Denkwürdige Beobachtung!

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Ich will eine Beobachtung mit Euch teilen, die ich am 1.5. bzw. am 2.5. gemacht habe. Ich muss zugeben, dass sie mir zu denken gegeben hat, obwohl ich aus Überzeugung und aus Leidenschaft Jäger bin. Vielleicht hat der ein- oder andere schonmal Ähnliches erlebt und ebenfalls darüber nachgedacht...?

Also, ich saß am 1. Mai, wie wohl die meisten von uns, auf nen Bock an. Ich hatte mir vorher schon einige Knopfer rausgesucht und der erste kam auch wie auf Bestellung. Zuerst trat die dickgehende Gais aus und wenige Meter hinter ihr der Jährlingsknopfer. Er hatte lediglich einen Haarbüschel zwischen den Lauschern und vom Körperbau her gab es keinen Zweifel, das war der richtigste Bock, den man sich denken kann (aufgebrochen brachte er es gerade einmal auf 10kg!).
Ich nahm das Gewehr und musste etwa 3 Minuten warten, bis der Knöpfer breit stand. Bis dahin hatte ich die Gais und ihr letztjähriges Kitz durchs Zielfernrohr beobachtet. Als der Schuss brach, machte die Gais einen Satz zur Seite und sicherte in die Richtung, in der eine Sekunde vorher noch der Knopfer stand. Diesen hatte es im Schuss von den Läufen gerissen und einfach umgeworfen. Und jetzt kommt eigentlich das, was mich zum Nachdenken anregte:

Die Gais fing an zu schrecken! Minutenlang. Lief immer wieder um den längst verendeten Knopfbock herum, stand zwischendurch wie ein Deutscher Vorstehhund und äugte wie wild umher. Nach ewig erscheinenden Minuten sprang sie in den Wald ab, um dort mit ihrem Rufen fortzufahren.
15 Minuten nach meinem Schuss, baumte ich ab und noch während ich das Böcklein in meinem Rucksack verstaute, hörte ich die Gais immernoch.

Wäre es dabei geblieben, könnte man wohl schneller darüber wegsehen. Man hat sauber gejagt, das richtige Stück mit einem perfekten Schuss zur Strecke begracht. Man sagt sich, das ist der Lauf der Dinge. Natur eben. Das Muttertier merkt freilich, dass das sie begleitende Jungtier nicht mehr da ist. Aber daran gewöhnt sie sich schon, zumal sie spätestens in der Setzzeit ihren "Sohn" ohnehin vertrieben hätte. Aber die Story geht noch weiter.

Da in der Ecke mindestens zwei weitere Knopfer bestätigt waren, saß ich am Abend des 2.Mai erneut auf der gleichen Leiter. Zur gleichen Zeit, zu der am Vortag die Gais ausgetreten war, vernahm ich im Wald hinter mir ein Schrecken. Mein erster Gedanke war, dass das Rehwild von mir Wind bekommen haben musste. Aber das SChrecken kam näher. Schließlich konnte ich noch im Wald, nahe des Randes, ein Reh ausmachen, das schreckenderweise umherzog. Es kam dabei auch auf mich zu und so war ich mir sicher, dass es mich nicht bemerkt haben konnte. Als es aus dem Wald austrat, erkannte ich die dickgehende Gais vom Vortag. Ich musste erneut mitanhören, dass sie nach ihrem letztjährigen Kitz suchte. Sie suchte regelrecht die Wiese ab, lief kreuz und quer umher, ohne dabei zu äsen und entfernte sich schließlich schreckenderweise von der Waldwiese, an der sie am Vortag ihren Knopfer verloren hatte.

Und das, muss ich zugeben, ließ mich nicht ganz kalt. Dass eine Gais über 24 Stunden später immernoch nach ihrem Bockkitz sucht, hatte ich vorher noch nicht gehört. Wenn es jetzt Oktober wäre, würde ich mir das vielleicht auch noch eingehen lassen, aber im Mai?

So, nun die Frage ans Forum:

Wer hat Ähnliches schon erlebt?
Wer hat darüber seinerseits schonmal siniert und zu welchem Schluss ist er gekommen?

Bevor jetzt wieder die Schlaumeier kommen, die sagen, Mensch Junge, du bist Jäger und tötest nunmal, wenn Du damit nicht klarkommst, dann lass es.
Denen sei gesagt, ich werde sicher nicht mit dem Jagen aufhören. Wer mich kennt, weiß, dass ich mit Leidenschaft dabei bin und immer sein werde.
Aber ein paar Gedanken werden doch wohl erlaubt sein, oder wie seht Ihr das??


Mit Waidmannsheil,

Kornweihe
 
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Hi,
wirklich ein schauriges Erlebnis.
Ich hab ähnliches schon in Form dahingehend erlebt dass Stücke "Totenwache" hielten..oder aber versuchten den am Boden liegenden durch anstupsen zum aufstehen zu animieren.

Wer glaubt Tiere fühlen nicht....der hat selbst kein Gefühl.

Als NSF kommt man öfters sehr berührungsnah mit dem Tod, Angst, Elend und Schmerz in Berührung.

Mehr als einmal hatte ich feuchte Augen ein schlechtes Gefühl oder Wut im Bauch...
.....hab ich das nichtmehr..höre ich mit dem jagen auf!

Ps:
Die Gedanken die Du Dir machst..ehren Dich!
 
