling mit beidseitiger Gabel hätte mir keine Freude bereitet. Trotzdem meldete sich der Jagdinstinkt. Was tun? Zu dem Bock stand jetzt eine Ricke mit Kitz auf, ein schöner Anblick wie es über die Wiese tollte und immer wieder von der Mutter zurück gepfiffen wurde. Ich rief einen der Pächter an, meinen Ansprechpartner in diesem Revier;-), ich schilderte kurz und knapp die Situation ohne den Bock aus den Augen zu lassen und hoffte auf Beistand. "Wenn es ein Gabler ist, dann schieß." "Ok."
Der Bock war nun so in die Wiese gezogen, dass es mir unmöglich war Ihn zu erlegen. Der Erdsitz war eng und er stand so, dass ich weder vorne heraus schießen konnte noch mich aus dem Fenster hätte lehnen können, blöd wenn man fast 2m misst. Ich sprach den Bock weiter übers Fernglas an und in mir kamen immer wieder Zweifel, soll ich soll ich nicht, der Pächter hat ihn frei gegeben. Irgendwas musste ich tun.... Und so rief ich meinen Onkel an, meinen jagdlichen Lehrmeister, der der mir alles beigebracht hat. Wieder schilderte ich die Situation und wieder erhoffte ich mir jagdlichen Beistand. "Schieß, ich will nachher Meldung hören", war der kurze und knappe Kommentar. Was nun? Auch wenn man mittlerweile mit 2 Leuten gesprochen hat ist man doch alleine für seine Entscheidung verantwortlich und muss selber sein Handeln beurteilen. Der Bock stand immer noch schlecht, aber ich hatte das Fernglas gegen die .270 getauscht. Durchs Zielfernrohr sah der Bock immer noch nicht anders aus, die Gabel war noch nicht abgefallen, leider:biggrin:.
Die Ricke entfernte sich äsend vom Bock und nahm ihr Kitz mit, der Bock tat sich nieder... Noch mehr Zeit zum Nachdenken. Es zeigte sich noch ein weiterer stärkerer Bock auf der Wiese und es kamen Gedanken hinzu, dass der Jährling wohl nicht mehr lange hier seinen Einstand haben wird, wenn ihn der Chef verprügelt. Nach einer Stunde erhob sich der Bock wieder und zog langsam auf mich zu. Die Waffe im Anschlag, sprach ich dem Bock zum gefühlt 100mal an. Ja es war wirklich nur ein Gabler, aber eben nicht "mein" Bock. Irgendwann kam der Gedanke, wenn du dich jetzt so quälst mit der Entscheidung wird dir der Bock keinen Spaß machen weder in deinem Schussbuch, noch an der Wand oder auf dem Teller. Die Waffe kam wieder in die Ecke und blieb auch da bis zum Abbaumen.
Natürlich weiß ich es besser und hätte diesen Bock auch schlicht erlegen können, ich bin auch jemand der sich nichts aus Trophäen macht, jedoch habe ich auch Freude an guten oder interessanten Stücken. Ich bin auch der Meinung jeder sollte den Bock schießen, der Ihm Spaß macht vielleicht hat ja jemand anders Spaß oder es ist der erste Bock für einen Jungjäger. Ich freue mich dann neidlos für die Anderen. Vielleicht sieht meine Meinung Ende des Monats auch anders aus und ich versuche den Bock zu erlegen. Mir hätte der Bock gestern Abend keine Freude bereitet und ich hab mich entschlossen ihn nicht zu erlegen, trotz des Beistandes von mehreren Personen. Mein Onkel meinte heute Morgen beim Telefonat, dass ich es richtig gemacht hätte:trophy:. Kleine aufmunternde Geschichte in einem Monat in dem angeblich keine Böcke zusehen sind;-)