Ich bin die meiste Zeit stiller Mitleser, möchte aber jetzt auch mal wieder etwas zum Besten geben, da ich so etwas noch nicht erlebt habe und ich es mehr als interessant fand.
Am Montag morgen wollte ich noch kurz vor der Arbeit auf den Ansitz um mit dem Abschuss des weiblichen Rehwildes etwas weiter zu kommen. Das Revier ist ein reines Waldrevier, überwiegend Kiefer mit viel Traubenkirschen und einigen Freiflächen, in der Regel Magerwiesen oder Heideflächen. Mein Ziel war eine geschlossene Kanzel, rückseitig zu einer großen Magerwiese, nach vorne raus ein älterer lockerer Kiefernbestand mit Wacholder, eine kleine Magerwiese, auf der sich auch eine Kirrung befindet, dahinter Kiefernstangenhölzer. Hier wusste ich, geht noch ein Schmalreh und auch ein Jährlingsbock, beide würden uns beim Rehwild weiterhelfen. Schon zeitig bei völliger Dunkelheit sass ich nun auf dem Hochsitz. Das Rehwild hatte ich bereits zweimal vor, nutzte aber nicht die Gelegenheiten. Ich rechnete aber gegen viertel vor acht mit den Stücken, das war ihre Zeit. Zu dieser Zeit kam dann auch der Jährlingsbock von der rechten Seite aus dem Wacholderhain herangezogen. Das Licht war mittlerweile mehr als gut. Also Büchse hoch und schauen. Entgegen der letzten beiden Male ging er jetzt nicht zügig über die kleine Wiese und verschwand dahinter im bestand, sondern äste seelenruhig direkt vor der Kanzel. Leider hatte ich ihn aber immer nur von hinten oder schräg von hinten, nicht breit im Anblick. Das ganze Schauspiel dauerte keine fünf Minuten und er zog in das Kiefernstangenholz und ward nicht mehr gesehen. Also weitersitzen und hoffen, dass vielleicht doch noch das Schmalreh kommt oder der Bock zurückkommt. Die Zeit verstrich und ich haderte mit mir selber, ob ich abbreche oder noch weiter ansitze. Gleitzeit ist eine schöne Sache. Fünf Minuten gehen, fünf Minuten gehen noch.
Gegen 08.30 wollte ich dann endgültig runter, hörte aber hinter mir Sträucher rascheln. Das rückseitige Kanzelfenster hatte ich gar nicht geöffnet, da sich meine Jagd auf der anderen Seite abspielen sollte! Also aus den seitlichen Fenster rausgelugt, steht dort auf der anderen Seite der Wiese ein Damhirsch und bearbeitet am Waldrand die Traubenkirschen. Ganz vorsichtig habe ich das Fenster geöffnet und mir den Hirsch genauer angeguckt. Da die Brunft ja schon ingange ist, war Hirsch nicht unbedingt di oberste Prämisse. Durch das Fernglas konnte ich erkennen, dass es sich um einen relativ jungen Hirsch vom 3. oder 4. Kopf mit einer Krebsschere in der einen Schaufel handelte. Bei uns der perfekte 2B-Hirsch. Kurz überlegt, die Waffe genommen und als der Hirsch vernünftig breit und ruhig stand, die Kugel auf ca. 65 m fliegen lassen (Kaliber 7x57, Lutz-Möller, bleifrei). Der Hirsch zeichnete mit einem steilen Sprung und einer tiefen Flucht, direkt auf die Kanzel zu und ging 10 m neben der Kanzel zu Boden. Deutlich war der Einschuß auf dem Blatt zu erkennen, Schweiß trat aus. Ich hatte zwar direkt durchrepetiert, da der Hirsch aber gut zeichnete und direkt neben der Kanzel zu Boden ging, habe ich gezögert nachzuschießen. Der Schuß saß ja direkt auf dem Blatt.