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Prima,

die Zeilen von Schweissspur haben nach meiner Meinung den Nagel auf den Kopf getroffen.

Dierk
 
G

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Guest
Ich kann Schweißspur auch nur beipflichten. Solche Ereignisse sorgen immer wieder für eine gewisse Erdung.
 
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Hallo,

beim Rotwild hab ich ähnliches schon zweimal erlebt.

Suche des Alttiers nach dem Kalb auch noch am Folgetag - war allerdings jeweils November u. Dezember.

Kalt lässt das sicherlich kaum einen.

Frag mich nur ob wir da nicht zu viel vermenschlichen und Tieren da Emotionen unterstellen wo keine sind.

Zumindest in den Zeiten wo Kitz bzw. Kalb noch nicht alleine zurecht kommen, sicher eine vernünftiger, weil arterhaltender Instinkt aber ob es dann 8 Monate später- das Tier die Gais nun wirklich diesen Verlust spürt- Ich weiß es nicht.

Nachdenklich.

Gruss R.
 
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Wirklich sehr bewegend, was du schilderst.
Ich selbst habe sowas noch nicht erlebt, aber
im Buch "Blattschüsse" von Carsten Feddersen (rosenheimer-verlag)
schildert der Autor eine ähnliche Situation.
Er erlegt dabei ein Kitz und die Geiß schreckt danach auch
noch über längere Zeit und kehrt nach kurzer Flucht zum
erlegten Stück zurück.
 
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@Schweissspur hat in Allem Recht.Solche Situationen bewegen den waidgerechten Jäger zutiefst. Solche Situationen bei Reh und Tier hab ich auch schon erlebt,allerdings noch nicht über einen Tag . Sogar kam schon mehrfach die Bache oder der ÜL-Kamerad nach dem Schuß zurück zum Platz des toden Kameraden.
 
M

marder14

Guest
Ich hab so etwas einmal im Dezember als Jungjäger erlebt. Ich saß auf einer Schlafkanzel zeitig auf Sauen an als Gais und Kitz kamen. Das Kitz habe ich erlegt, nach angemessener Wartezeit versorgt und mich dann wieder angesetzt. Die Gais zog die ganze Nacht um die Kanzel, dabei kam sie öfter in meinen Wind und fing immer wieder an zu schrecken. Ich habe das noch gut im Gedächtnis und versuche in der Jagdzeit auf weibl. Wild und Kitze deshalb wenn möglich Kitz(e) und Gais auf einmal zu erlegen. Damals gelang es mir am nächsten Morgen leider nicht. Ich denke aber oft daran, wenn es mir nicht gelingt, die ganze "Familie" auf einmal zu erlegen.
 
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Interessante Beobachtung.
Hab ich in der Art noch nicht gehabt.
Dass die Geis nach einem Tag nach Ihrem Kitz sucht kenn ich.
 
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Schweissspur schrieb:
Die Gedanken die Du Dir machst..ehren Dich!

+1*

Natürlich ist man berührt, wenn Wild durch die eigene Einwirkung leidet. Egal ob durch einen schlechten Schuss oder wie scheinbar in diesem Fall.

Bei Wild habe ich etwas wie von Kornweihe geschildert noch nicht erlebt. Bei unseren Hunden habe ich mich gewundert dass sie scheinbar in keiner Weise reagieren, wenn auf einmal einer fehlt.

Gruß

Michael
 
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migo schrieb:
Schweissspur schrieb:
Die Gedanken die Du Dir machst..ehren Dich!

+1*

Natürlich ist man berührt, wenn Wild durch die eigene Einwirkung leidet. Egal ob durch einen schlechten Schuss oder wie scheinbar in diesem Fall.

Bei Wild habe ich etwas wie von Kornweihe geschildert noch nicht erlebt. Bei unseren Hunden habe ich mich gewundert dass sie scheinbar in keiner Weise reagieren, wenn auf einmal einer fehlt.

Gruß

Michael

Das mit den Hunden kenn ich aber auch ganz anders.
Hier ist mal ein Polizeihundeführer gestorben und hat einen Hund hinterlassen. Den konnte man danach eine ganz lange Zeit erst mal vergessen.
Der Arme war vollkommen verstört, durch den Wind, betrübt ....
 
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Kornweihe schrieb:
Und das, muss ich zugeben, ließ mich nicht ganz kalt. Dass eine Gais über 24 Stunden später immernoch nach ihrem Bockkitz sucht, hatte ich vorher noch nicht gehört.
.......
Aber ein paar Gedanken werden doch wohl erlaubt sein, oder wie seht Ihr das??

Deine Gedanken sind absolut richtig. Natürlich vermißt die Mama Ihren Nachwuchs, die werden stundenlang gesucht, 24 Stunden sind mir neu. Die meisten Geißen suchen still, manche schrecken dabei.
Ich erlege weibliches Rehwild gerne als Familie, zu zweit oder zu dritt, in lichtem Altholzbestand klappt das ganz gut ... bei der Kitzsuche. Der größte Vorteil ist: es trauert niemand um ein Familienmitglied und sucht noch ......

Waidmannsheil, Fleischjäger
 
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der_mit_der_Bracke_jagt schrieb:
also dass eine gais wenn sie ein kitz sucht schreckt ist mir neu. fiepen ja, aber schrecken????
War bei meinem ersten Kitz auch so. Die Ricke hat erstmal 5min. lang geschreckt, bevor sie mit ihrem zweiten Kitz das Weite gesucht hat.
 

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