Kaum gelegen, machte er sich aber wieder hoch, sprang weiter ab mit den fürs Damwild typischen Bocksprüngen und verschwand in den Traubenkirschen vor dem Stangenholz. Was nun? Ich beschloß, mindestens noch eine Viertelstunde zu warten, dann hinterher und das Stück suchen. Ich bin dann nach der verstrichenen Zeit zum Anschuß gegangen. Dieser war leicht zu finden, deutlich Lungenfetzen auf den Traubenkirschenblättern und reichlich Schweiß. Dann der Fluchtfährte folgend direkt zur Kanzel, wo das erste Wundbett ist. Auch hier deutlich Schweiß. Nun weiter in Richtung Stangenholz. Gott sei Dank, ich weiß nicht, ob es eine Vorahnung war, bin ich seitlich der Fluchtfährte gegangen und habe die Traubenkirschen umschlagen mit dem Gedanken, der Hirsch liegt ja gleich da und ist bestimmt leicht zu finden. So war es auch, direkt hinter den Traubenkirschen am Stangenholz ist der Hirsch wieder runtergegangen. Ich war etwa 10 m weg, in dem Glauben der Hirsch ist verendet, da springt dieser auf, flüchtet über die kleine magerweise und biegt dort rechts ab in eine Rückegasse. Scheiße! was war das? Innerlich total aufgerührt, beschloss ich für mich, dem Hirsch noch mindestens eine Stunde Zeit zu geben. Also erst in den Betrieb, im Wald Ruhe einkehren lassen und dann nochmal von vorne. Nach etwas mehr als einer Stunde bin ich dann mit einem Mitarbeiter nochmals zum Anschuß, erstes Wundbett, zweites Wundbett, dann der Fluchtfährte so wie ich den Hirsch laufen gesehen habe, gefolgt. Immer wieder Schweiß. Der Hirsch ist nach dem Rechts abbiegen in die Rückegasse wieder nach etwa 10 m links in den Kiefernbestand gewechselt. Hier ein etwa 70 jähriger Kiefernbestand mit reichlich Traubenkirsche und Birke im Unterstand. Man kommt da kaum durch. Der Schweiß verlor isch relativ schnell. Wir machten einige Quersuchen, aber es war nichts zu finden. Den kompletten Bestand bin ich dann noch einmal umschlagen, um vielleicht noch irgendwo einen Schweißtropfen auf nem Wechsel zu sehen. Nichts! Wieder die große Frage? Was nun? Den eigenen Hund holen? Mangels Erfahrung in der Nachsuche und dem betagten Alter, mittlerweile im Neunten Feld, verwarf ich diesen Gedanken. Also versucht unseren Nachsuchenführer zu kriegen. Wie immer, wenn man jemanden dringend braucht, geht der nicht ans Telefon und reagier auch nicht auf Whatsapp. Die zeit verstrich. Also eine Nachsuchenführerin aus der benachbarten Jägerschaft angerufen, die sofort zusagte zu kommen, aber erst um 12.00 Uhr. Dann meldete sich auch unser Nachsuchenführer, ich erklärte ihm die Situation und er sagte, er würde mit der Kollegin sprechen, ich würde von ihm hören. auch wenn wir alle drei von einer Totsuche ausgingen, verabredeten sich die beiden Hundeführer die Suche gemeinsam anzugehen. Der KLM der Führerin sollte suchen, der BGS unseres Nachsuchenführers hetzen, wenn es nötig würde. Wir verabredetn uns zu 12.30 Uhr. Beiden Hundeführern erklärte ich vor Ort die Situation noch einmal und beide bestätigten mir den Lungenschweiß am Anschuß. Dann ging die Suche los. Der Münsterländer arbeitete die Fährte genauso aus, wie ich es gesehen habe und den beiden Hundeführern vorher beschrieben habe. Erstes Wundbett, zweites Wundbett, Haken rechts Haken links und dann immer noch weiter durch die Traubenkirschen, immer wieder fanden wir auch Schweiß und Wundbetten und wussten, das wir richtig waren. Dann über den ersten Weg, dann über den zweiten Weg, aber der Hirsch war noch nicht zu finden. Nach knapp einem Kilometer Riemenarbeit kam der Hirsch in Anblick. Die Hundeführer tauschten sich aus und der BGS übernahm die Hetze, da der Hirsch vor uns hoch wurde. Es gelang ihm, den Hirsch sehr schnell zustellen, er war aber so dicht daran, dass der Hundeführer nicht schießen konnte. Die hetze ging weiter und wieder stellte der Hund den Hirsch. Dieses mal konnte der Hundeführer den erlösenden Fangschuß antragen. Beide Hunde wurden abgeliebelt und genossen gemacht. Wir standen noch einige Zeit am verendeten Hirsch und betrachteten die beiden Schüsse. Mein erster Schuß, das war natürlich nach dem Aufbrechen besser zu sehen, saß wirklich auf dem Blatt, hatte auch wohl Teile der Lunge zerlegt und die Kammer geöffnet, auch die Leber hatte Teile des Geschoßes abbekommen. Obwohl auch beim Eintreten des Geschoßes eine Rippe touchiert wurde, hat sich das Geschoß wohl nicht komplett zerlegt. Der Ausschuß war etwa 2 Euro-Stück groß. Das Herz war noch komplett intakt. Ich habe nur an diesem Tag wieder einmal viel dazugelernt und bin froh, dass ich sofort, ohne auf eigene Faust zu viel zu unternehmen, den Profi angerufen habe. Beide Hundeführer sagten mir, dass sie das so auch noch nicht gesehen haben und selbst jetzt am Stück von einem eigentlch tödlichen Schuß ausgegangen wären. Nichtsdestotrotz bin ich froh, dass der Hirsch zur Strecke gekommen ist und das mein Morgenansitz dann wohl doch etwas länger ausgefallen ist. Ich habe mir Urlaub eingetragen! ;-)